An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Weinorte an der Volkacher Mainschleife
23. Oktober 2011
Foto: Copyright D. Rosenbaum
Foto: Copyright D. Rosenbaum
Nirgendwo in seinem Lauf hat der Main eine solche Schleife gebildet wie in dem Bereich der Städtchen Volkach, Escherndorf, Nordheim und Sommerach. Die Mainschleife ist ein berühmtes Zentrum des Obst- und Spargelanbaues, aber vor allem eine der romantischsten, traditionellsten und zugleich modernsten Regionen im fränkischen Weinland. Überall gibt es Winzerhöfe, die zum Verkosten und Besichtigen einladen. Hier bringen die Muschelkalkböden und die tertiären Sande interessante Weine von mineralischer Würze und nachhaltiger Fruchtigkeit hervor.
Volkach ist geprägt von der Stadtmauer der Grafen von Castell und von den Bauten des Würzburger Hochstifts, das barocke Schelfenhaus ist Ausdruck des einstigen Weinhändlerwohlstands. Wenn auch die Volkacher Großlage Kirchberg durch Massenweinvermarkung in Verruf geraten ist, so glänzt heute vor allem die Lage Ratsherr mit Kraft, Frucht und mineralischer Struktur. Dass hier und anderswo an der Mainschleife hervorragende Weine ausgebaut werden können, beweisen alljährlich die Volkacher Weingüter Max Müller I und Zur Schwane.
Die berühmteste Lage der Mainschleife ist in Escherndorf zu finden: Der hoch über dem Main aufsteigende Lump. Hier wachsen voluminöse Silvaner, aber auch elegante Rieslinge. Der Lump war einst mit 0,616 ha so klein, dass er seinen Namen wahrscheinlich von einem kleinen Stoffstücken, also einem Lumpen abgeleitet hat. Heute ist er durch Eingemeindung anderer Lagen wie der legendären Eulengrube rund 37 ha groß und das Filetstück der fränkischen Steillagen. Die Brüder Horst und Rainer Sauer machen in Escherndorf in ihren eigenen Weingütern fränkische Spitzenweine.
Die seit ewigen Zeiten mit den Escherndorfern konkurrierenden Nordheimer, die größte Weinbaugemeinde Frankens, vermarkten den Wein ebenso wie die Sommeracher mit ihren Genossenschaften, die sich in den letzten Jahren architektonisch eindrucksvolle Weinrefugien in Form von Vinotheken gebaut haben.
Begleiten Sie uns zu den Wein-Spots an der Mainschleife, zum Weingut Max Müller I in Volkach und zu den Winzergenossenschaften in Nordheim und Sommerach.
Die Winzergenossenschaft Divino Nordheim
Fast alle der knapp tausend Nordheimer Einwohner auf ihrer beim Bau des Main-Donau-Kanals entstandenen "Weininsel" haben heute mit dem Wein zu tun. Hier muss man das große Traditionsweinfest am Himmelfahrtstag in der Kastanienallee miterlebt haben. Gefeiert werden die vielen Feste im Jahresrhythmus, dem auch die kulinarischen Höhepunkte Folge leisten: Im Frühjahr ist Nordheimer Spargelzeit, im Sommer dominieren die Spezialitäten der fränkischen Küche, im Herbst schmeicheln delikate Wildgerichte dem Gaumen und im Winter lässt es sich mit Fisch aus den heimischen Gewässern herrlich schlemmen.
Nordheim ist umgeben von einer Landschaft, die sich flussaufwärts des Mains an sanfte Hügel schmiegt und wo seit langem der Wein an den Hängen wächst. Der Muschelkalk liefert die Grundlage für den Anbau unverwechselbarer, gehaltvoller Weine.
In der Winzergenossenschaft Divino Nordheim eG, 1951 gegründet, sind heute 260 Mitglieder mit einer Rebfläche von rund 250 ha organisiert. Die Flächen sind bestockt mit rund 40% Müller-Thurgau, 21% Silvaner, 24% Riesling sowie Weißer und Grauer Burgunder und weitere Sorten, plus 15% Rotweinreben. Jährlich werden ca. 25.000 Hektoliter Wein erzeugt und vor allem in den für Frankenwein typischen Bocksbeutel-Flaschen abgefüllt. Der Jahresumsatz der Genossenschaft liegt bei rund 7 Mio. Euro.
Das Traditionsunternehmen verbindet die bewährten Methoden der traditionellen Weinbaukunst mit modernen An- und Ausbaumaßnahmen, ohne auf Handarbeit zu verzichten. Mit der deutlichen Begrenzung der Erntemenge erzeugt die Winzergenossenschaft anerkannt hohe Weinqualitäten. Die Weine werden bei nationalen und internationalen Wettbewerben ausgezeichnet.
Mit ihrem “Weinhaus” Divino wollen Winzer ihren Frankenwein moderner und lebendiger vermarkten. In einem modernen Ambiente aus Glas, Naturstein und edlen Hölzern kann man alle Weine verkosten. In dieser Umgebung kann sich der Gast dem Thema Wein auch auf neuen Wegen nähern. Mit den Sinnen etwa und das nicht nur per Gaumen bei der Probe des Nordheimer Sortiments. Eine Aromatheke vermittelt, wie hervorragende Gewächse ihren eigenen Duft haben.
Die Vinothek ist Ausdruck eines innovativen Marketing-Gesamtkonzeptes, das sich "Leben in Weinklang" nennt und Abkehr schaffen will von üblichen Weinsortimenten. Das Café-Bistro, Seminar- und Konferenzräume, der ruhige Winzerhof unter freiem Himmel, die renovierte Zehnthof-Kapelle – ein kunsthistorisches Kleinod des Rokoko mit sehenswerten Fresken von Andreas Dahiweiner aus dem Jahr 1755 – sowie zahlreiche Veranstaltungen machen den Besuch zu einem interessanten Tageserlebnis.
Die Divino hat sich mit anderen fränkischen Weinerzeugern an einem gemeinsamen Projekt beteiligt, um für das gesamte Weinanbaugebiet Treibhaus-Emmissionen zu erfassen und ein ganzheitliches Konzept zur Reduktion von CO2 zu entwickeln. Rund 30% der CO2-Emissionen in der Weinwirtschaft entfallen auf die Herstellung von Literflaschen und Bocksbeutel. Bei dem Versuch neue Kundengruppen anzusprechen, ist Divino hier einen Schritt weitergegangen. Die Abfüllung in "Bag in Tube" – ein Vakuum-Kunststoffbeutel in einer Papierhülle, d.h. eine Weinbox – ist nicht nur 100% recyclebar, sondern erfordert für die Herstellung nur einen Bruchteil der Energie.
Die Winzergenossenschaft bietet ihre Weine in verschiedenen Stilistik-Linien an: unter DIVINO werden große und elegante Richtungen, internationale Rebsorten und im Rotweinbereich durch behutsamen Einsatz von Barrique-Fässern ausgebaute Weine angeboten. JUVENTA steht für frische, feinfruchtige Weine mit jugendlicher Finesse. FRANCONIA ist eine zeitgemäße Interpretation der klassischen fränkischen Rebsorten, gewachsen auf den Muschelkalkböden der Weininsel, geprägt von unverwechselbarem Geschmack.
Die Weinliste der Divino Nordheim umfasst neben 10 Seccos bzw. Sekten 67 Weine. Wir konnten einen Wein verkosten: Der FRANCONIA 2010 Silvaner Nordheimer Vögelein Kabinett trocken ist einer der Einstiegsweine für 6,20 €. Er ist jugendlich frisch, rebsortentypisch und imponiert mit seinen in einer markanten Säure eingebundenen Melonenaromen.
Im HÖRERLEBNIS stellt Anette Droll von der Winzergenossenschaft die Divino Nordheim und ihre Weine vor.
Der Winzerkeller Sommerach
"Der Ort an der Sonnenseite des Flusses" – so lautet die freie Übersetzung des Ortsnamens. Bereits im elften Jahrhundert glänzte der Sommeracher Wein in Urkunden aufgrund seiner vorzüglichen Güte. Stolze Bürgerhäuser und schmucke Fachwerkbauten bilden heute eine barocke Bilderbuchkulisse. 1901 schlossen sich 15 Winzerfamilien aus der Not heraus zusammen und erbauten ihren Winzerkeller, Frankens älteste Winzergenossenschaft. Seitdem gilt im Winzerkeller Sommerach der gleiche Grundsatz: Einigkeit macht stark.
Wenige Schritte von der Ortsmitte entfernt, trifft man heute auf den imposanten historischen Giebel des Winzerkellers, der eindrucksvoll beweist, dass Lebensart und Atmosphäre des malerischen Örtchens vom Wein und seinen Winzern geprägt sind. Beinahe jede angestammte Familie im Ort hat mindestens einen Weinberg im Familienbesitz – ein über Generationen weitergegebener Erfahrungsschatz, den es zu bewahren gilt.
Qualität wächst im Weinberg – nach diesem Grundsatz wollen die Mitgliedswinzer ihre Weine an- und ausbauen. Die Trauben der Winzerfamilien werden getrennt nach Rebsorten, Weinbergslagen und Reifegrad vinifiziert. In manchen Fällen werden einzelne Weinberge sogar in mehreren Selektionen geerntet und getrennt ausgebaut. Die Grundlage für große Weine sind hochreife und aromatische Trauben, die nur durch eine kompromisslose, an der Qualität orientierte Weinbergsbewirtschaftung gelesen werden können. Jede einzelne Parzelle wird individuell nach dem optimalen Reifestand geerntet. Nicht die Masse, sondern die Güte steht für jede Winzerfamilie des Winzerkellers an erster Stelle.
Die Genossenschaft hat heute 225 Mitgliedswinzer, die 170 ha Weinberge an der Mainschleife und im Steigerwald bewirtschaften. Es sind die Lagen Sommeracher Katzenkopf und Rosenberg, Escherndorfer Lump und Fürstenberg, Obereisenheimer Höll, Stammheimer Eselsberg, Volkacher Ratsherr, Kammerforster Teufel, Wiebelsberger Dachs, Oberschwarzacher Herrenberg. Was die Böden angeht, so findet man Muschelkalk an der Mainschleife, Keuper im Steigerwald und in Sommerach lehmigen Sand. Alljährlich werden 1,2 Millionen Flaschen abgefüllt, das bringt einen Jahresumsatz von ca. 4,5 Millionen Euro.
Seit Pfingsten 2006 hat der Winzerkeller eine neue Vinothek, das WEINREICH. Es zieht seine Besucher durch den Gleichklang von moderner Architektur und dem Bewusstsein für die fränkische Tradition in seinen Bann. Sensibel fügt sich die neue Weinarchitektur in das Ortsbild am Fuße des Katzenkopfes ein und offenbart dem Besucher das Erleben der Welt des Weins. Hochwertige regionale Materialien inszenieren in einer individuellen charaktervollen Formensprache die Weine, die Winzer und den Winzerkeller.
Die „Kostbar“ stellt das Herzstück der Vinothek dar. Hier steht die Weinberatung im Vordergrund. Fränkische Schmankerln und glasweiser Ausschank werden außerdem angeboten. Sonnige Terrassen laden zum Entspannen ein. In der Weinschule stehen Veranstaltungen rund um das Thema Wein auf dem Programm. Der Barriquekeller stellt das Glanzstück im Weinreich dar. Jeden Dienstag und Freitag können sich Gäste durch das Weinreich führen lassen und in der Weinschule einen kleinen sensorischen Schnupperkurs erleben. Das Weinreich hat täglich bis 18 Uhr geöffnet.
Wir konnten aus dem Sortiment des Winzerkellers einen Frizzante Valentin weiß, Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure verkosten. Er kommt mit einem echten Prosecco-Kork, 11 Volumenprozent Alkohol und kostet 2,70 €. Ein zartfruchtiger, blumiger und saftiger Cuvée-Secco, der mit Mineralität und Säure in den Sommerabend perlt.
Machen Sie im HÖRERLEBNIS einen Rundgang durch das Weinreich mit Jennifer Gahn von der Geschäftsleitung des Winzerkellers Sommerach.
Im Hörerlebnis stellt Anette Droll die Divino Nordheim und ihre Weine vor
Machen Sie im HÖRERLEBNIS einen Rundgang durch das Weinreich in Sommerach mit Jennifer Gahn