An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Amarone Legenden von Valpolicella: Die Azienda Tedeschi
Die Azienda Tedeschi liegt in San Pietro in Cariano etwa 15 km von Verona und knapp 10 km vom Gardasee entfernt. Lorenzo Tedeschi, seine Ehefrau Bruna und seine Kinder Antonietta, Riccardo und Sabrina haben das seit 1824 und damit seit fünf Generationen im Familienbesitz befindliche Weingut zu einem der qualitativ hochwertigsten Erzeuger des Valpolicella gemacht. Inzwischen ist der Generationswechsel auf die Kinder abgeschlossen: Unter den Geschwistern herrscht eine familiäre Arbeitsteilung: Riccardo ist Önologe, fungiert als Kellermeister und kümmert sich um den Export. Antonietta ist verantwortlich für den Vertrieb in Italien und die Verwaltung während Sabrina als Lebensmitteltechnologin mitwirkt und das Marketing betreut.
Tedeschi besitzt heute rund 100 Hektar mit den besten Lagen im Valpolicella. Angebaut werden die Rebsorten Corvina, Molinara, Rondinella, Negrara, Sangiovese, Dindarella, Chardonnay, Durella, Trebbiano und Saorin. Es werden zu etwa 70 % Rotwein, 25 % Weißwein und 5 % Dessertwein gemacht. Jährlich werden mehr als 500.000 Flaschen abgefüllt, davon allein 160.000 Flaschen Amarone.
Die flachen Weinberge von Lucchine liegen mit 3,5 Hektar in Pedemonte im Zentrum der Ur-Valpolicella. Hier wachsen die Trauben für die die Valpolicella Classicos. 2006 wurde die 84 Hektar umfassende Maternigo (Mutter Erde) im östlichen Valpolicella erworben, eine der größten zusammenhängenden Rebflächen des Valpolicella Classico. Sie liegt in Südwest- bis Südost-Ausrichtung in den Gemeinden von Tregnago und Mezzane di Sotto auf 200 bis 450 Meter Höhe mit Steillagen bis zu 40 %. Noch ist nicht die gesamte Fläche genutzt, aber 140 km Rebzeilen sind schon mal komplett neu bestockt worden, überwiegend mit Corvina, Corvinone, Rondinella und Oseleta.
Wir konnten drei rote Spitzen-Weine von Tedeschi verkosten:
Die Degustation der Valpolicella- und der Ripasso-Weine haben wird zeitnah an der Vermarktung vorgenommen, zumeist im Jahr 2012. Die Amarone-Weine hingegen haben wird bewusst erst im Jahr 2015 verkostet, weil man dem Amarone einige Jahre Zeit geben muss, um seinen großartigen Charakter angemessen würdigen zu können.
La Fabriseria 2008 Valpolicella Classico Superiore
(verkostet 9. September 2012)
Als Superiore werden Weine bezeichnet, die rund 1 % über dem Mindest-Alkoholgehalt liegen und vor dem Verkauf länger lagern. Die Bezeichnung Superiore ist nach den italienischen Weinvorschriften aber nicht mehr vorgesehen. Sie ist nur noch besitzstandwahrend zulässig für Weine, die schon bisher diese Bezeichnung hatten, was insbesondere im Valpolicella-Gebiet sehr verbreitet war.
Das Glas füllt der La Fabriseria 2008 Valpolicella Classico Superiore mit einem gerade noch transparenten Dunkel-bis Schwarzrot. Er lockt verführerisch mit einer ganzen Reihe von Aromen, allen voran Schwarze Johannisbeeren, Sauerkirschen und überreife blaue Pflaumen. Dazu entdecken wir schwarze Schokolade und Zedernholz. Im Mund treffen sich die Schwarzen Johannisbeeren mit Brombeeren, Sauerkirschen, einigen Heidelbeeren, Kaffee, Kardamon und Pfeffer. Immer wieder kommt uns bei der Verkostung der Geschmack eines zehnjährigen Cognacs in den Sinn. Der La Fabriseria 2008 Valpolicella Classico Superiore hat eine enorme Dichte und Fülle. Dazu erfreut er sich an einer vornehmen Süße und einem opulenten Extrakt. Er reizt weder mit unausgeglichener Säure noch mit aggressiven Tanninen, insofern ist er schön glatt und harmonisch. Der deutliche alkoholische Eindruck (14 %) macht den Wein in vielerlei Hinsicht robust und sorgt für einen verschärften Abgang mit viel dunklen Beeren. Das lässt uns spontan an ein großes Lagerungspotenzial von mindestens sechs bis acht Jahren denken, in denen der Wein von Jahr zu Jahr einen weicheren Gesamteindruck machen wird.
Der La Fabriseria Valpolicella Classico Superiore beweist, dass man bei konsequenter Ausrichtung auf hohe Qualität auch einen „normalen“ Valpolicella-Wein als großen italienischen Spitzenwein ausbauen kann. Wir schmatzen noch lange auf dem Abgang herum und werden uns noch öfter lobend an diesen Wein erinnern wird. Schon jetzt kann man ihn für einen knallharten T-Bone-Steak-Abend einplanen oder ganz abgedreht zu einem Berliner Eisbein.
Capitel San Rocco 2009 Valpolicella Superiore Ripasso
(verkostet 18. Dezember 2012)
Der Capitel San Rocco 2009 Valpolicella Superiore Ripasso funkelt uns mit einem klaren, kräftigen, dunklen Rubinrot mit schwarzen Reflexen an. Im herrlich fruchtigen Bukett treffen wir Rote Johannisbeeren, dunkle Sauerkirschen, Brombeeren, etwas helle Schokolade und sogar eine Spur Rosemarin. Wir schmecken viele reife und trockene Früchte, Rote Johannisbeeren, Waldbeeren, Rumtopf, Backpflaumen, Marzipan und eine Mischung aus warmen Herbstaromen. Man erlebt eine regelrechte Fruchtexplosion, die umgeben ist von einer feinen Süße, einer gut ausbalancierten Säure und glatten, weichen Tanninen. Zusammen mit der schönen Mineralität genießen wir einen langen Abgang. Es ist ein Wein mit Charakter, der durch eine komplexe Finesse beeindruckt. Eine Art Baby-Amarone, der die komplexen Extrakte eines Amarone vorzeigen kann, ohne dessen Wucht mitzubringen. Man kann den Capitel San Rocco 2009 Valpolicella Superiore Ripasso zu einem festlichen Ereignis servieren, zum Beispiel Weihnachten zum Gänsebraten. Sie können den Wein aber auch locker bis zu einem anderen, ganz besonderen Ereignis im Jahr 2025 liegen lassen.
Capitel Monte Olmi 2006 Amarone della Valpolicella Classico
(verkostet 13. November 2015)
Der Capitel Monte Olmi 2006 Amarone della Valpolicella Classico zeigt im Glas ein sattes Purpurrot. Er verströmt Aromen von Brombeeren, Schwarzen Johannisbeeren, Heidelbeeren und Kirschen, Backpflaumen, diversen Gewürzen und ätherischen Ölen nebst einer angenehmen Holznuance. Wir haben den Wein immerhin neun Jahre nach der Ernte verkostet und damit fünf Jahre seit Verkaufsstart gelagert. Er macht geschmacklich einen erstaunlich frischen Eindruck mit Tönen aus dunklen Beerenfrüchten, Süßholz, Gewürzen, Balsamico. Am Gaumen tanzen der Alkohol (16 %), die klare Säure, die betörende Restsüße und die erstaunlich gezügelten Tannine ein artiges Menuett, das sich zu einem endlosen, leicht mineralisch gestützten Finish aufschwingt. Das ist kein Wein, der einen mit seiner Wucht erschlägt oder als Alkoholbombe die Frage aufwirft, warum man solche Weine überhaupt trinken soll. Der Wein ist vollendet trocken, voluminös und kraftvoll. Er ist unglaublich vielschichtig, muskulär, extraktreich und komplex. Er hat sogar seinen Passito-Charakter nicht verloren. Disponieren Sie so mit dem Wein, dass Sie noch eine Flasche im Jahr 2035 übrigen haben, Sie werden dann ebenso wie heute in einem großartigen Weinerlebnis voller Eleganz schwelgen.
Der Wein ist wie fast alle Amarones kein Wein zu welchem Essen auch immer – glauben Sie keinem Speisevorschlag. Der Capitel Monte Olmi 2006 Amarone della Valpolicella Classico ist ein begnadeter Solist, den man wie alle Amarones nicht zum Sturztrunk ansetzt, sondern schlöckchenweise genießt. Und vergessen Sie nicht, ihn 4-6 Stunden vor dem Genuss zu dekantieren
19.02.2016
Fotos © Weingut Tedeschi
Familie Tedeschi in zwei Generationen