An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Amarone Legenden von Valpolicella: Die Azienda Speri
Die Weintradition der Familie Speri reicht bis ins Jahr 1874 zurück. Das moderne Weingut wurde in den letzten 50er Jahren gegründet und wird jetzt von der vierten und fünften Generation der weit verzweigten Familie Speri geleitet. Es sind Carlo, Alberto, Giampaolo, Giampetro sowie die Kinder von Carlo, Luca und Chiara. Die Azienda Speri gehört zu den Top-Weingütern der Region. Das Weingut Speri bewirtschaftet inzwischen rund 60 Hektar Rebfläche und produziert 350.000 Flaschen Wein. Dreiviertel der Produktion wird in 50 Länder exportiert.
Die Lagen der fünf verschiedenen Crus befinden sich alle innerhalb der Zone Valpolicella Classico. Das Classico-Gebiet ist der historische Kern der Valpolicella Appellationen, es umfasst nur fünf Gemeinden und lediglich ein Fünftel des gesamten Gebiets der DOC. Die Speris besitzen so berühmte Lagen wie Monte Sant’Urbano oberhalb von Fumane oder La Roverina, La Roggia sowie Lenguin und I Comunai. Obwohl sich das Weingut der Speris in der Hügelgegend der kleinen Gemeinde Pedemonte in der Ortschaft San Pietro in Caraione befindet, liegen die Rebflächen größtenteils in der Nähe des 5 km entfernten Fumane. Die Lagen sind nach Süden und Südwesten ausgerichtet und liegen auf einer Höhe zwischen 150 und 350 Meter. Der Boden ist vulkanischen Ursprungs, reich an Mineralien und gekennzeichnet durch eine starke Drainage, die die Rebstöcke tief wurzeln lässt. Die Weinberge in der Steillage sind sogar durch Trockenmauern, genannt marogne, terrassiert und geben ein eindrucksvolles Bild.
Die Speris sind auf Qualität fixiert. Sie bekennen sich zur Tradition, wenden aber auch moderne Methoden an und sind zertifiziert für den ökologischen Weinbau, aus dem 2016 der erste Wein verkauft werden wird. Nach wie vor setzt Speri in den begrünten Weinbergen auf das arbeitsintensive System „a pergola veronese“, das die Trauben optimaler Sonneneinstrahlung aussetzt und von der Feuchtigkeit des Bodens fernhält. Die Ranken und Blätter bilden pittoreske Dächer, die den Trauben Schatten spendieren und die Lese erleichtern. Es wird ohne Kunstdünger ausgekommen, eine strikte Ertragsreduktion durchgeführt mit aufwendiger Laubarbeit und sorgfältiger Ausdünnung der Reben im Sommer. Geerntet wird ausschließlich manuell und streng selektiert. Stets ist die Arbeit im Weinberg auf Umweltfreundlichkeit ausgerichtet bis hin zur Schädlingsbekämpfung.
Besuchen Sie das Weingut Speri doch mal, wenn Sie in Verona sind. Sie stoßen hier nicht wie bei anderen prominenten Weingütern der Region einen Touristentreff und Devotionalien-Shop, sondern werden auch ohne Voranmeldung freundlich herumgeführt, lernen die Familie kennen und bekommen auf Weineinkäufe einen ordentlichen Gutsverkauf-Rabatt.
Wir konnten drei Weine der Azienda Speri verkosten.
Die Degustation der Valpolicella- und der Ripasso-Weine haben wird zeitnah an der Vermarktung vorgenommen, zumeist im Jahr 2012. Die Amarone-Weine hingegen haben wird bewusst erst im Jahr 2015 verkostet, weil man dem Amarone einige Jahre Zeit geben muss, um seinen großartigen Charakter angemessen würdigen zu können.
San'Urbano 2009 Appassimento, Valpolicella Classico Superiore DOC
(verkostet 9. September 2012)
Die Trauben werden Ende September mit der Hand geerntet und dann einer speziellen Prozedur unterzogen, durch die der Wein die zusätzliche Bezeichnung Appassimento erhalten hat: Die Trauben werden in Holzkästen abgelegt und 22 bis 25 Tage getrocknet bis sie 5 % ihres Gewichts verloren haben. Sie werden also ähnlich wie beim Amarone einem appassimento unterzogen. Dabei nimmt die Konzentration dramatisch zu. Das Lesegut landet dann für acht Tage auf der Maische in Stahltanks mit täglichem Umpumpen. Der Rest der Gärung und die malolaktische Fermentation finden in Zementbottichen statt. Im Anschluss an die alkoholische und malolaktische Gärung reift der Wein für eineinhalb Jahre in 500-L-Fässern aus Allier-Eiche und ruht noch für ein Jahr auf der Flasche.
Wir haben einen Wein im Glas in einer blut- bis rubinroten Farbe. Seine Nase strotzt vor Kirscharomen, getrockneten Blumen mit einem Touch von hot spices. Demgegenüber brandet er am Gaumen weich und ausgewogen an. Wir schmecken kräftige Kirschtöne Richtung Kompott, dazu rote Beeren, Kaffee und etwas Schokolade und Minze. Das Blumenbukett finden wir geschmacklich als getrocknete Veilchen wieder, die offenbar eine Reminiszenz an die getrockneten Trauben sind. Wir haben einen fruchtigen, würzigen Gesamteindruck eines relativ komplexen Weins, der eine gewisse Frische und einen soliden Körper hat. Er erscheint als eleganter Ausdruck des terroirs. Der Abgang wird von den etwas spröden Tanninen und einer sehr gut decouvrierten Säure lange gestützt. Es ist ein Wein, den Sie zu gemischten Antipasti mit Salami und Käse anbieten können, aber auch zu einem Hauptgang vom Perlhuhn oder Fasan.
Ripasso 2010 Valpolicella Classico Superiore DOC
(verkostet 7. Dezember 2012)
Er zeigt im Glas ein intensives Dunkel-Rubinrot. Beim Bukett-Schnüffeln registrieren wir Pflaumen, Rote Johannisbeeren, Preiselbeeren, getrocknete Herbstblumen, Zedernholz und Graphit. Er sendet aber auch eine Kakao-Note aus und diverse weihnachtliche Gewürz-Lüfte. Im Mund erleben wir eine schöne weihnachtliche Würze, süßliche dunkle Fruchtaromen, auch Brombeeren, dazu etwas Pfeffer und Muskat. Der Wein wärmt den Gaumen geschmeidig mit einer angenehmen, weichen, überraschend seidigen Tanninstruktur, die im langen Abgang von einer lebhaften Säure und mineralischen Noten aufgepeppt wird. Der Ripasso 2010, Valpolicella Classico Superiore DOC passt gut zu einem großen Teller Pasta mit reifem Hartkäse, aber auch ganz mutig zu einem Pfefferbraten vom Schwein.
Amarone della Valpolicella Classico 2006 Vogneto Sant'Urbano
(verkostet 5. Dezember 2015)
Der Amarone della Valpolicella Classico 2006, Vogneto Sant'Urbano ist einer der ausdrucksstärksten Amarones des Valpolicella. Man könnte meinen, dass sein opulentes Etikett das Amarone-Erlebnis schon vorwegnimmt. Wir sehen ein tiefes Dunkelrot im Glas und hängen unsere Nasen in ein intensives Bukett mit würziger, süßlich-aromatischer Finesse. Dunkle Früchte, Schwarzkirschen, erdige, leicht rauchige Töne, Lorbeer, Zimt und Süßholz. Der Gaumen wird üppig geschmeichelt mit vielfältigen sensorischen Eindrücken von Amarena-Kirschlikör, Backpflaumen, Kakao, Geranienblättern, Holzextrakten, Gewürze wie Pfeffer und Anis und geröstete Nüsse. Die Tannine sind bereits saftig mild geworden und verbinden sich warm und samtig mit mineralischen Tönen und der aktiven Säure und dem Alkoholausdruck zu einem denkwürdigen Finish mit deutlichem Kirscharoma. Ein außergewöhnlicher, sinnlicher Wein, hochkomplex, energievoll und inzwischen von einer bemerkenswerten Eleganz. Das ist kein Wein für jeden Tag, sondern für einen festlichen Anlass, der auch die Verkostung selbst sein kann, auch noch 2025. Er hat die drei Gläser im Gambero Rosso wahrhaft verdient.
19.02.2016
Fotos © Speri
Die Familie Speri