An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das große Veroneser Familienweingut: Die Azienda Monte del Frá
28. April 2016
Sommacampagna ist eine kleine Gemeinde 12 km westlich von Verona und rund 20 km südöstlich des Gardasees in der padanischen Tiefebene. Ihren Namen hat sie von den Römern erhalten: Sommacampagna leitet sich vom Lateinischen Summa Campanea ab, was so viel wie „höchstes Land“ bedeutet. Der Name ist bezeichnend, denn Sommacampagna befindet sich an den berühmten Moränen-Hügeln, die den Gardasee umgeben und bis zur Poebene reichen. Im Süden der Gemeinde, an der Via Custoza, liegt das Weingut Monte del Frá, Azienda Agriciola de Bonomi Eligio-Claudio & Marcia. Durch das hoch in den Himmel ragende Kreuz auf dem Weinhügel neben dem Weingut ist es schon von weitem sichtbar.
Hier ist übrigens ein durchaus geschichtsträchtiger Ort. Ein Beinhaus in Form eines 38 Meter hohen Turms in der Nähe des Dorfes erinnert an zwei Schlachten: Der österreichische General Radetzky schlug hier am 25. Juli 1848 das Heer Sardiniens unter König Albert. Erzherzog Albrecht von Österreich besiegte am 24. Juni 1866 das italienische Heer unter dem piemontesischen Oberbefehlshaber General La Marmora.
Doch zurück zum Weingut: Gegründet wurde der Familienbetrieb 1958 an der Stelle eines ehemaligen Klosters von Vater Massimo Bonomi und den beiden Brüdern Eligio und Claudio mit seiner Frau Marcia. Genau genommen mischten die Bonomis schon viel früher mit: Dokumentiert ist, dass seit 1492 hier eine Tenuta in Besitz der Mönche von Santa Maria della Scala in Verona war und diese abwechselnd an unterschiedliche Familien verpachtet wurde, darunter die Familie Bonomi. Als Pacht mussten damals zwei Fässer schwarzer Trauben sowie Hülsenfrüchte an das Kloster geliefert werden, und zwar am Gedenktag des Heiligen Michael, am 29. September.
Monte del Frá ist ein freundlicher Familienbetrieb, obwohl es gleichzeitig ein Großbetrieb ist. Bewirtschaftet werden fast 180 Hektar Rebfläche, die rund 1,2 Millionen Flaschen werden in 40 Ländern weltweit vermarktet. Den Betrieb führt inzwischen ein neue Generation: Die Marketing-Expertin Marica Bonomi und ihr Mann Dino. Das Weingut wird von der Verwaltung bis hin zur Arbeit im Weinberg von Familienmitgliedern betrieben.
Zu den Weinbergen der Familie Bonomi gehören Cru-Lagen wie Cà del Magro, Colombara, Grottino, Staffalo, Monte Godi, Monte Fitti, Mascarpine, Bagolinau nd Pezzarara. Monte del Frà und Familie Bonomi haben auch Flächen im Soave und in Lugana und beste Reblagen im Valpolicella Classico in der Gemeinde Fumane. Hier erwarb die Familie vor über 10 Jahren eine wunderschöne Tenuta, am kleinen Wildbach Lena mit der dazugehörenden Toplage Lena di Mezzo.
Die richtige Wahl der geeigneten Weinlagen und die optimale Kultivierung der Reben waren von Anfang an eine wichtige Voraussetzung für das Ziel von Familie Bonomi, qualitativ hochwertige Weine zu machen, die die Typizität der Veroneser Weine optimal zum Ausdruck bringen. Natürlich werden auch Massenweine als schlichte Tafelweine vermarktet, mit denen unter anderen in großen Gebinden die kleinen regionalen Restaurants versorgt werden. Der Erfolg der Qualitätsweine indes wird alljährlich mit Bestnoten im „Gambero Rosso“ bestätigt.
Wie viele junge Winzer hat auch Familie Bonomi erkannt, dass große Weine im Weinberg entstehen. Sie setzt auf klassische Erziehungsmethoden für die Rebstöcke wie Doppel-Guyot in den Gebieten Custoza, Bardolino und Lugana sowie Cordone speronato und der typischen Pergelerziehung in der Valpolicella Classica, die alle grundsätzlich einen geringeren Ertrag von rund 2 bis 3 kg pro Rebe ergeben. Alle Pflanzen werden behutsam bewässert um eine optimale Versorgung der Rebstöcke zu jeder Jahreszeit zu ermöglichen. Auf den riesigen Flächen werden unzählige Rebsorten angebaut mit einer Bestockung von 4000 bis 7000 Reben pro Hektar.
Die Weinlese findet bei Monte del Frá grundsätzlich nachts statt. Die Trauben sollen in der Kühle der Nacht geerntet werden, sie werden dann einer sterilen, kalten Fermentation zugeführt, die besonders langwierig ist. Das Ergebnis dieser Methode ist ein besser konservierbarer Wein, dem weniger Schwefel zur Haltbarmachung zugesetzt werden muss. Im Keller arbeitet Familie Bonomi sehr aromenbetont. Um die sortentypischen Aromen zu erhalten, werden die Trauben bei kontrollierter Temperatur gepresst. Auch während der Gärung und Reifung der Weine wird penibel die Temperatur überwacht, damit die ursprüngliche Typizität der Reben nicht verloren geht.
Wie jedes traditionelle italienische Weingut besitzt Monte del Frà auch eigene Olivenhain am Gardasee und im Valpolicella, wo hochwertige Olivenöle entstehen.
Wir konnten fünf Weine und einen Sekt von Monte del Frá verkosten.
Die Degustation der Weißweine, des Valpolicella- und des Ripasso-Weins haben wird zeitnah an der Vermarktung im Jahr 2012 vorgenommen. Den Amarone-Wein hingegen haben wird bewusst erst im Jahr 2015 verkostet, weil man dem Amarone einige Jahre Zeit geben muss, um seinen großartigen Charakter angemessen würdigen zu können.
Bardolino Chiaretto DOC 2011
(verkostet 15. August 2012)
Die Trauben lagen im Keller für rund 24 Stunden in der Maische, um den Beerenhäuten die nötige Farbe zu entlocken. Dann erfolgte der Ausbau wie beim Weißwein – er lag lange auf der Hefe im Stahltank, penibel temperaturkontrolliert.
Im Glas funkelt ein helles Rosa, das an Apfelbaumblüten erinnert. In der Nase drängeln sich rote Beerenfrüchte, Waldhimbeeren, rote Johannisbeeren, aber auch grüne Äpfel und süßliche Gewürze wie Zimt, Vanille und Spuren von Kardamon. Das Bukett ist umhüllt von einer Wolke von Blumen aus Waldwiesen. Im Mund langen wir noch einmal großzügig in den vollen Fruchtkorb hinein. Wieder die roten Beeren, dazu noch Birnen und Exotik, getoppt von einer feinen Würzigkeit, Mineralität und einer gewissen Säure, die auch dem Abgang noch reichlich Früchte beschert. Dank einer guten Kühlung erfrischt und animiert der Wein zu einer beschwingten Laune. Reißen Sie sich zusammen und erfreuen Sie sich am Wein in einer sommerlichen Speisenfolge zum ersten Gang eines Carpaccios, eines Gemüse-Hors d’œuvres oder einer Seeteufel- Tempura.
Lugana Garda DOC 2011
(verkostet 15. August 2012)
Bianco do Custoza Superiore DOC Ca’ del Magro 2010
(verkostet 15. August 2012)
Eigentlich ist „Ca’ del Magro“ die Bezeichnung für eine sieben Hektar große Einzellage in der Gemeinde Sommacampagna in der Hügellandschaft des Custoza. Hier stehen Rebstöcke, die 40 Jahre alt sind. Das terroir besteht aus Kalk, Lehm, Kies und Sand. Die Weinlese der einzelnen Rebsorten erfolgt zu verschiedenen Zeitpunkten im September und Oktober. Nach der Lese wird schonend abgepresst und im Stahltank temperaturkontrolliert lange auf der Hefe liegen gelassen. Allerdings dürfen 4 bis 5 % der Trauben vier Monate lang in Eichenfässern vergären. Vor dem Verkauf bleibt der Wein sechs Monate in der Flasche liegen. Das klingt alles nach einem ganz harmlosen und üblichen Weißwein. Tatsächlich ist der Bianco do Custoza Superiore DOC Ca’ del Magro 2010 ein großer Sensationswein, der es zu diversen Auszeichnungen, vor allem aber im Gambero Rosso zu drei Gläsern geschafft hat.
In hellem Strohgelb mit grünen und goldenen Reflexen plätschert der Wein im Glas. Neugierig schnüffeln wir an der geradezu betäubenden Fruchtaromatik herum: Mehrere Sorten von Äpfeln kommen ins Gespräch, darunter Klassiker wie Jonagold oder Cox Orange. Neben den Äpfeln tummeln sich weiße Pfirsiche und Zitrusfrüchte, umhüllt von einer angenehmen Vanille-Fahne und floralen Noten. Wir schmatzen ewig auf dem üppigen Körper herum, die schönen Tannine und die vornehme Säure lassen die Töne von Pfirsichen, Äpfeln, Weißen Johannisbeeren, Kräutern und Nüssen gar nicht mehr los. Auch im langen, süffigen Finale kommen wir noch voll auf unsere Geschmackskosten. Frische, Frucht und Harmonie, das ist der Schlüssel zu diesem hochwertig strukturierten Weißwein, der süchtig macht. Bieten Sie ihn als edlen Apéritif auf einem Sommerfest an oder begeistern Sie ein Saibling-Gericht oder eine Sushi-Platte mit diesem Wein.
Valpolicella Classico Superiore DOC Ripasso 2009
(verkostet 10. Dezember 2012)
Im Glas wird’s tiefdunkel, Rubinrot und kräftiger. In der Nase landen Noten von Sauerkirschen, reifen blauen Pflaumen und kräftigen Gewürzen von Zimt über Süßholz bis zu Pfeffer und getrockneten Tomaten. Am Gaumen erkennen wir den Rosinen-Touch des Amarone, der dem Wein keineswegs die Harmonie und Eleganz nimmt. Dazu kommen in kleinen Dosen Kirschen, Schokolade und rote Grapefruit. Die Tannine sind nicht aggressiv, die Säure ist eingebunden, sorgt aber nicht nur im Finale für Kraft und Energie. Ein aufregender Wein, dem der Gambero Rosso ebenfalls drei Gläser verliehen hat. Sie können den Wein einem deftigen Rinderrostbraten widmen oder einem gegrillten Fasan.
(verkostet 22. Dezember 2015)
Auch bei Monte del Frá ist der Amarone das Meisterstück der Kellerei, die Krönung des Winzers sozusagen. Er kommt aus der Tenuta di Mezzo in Fumane im Valpolicella. Die Cuvé besteht aus 80% Corvina Veronese und 20% Rondinella-Trauben. Zur Weinbereitung benutzt man moderne Trocknungstechniken mit Ventilation. Nach der Gärung im Stahl lagert der Wein für rund 2 Jahre in französischer Eiche und ruht sich dann nochmal acht Monate in der Flasche aus.
Erwartungsgemäß zeigt er sich im Glas schwarzrot. Ein Bukett aus schwarzen Kirschen, deftigen, teilweise weihnachtlichen Gewürzen, schwarzen Oliven und Baumharz quillt aus dem Glas. Im Mund dann eine überraschend ausgeglichene Aromatik von getrockneten Früchten, konzentrierter, aber sanfter Würzigkeit. Brombeeren kommen hervor, süßliche Schwarzkirschen, Kakao, Kardamon und eine Spur Rauchigkeit. Die Tannine sind wunderbar weich geworden und hinterlassen einen saftigen Abgang. Das ist der edle Wein zu einer Hirschkeule aus dem Rohr. Sie können sich aber auch noch nach vier bis fünf Jahren von diesem Wein als Solisten überraschen lassen.
(verkostet 26. August 2012)
Was wäre ein Weingut im Veneto ohne den Spumante. Der Rosé von Monte del Frá ist aus den Valpolicella-Rebsorten Corvina, Rondinella und Molinara komponiert. Lediglich die Rondinella-Trauben werden wenige Stunden auf der Maische stehen gelassen, um den richtigen Farbton zu erhalten und den gewissen Säure-Kick, der typisch ist für diese Rebsorte.
In der formschönen Flasche funkelt der Spumante in einem hellen Korallenrot. Duftig entfaltet sich das feinperlige Mousse mit fruchtigen Aromen, die sich auch am Gaumen begegnen: Rote Johannisbeeren, einige Himbeeren und ein kleiner Kirsch-Blitz mittendrin. Gut gefallen hat uns auch die leichte Mandelnote, die dem Spumante als Aperitif eine besonders interessante Eleganz verleiht. Ganz normalo gefällt der Spumante gut zu Salaten oder milden Pasta-Gerichten. Ganz verrückt reichen Sie ihn zu Marzipantörtchen oder Elisen-Lebkuchen.
Das Weingut und die Weine von Monte del Frá stellt im Hörerlebnis Silvia Bonomi beim Weintasting Sua Eccellenza Italia in Berlin am 29. Mai 2012 vor.
Fotos © Monte del Frá
HÖRERLEBNIS mit Silvia Bonomi