Zwei Mal im Jahr herrscht in Garmisch‑Partenkirchen Ausnahmezustand. Die Festwochen Ende Juli und Anfang August sind es, die das gesamte Werdenfelser Land auf die Beine ‑ und ins Festzeit ‑ bringen. Fieberhaft arbeiten die Trachtenvereine der Ortsteile Garmisch und Partenkirchen ab dem Frühjahr auf ihre Festtage hin: Tanz‑ und Volksmusikgruppen, Holzhacker, Plattler, Goaßlschnalzer und all die anderen zeigen in und um den Bierzelten, was sie können.
Garmisch feiert dieses Jahr 60‑jähriges Jubiläum seiner Festwoche, in Partenkirchen "stemmen" die Trachtler zum 55. Mal den Höhepunkt ihres Brauchtumsjahres. Apropos "stemmen": Genau darum dreht es sich beim "Steinheben", einem Publikumsmagnet an Festwochen Montagen. Gestandene Mannsbilder wuchten dabei einen 508 Pfund schweren Stein hoch. Begründet hat diese Tradition der Steyrer Hans, ein hünenhafter Metzger und Gastwirt mit Riesenschnauzbart aus München, der um 1870 als ,,bayerischer Herkules" in die Geschichte einging. Seine Tabakdose allein wog schon 40 Pfund, sie ist heute im Karl‑Valentin‑Museum in München zu bewundern. Nur mit dem Mittelfinger soll er einen Stein mit über 500 Pfund ”angelupft” haben. Der Stein ist zwar mittlerweile aus Beton, dafür kann man fürs Stechen noch 100 Pfund darauf packen.
Spätestens beim Böllerschießen und dem Klang der Trommlerzüge holen auch die letzten GarmischPartenkirchner rasch die Tracht aus dem Schrank. "Seit fünf Jahren feiert die Tracht hier einen Aufschwung, des gfreit mi narrisch", erzählt Peppi Karg, 1. Vorstand des Volkstrachtenvereins Garmisch. Ähnlich sieht das Hansjörg Ostermair, Vorstand des Volkstrachtenvereins Werdenfelser Heimat in Partenkirchen. "Die Leute sind bei uns viel sauberer beinand, da sieht man kaum a Kasperlgwand. " Damit meint er Landhausmode und billige Kopien. Und das, obwohl man für eine echte Werdenfelser Tracht ganz schön tief in die Tasche greifen muss. Bei einem “Madl” kommen da schnell 1.500 Euro zusammen; Lederhose, Träger, Tuch und Hut eines Burschen schlagen auch rasch mit 2.000 Euro zu Buche. Natürlich wird in den Familien vieles weitervererbt, zum Beispiel der Adlerflaum am Hut der Männer.
Spätestens an der Tracht sieht ein Kenner, ob es sich um einen Garmischer oder Partenkirchner handelt, und das nicht nur am Wappen der Hosenträger: Die Wadlwärmer sind hier Grün‑Weiß, dort Grün‑Grau. Doch sie sehen nicht nur anders aus: "Pfosen" trägt man in Garmisch, “Hejslan” heißen sie in Partenkirchen. Ähnlich ist es bei den Jacken: Bei den Garmischern zeigt das Eichenlaub am Revers nach oben, in Partenkirchen nach unten. Die einen sagen Jeppla, die anderen Jopp'n. Dazu kommt noch das unterschiedliche Rot der Plattlgewänder der Mädchen, hier heller, dort dunkler.