An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Agricola Felline in Apulien: Eine neue Weinkultur mit Italiens bestem Primitivo di Manduria
Apulien bildet den süd-östlichen Abschluss im Osten Italiens und schließt auch den Absatz des Stiefels, die Halbinsel Salento, mit ein. Schon 3.000 v. Chr. haben in Apulien die Phönizier Rebstöcke gepflanzt und später die Griechen und die Römer Weinbau betrieben. Für den Dichter Horaz herrschte hier «ewiger Frühling». Nach den Römern kamen und gingen diverse Eroberer in Apulien ein und aus: von Byzantinern und Sarazenen über Langobarden, Goten und Normannen bis zu Staufern, Venezianern, Aragonesen und Bourbonen. Allen war eins gemeinsam: sie labten sich an den vorzüglichen Weinen der Region.
Bis Mitte des letzten Jahrhunderts war Apulien immer eine Stätte der Massenproduktion, deren Weine sich in zahlreichen Verschnittprodukten Europas einschließlich des Wermuts befanden. Erst in den 80er- und 90er-Jahren entwickelte sich ein Qualitätsanbau, der sowohl Rebsorten wie auch Weine aus der Namenlosigkeit herausholte. Anschub gab die Einführung der kontrollierten Ursprungsbezeichnungen DOC, die mehr als zwei Dutzend Anbaugebiete formte, und DOCG, deren bekannteste Primitivo di Manduria und Castel del Monte sind. Allerdings beläuft sich der Anteil kontrollierter Herkünfte an der gesamten Rebfläche auf unter 10 %. Neben der Toskana hat Apulien auch früh die IGT-Stufe eingeführt, wo mit unterschiedlichen Rebsorten experimentiert wird, darunter auch internationalen wie Cabernet Sauvignon und Merlot.
In Apulien stehen überall Rebstöcke, am dichtesten jedoch an den flachsten Stellen auf der Capitanata im Norden, in der Tiefebene um Bari (Terra di Bari und Le Murge), in der Mitte (Trulli-Region) und auf der Halbinsel Salento, dem südlichsten Stiefelabsatz. Mit rund 80 % überwiegen die Rotweinsorten, darunter Primitivo, Negroamaro, Malvasia Nera und im Norden Uva di Troia. Die am meisten verbreiteten weißen Sorten sind Verdeca, Bianco d'Alessano, Bombino Bianco, Falanghina und Trebbiano Toscano. Klimatisch ist es sehr heiß in Apulien. Die Hitze wird durch die „Tramontana“-Winde gemildert, die von der Adria aus dem Norden kommen. Diese Winde zähmen auch die „salzige“ Feuchtigkeit des „Scirocco“-Windes, der aus dem noch heißeren südlichen Mittelmeerraum weht.
Es gibt eine Winzerfamilie in Apulien, die wie kein anderer dafür gesorgt hat, dass der Primitivo zum Aushängeschild der Region geworden ist: die Familie Perruci mit dem Weingut Agricola Felline in Manduria, ein Städtchen auf halbem Weg zwischen Lecce und Tarent auf der Salento-Halbinsel in der Provinz Brindisi. Das war kein einfacher Weg für Familie Perruci, vielmehr liegt dem eine bewegte Geschichte zugrunde.
1989 trat Gregory, Costantinos ältester Sohn – frisch ausgebildet als Pianist – in dritter Generation in das Unternehmen ein. Er begann damals zusammen mit seinem Bruder Fabrizio und seiner Schwester Alessia sich dem Qualitätswein zuzuwenden, und reservierte dafür einen Teil des väterlichen Kellers mit eigener Flaschenabfüllung. Sie kauften das riesige Weingut Pervini sowie spezielle Weinberge und führten moderne Kellertechnik ein. Gregory unternahm zahlreiche Reisen nach Kalifornien, um herauszufinden, warum von dort aus der Primitivo unter dem Synonym Zinfandel so begehrt war, während in Europa das Original kaum jemand kannte. Im Team mit seinem Jugendfreund, dem jungen Winzer Salvatore Mero, und dem Önologen Roberto Cipresso begann Gregory dem Primitivo den Charakter als Qualitätswein zu geben. 1994 kaufte er das kleine Weingut Felline mit 9 Hektar Land und konnte erstmals Wein aus eigenen Trauben erzeugen. 1996 trat er mit der Agricola Fellini offiziell in den apulischen Weinmarkt ein. Der Name geht zurück auf eine archäologische Fundstätte 80 Kilometer südlich von Manduria nahe den Stränden, wo die Überreste einer antiken Stadt namens Felline gefunden wurden. An dieser Stelle soll auch der Apostel Petrus auf seiner Reise nach Rom gestrandet sein, bevor er erster Bischof von Antiochien und Gründer der katholischen Gemeinde in Rom wurde. Gregory präsentierte der erstaunten Weinwelt schon bald moderne und hochwertige Primitivos, aber auch völlig neue und gewagte Cuvées aus Primitivo und Negramaro (Alberello) oder aus Primitivo, Montepulciano und Cabernet Sauvignon (Vigna del Feudo).
Er ging mit der Gründung der Accademia dei Racemi um den Erhalt traditioneller Weinkulturen und darum, die Prägung des Primitivo di Manduria durch vier verschiedene Terroirs mit unterschiedlichen Böden und Nuancen im Mikroklima herauszuarbeiten. Das führte schon 1998 zur Präsentation vor vier Cru-Weinen vom Primitivo di Manduria, die jeweils eine der Mikrozonen sprich Terroirs repräsentieren – so wachsen die Reben der Crus Dunico auf Sand, des Giravolta auf „weißer“ Erde und des Sinfarosa/Zinfandel auf schwarzem Untergrund und des Primitivo Felline auf rotbraunem Lehm-Ton-Boden über massivem Kalkstein. Die Accademia dei Racemi betrieb aber auch eine Art echter Forschung. So stieß Gregory Perrucci mit Robert Cipresso Ende der 90er-Jahre in den Hügeln von Martina Franca auf die fast verschollene Aroma-Rebsorte Minutolo, die nicht mit der bekannten Fiano di Avellino aus Kampanien, sondern mit der Moscato-Familie verwandt sein soll. Darüber hinaus gilt Gregory Perrucci auch als Reanimator der Sorten Sussumaniello und Ottavianello, die uralte süditalienische Variante der französischen Sorte Cinsault.
Die Familie Perrucci hat den Ruf des Primitivo als hochwertigen Spitzenwein gefestigt, aber auch im Weinbau Italiens Weichen gestellt. So hat man schon vor zwanzig Jahren begonnen, Elemente der biologischen und naturschonenden Bewirtschaftung der Weinberge einzuführen. In den meisten Lagen um Manduria sind die Rebstöcke des Weinguts eingebettet in jahrhundertalte Olivenbäume. Im Weinberg wie im Keller folgt man den anspruchsvollen Bio-Richtlinien von DELINAT. Dazu gehören Begrünung, Biodiversität und zusätzliche grüne Oasen mit Hecken, Büschen und Einzelbäumen, um die Lebensräume der Pflanzen und Tiere besser zu vernetzen. Man ließ in den Rebanlagen die üblichen Systeme der Reberziehung hinter sich und stellte um auf die traditionelle Alberello-Erziehung mit Buschreben, die im Gegensatz zur modernen und weniger arbeitsintensiven Drahtrahmenerziehung händisch bewirtschaftet werden müssen und extrem niedrige Hektarerträge, aber besonders extraktreiche Trauben hervorbringen. Im Keller werden modernste Gärtechniken genutzt und teures Fassholz verwendet. Auf dem Dach befindet sich eine neue, leistungsstarke Fotovoltaikanlage. Inzwischen werden in Apulien etwa 20 Prozent der Weinlagen biologisch bewirtschaftet.
Heute gehört Felline als Bioweingut zur international vielbeachteten Avantgarde im italienischen Weinbau und Gregory wird als Erneuerer der Weinszene Apuliens gefeiert. Die Weine von Felline werden regelmäßig vom strengen Gambero Rosso mit dem höchsten Prädikat der drei Gläser ausgezeichnet, internationale Weinkritiker wie Parker oder Suckling loben nicht nur die Primitivos.
Der Familie Perrucci gehören heute rund 103 Hektar Rebfläche in Manduria und Umgebung sowie weitere etwa 22 Hektar im Naturreservat Torre Guaceto nahe der Adria. Die Weine von Felline sind in mehrere Linien eingestellt und bieten ein weit über die verschiedenen Primitivo-Weine hinausgehendes Spektrum. Neben den heute obligatorischen Rosés werden etliche Weißweine angeboten, deren Qualität längst dazu beiträgt, den guten Ruf des Hauses zu bestätigen. Im Sortiment fallen die Meeresmotive in Aquarellfarben als Flaschendesigns auf, die mit dem Weingenuss die Sehnsucht nach einem Urlaub in Apulien wecken. Beginnen Sie den Urlaub einfach gleich zu Hause mit einem Wein von Felline.
Wir konnten zehn Weine der Agricola Felline verkosten.
2022 Salento Fiano IGP
Der Wein zeigt eine kräftige strohgelbe Farbe mit dezent goldenen Reflexen. Er duftet beeindruckend vielschichtig nach Aprikosen, Honig, Blüten von Akazie und Jasmin und einer Anmutung von roter Grapefruit. Sein Mundgefühl ist Frische, Frucht von gelben Äpfeln, Birnen, Zitrus und Mandarine, Würze und ein dichter Körper. Wir notieren eine mit dem unauffälligen Restzucker gut harmonisierte, spritzige Säure, die den herrlich schmelzigen, leicht herben Abgang stützt. Ein eleganter Weißwein mit einigem Lagerungspotenzial. Wenn Sie es italienisch mögen, so gönnen Sie sich zu dem Wein eine Tagliatelle mit Muscheln in weißer Sauce.
Verdeca ist eine der traditionellen weißen Rebsorten Apuliens, die einst von Griechenland eingewandert ist. Sie wird nicht nur für Wein, sondern vor allem für Wermut verwendet. Nur wenige Weingüter bauen sie noch reinsortig aus, so dass dieser Puglia Verdeca IGP schon als Rarität angesehen werden kann, zumal in dieser Qualität. Die Rebstöcke stehen im Tal der Trulli, dem Itria-Tal, nordöstlich von Manduria.
Der Wein funkelt im Glas in einem hellen Strohgelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase tritt er eher introvertiert auf mit leisen Anklängen an Ananas, Limetten, Grapefruit, Orangenblüte und einigen Kräutern. Im Mund kommt die dezente Aromatik aus dem Bukett gut an, dazu grüne Birnen, einige weiße Blüten und im Abgang eine dezente Kandis-Abrundung. Das ist ein leichtfüßiger, ausgeglichener Weißer, alles frisch und luftig. Er wird als allseits gefälliger Weißwein gerne einen schönen Sommerabend auf der Terrasse begleiten, besonders, wenn gedünsteter weißer Fisch gereicht wird.
Die Herkunft der in Italien vor allem in Ligurien seit Jahrhunderten und heute vielfach auch auf Sardinien angebauten Rebsorte ist nach wie vor unbekannt, teilweise wird eine Verwandtschaft mit Malvasia angenommen. Die eher spät reifende, ertragreiche Sorte liebt ton- oder kalkhaltige Böden und gedeiht besonders gut in Meeresnähe, womit sie bei Felline am nahen Ionischen Meer genau richtig steht.
Im Glas haben wir einen strohgelben Wein mit grünlichen Reflexen. Er duftet zart und frisch und überaus fruchtig nach Apfel, Ananas, weißem Pfirsich, weißen Blüten und vielen Kräutern. Am Gaumen kommen auch exotische Fruchtkomponenten an, diesmal eher als Passionsfrucht, Mango und Mandarine, dazu eine markant zitrische Begleitung und eine lebendige Säure im mineralisch eingerahmten, dezent bitteren Finish. Das ist ein trockener, vollmundiger, charakterstarker und komplexer Wein mit einem leicht herben Unterton, der gut strukturiert für Frische und Jugendlichkeit steht. Genießen Sie ihn als Aperitif oder zu einem gegrillten Seeteufelfilet.
Jetzt haben wir einen Rosé im Glas, der reinsortig aus den roten Trauben des Negroamaro entstanden ist. Das ist eine alte historische Rebsorte Apuliens, deren Namen wohl zusammengesetzt ist aus negro=schwarz und amaro=bitter. Die Rebe ist eine wahre Kämpfernatur, wächst sie doch selbst dann kräftig und bringt gesundes Lesegut, wenn der Weinberg in der Hitze glüht und unter Wassermangel ächzt. Der Wein ist komplett im Edelstahl vinifiziert. Entstanden ist ein frischer, saftiger Rosé, der mehr ist als ein leckerer Spaßwein.
Im Glas funkelt der Cicala Salento Rosato in einem kräftigen Kirschrosa und entsendet fruchtige Aromen von Schwarzkirschen, Erdbeeren, Roten Johannisbeeren und Zitrusnuancen, dazu schweben einige florale Töne herum. Er schmeckt fruchtig-spritzig statt klebrig-süßlich und zeigt sich mit einer präsenten Säure, die glücklicherweise nicht weggezaubert wurde, sondern mit der Fruchtsüße und einer deutlichen kräutrigen Würze eine Harmonie der Frische und Saftigkeit eingegangen ist. Das ist der sichere Lockwein für die Sommerparty, auf der schon das Kirschrosa die Gäste anlacht. Er würde sich aber auch nicht gegenüber einer Poularde aus dem Ofen oder eine Meeresfrüchte-Pasta wehren.
2019 Anarkos Puglia Rosso IGP
Was die Farbe im Glas betrifft, so braucht man sich nicht um Nuancen der Transparenz zu kümmern, denn Durchsichtigkeit gibt es nicht. Transparenz würde zu den beanstandeten gesellschaftlichen Verhältnissen sowieso nicht passen. Dafür strahlt die Cuvée schön dunkelrot mit violetten Reflexen. Aus dem Glas drängeln sich die Aromen. Ein ganzer Beerenkorb will da raus: Brombeeren, Heidelbeeren, Preiselbeeren, dazu Schwarzkirschen und Zwetschgen und ein Hauch von Nussnougat. Mit zunehmender Belüftung tauchen auch mediterrane Kräuter auf. Für die Nase ist das ein abwechslungsreicher, vielseitiger Sturm- und Drang-Wein, der immer wieder neue Aromaspitzen hervorzaubert. Über die Zunge gleitet dann ein unglaublich zugänglicher, samtiger, leicht würziger und sehr harmonischer Wein. Die Fruchtaromen werden begleitet von einer feinen Süßlichkeit, die den Wein süffig und saftig macht. Im Finish wirken nur wenige, gut integrierte reife und weiche Tannine, dafür aber eine lebendige Säure mit. Die üppige Fruchtigkeit und Energie sind entscheidend für das lange, lustvolle Nachschmatzen. Genießen Sie den Anarkos als Solisten zu Anlässen, die Gelegenheit bieten, über diesen Wein zu reden. Gegenstand des Gesprächs kann aber auch das Pairing mit einem straight gewürzten Stück Wild sein. Und stets daran denken: beim genussvollen Dagegensein mit dem Anarkos: Immer schön artig bleiben.
2017 Sum Torreguaceto Salento Susumaniello IGP
Bei Felline stehen die 20 Jahre alten Rebstöcke auf rotem, stark mit Sand und Lehm durchmischtem Ton auf einem Kalksteinuntergrund. Im Keller ist der Most im Edelstahl vergoren, der Wein reifte dann mindestens zwei Monate in großen Fässern von Eichen der kroatischen Region Slawonien. Die Bezeichnung des Weins bezieht sich auf das Naturschutzgebiet Torre Guaceto im nördlichen Salento zwischen dem Valle d’Itria, der Heimat der Trulli, und dem Lecce Salento mit seinem kristallklaren Meer.
Im Glas präsentiert sich der Sum in einem dunklen Rubinrot mit violetten Reflexen. Er outet sich mit einem feinduftigen, fast süßlichen Parfum von schwarzen Kirschen, Zwetschgen, von Gewürzen mit Pfefferminz und von Veilchen, dazu Anklänge an Schokolade und eine winzige Spur Jod. Am Gaumen brillieren Aromen von Schwarzkirschen, wilden Waldbeeren, Cassis und Backpflaumen. Dazu kommt eine kleine Spitze von Mandeln und Zedern und der dezente Geschmack von Eichenholz und geröstetem Brot – dezent, wie gesagt, also nicht aufdringlich oder unangemessen. Die starken, süßlichen Tannine kommen reif und gezähmt herüber und sind gut eingebunden in eine aktive Säure. Ein langes, opulentes und tanningeprägtes Finish beeindruckt mit der anhaltenden Kirschnote und einem Touch Mineralik ganz im Hintergrund. Der Wein ist komplex und kraftvoll, ordentlich strukturiert und hat eine dichte, weiche Textur. Ein solides Winzerwerk an Finesse und Ausdrucksstärke. Ob Sie ihn allein oder zu zweit in glücklichen Stunden genießen oder Speisen begleiten, immer sollten Sie ihn mindestens eine Stunde zuvor dekantieren. Die Sauerstoffdusche lässt seine Aromen geradezu explodieren. Was die Speisen angeht, so ist er einfach genial zum Lammbraten aus dem Ofen, gerne auch zum Osterfest, das Sie ja mehrmals im Jahr stattfinden lassen können.
2021 Felline Primitivo di Manduria DOP Terra Rossa
Der Wein glänzt im Glas mit seiner dunklen, rubinroten Farbe und violett-schwarzen Reflexen. In der Nase entfalten sich Aromen von reifen Sauerkirschen vom Typ Morellenfeuer, von roten Beerenfrüchten und reifen Zwetschgen, dazu mal süßliche, mal pikante Gewürze. Am Gaumen kommt die Aromatik noch intensiver an, hinzu treten gereifte Töne von blauen und roten Pflaumen, Brombeeren, Heidelbeeren, Kirschen, Backpflaumen, Feigen und mediterrane Gewürze. Es äußern sich auch leise Töne von Schokolade und von feinen vanilligen Holzaromen. Zudem werden wir geschmacklich immer wieder an getrocknete Rosinen erinnert. Im Abgang verbinden sich die Reichhaltigkeit, Fruchtigkeit und Würze mit der runden, leichten Säure und den süßlichen Tanninen zu einer weichen, warmen, raffinierten Textur. Die wohlschmeckende, leicht schmelzige Fruchtsüße erinnert im Finale an Granatäpfel und ist mit dem dezenten Holz und den reifen Tanninen eng verbunden. Die Komplexität des Weins lässt immer wieder neue Aspekte entdecken. Sie können ihn zu jedem guten Anlass kredenzen, der auch im Öffnen einer Flasche bestehen kann – möglichst zwei Stunden vor dem Genuss. Wenn Sie ihn mit einem Essen pairen wollen, dann bieten Sie ihm und sich mindestens ein dry aged Porterhouse Steak vom Grill.
2019 Giravolta Primitivo di Manduria DOP Terra Bianca
Wir haben einen komplexen Wein mit einem fast undurchsichtigen Rubinrot im Glas. Sein betörendes, brillantes Bukett erinnert an reife Weichselkirschen, Zwetschgen und Beerenfrüchte mit Himbeeren, dazu süßliche Nuancen von Vanille und ein Hauch von Mokka und von feinwürzigen und floralen Tönen bis hin zu Eukalyptus. Die Aromatik tummelt sich auch am Gaumen mit kleinen Ergänzungen von Schokolade und Karamell. Im Mund macht der Wein ordentlich Druck mit seiner Kraft und Fülle, ohne aggressiv zu werden. Die saftige Fruchtigkeit mit den pikanten und süßlichen Akzenten wird im langen und intensiven Abgang noch hervorgehoben. Der stronge Alkohol ist fast schon unauffällig und im vollmundigen Geschmack mit der sanften Säure und den seidig-weichen Tanninen kunstvoll verborgen. Der Giravolta ist dicht und elegant, distinguiert und fruchtig gewirkt – ein prächtiger Wein mit Charakter. Machen Sie mit ihm einen schönen Sommer rot. Er begleitet auch gerne ein Lammkebab, einen klassischen Rehrücken oder ein Entrecôte mit einer kräftigen Soße.
2018 Sinfarosa Primitivo Zinfandel DOP Terra Negra
Der Sinfarosa präsentiert sich im Glas schwarzrot in kräftigem Purpur. Im Bukett gebärdet er sich ungemein lebendig mit intensiven, komplexen und süßlichen Aromen von reifen Blaubeeren, Brombeeren, Schwarzkirschen, Pfeffer und Süßholz, aber auch mit Tönen von Tabak und Schokolade. Am Gaumen tritt er mit einem wuchtigen Körper an, der von einer dichten, süßlichen und seidigen Tanninstruktur begleitet wird. Aus dem roten und dunklen Fruchtspektrum stechen die schwarzen Kirschen hervor. Im langen Finale melden sich noch mentholhaltige und balsamische Noten, die eine interessante Frische generieren. Die recht gute Säure verstärkt seine saftige Fruchtkonzentration und Tiefe. Das ist der charaktervolle Tropfen zu einem roughen T-Bone Steak medium rare oder zu einem gutbürgerlichen Rinderschmorbraten.
2018 Dunico Primitivo di Manduria DOP Sabbia
Der Dunico beeindruckt bereits durch ein opulentes, hochkomplexes Bukett mit erstaunlich präsenten sekundären und tertiären Aromen wie Leder, Liebstöckel, Pfeffer, orientalische Würze, getrocknete Feigen, Mandeln, Karamell und feine Toastaromen. Dazu kräftige primäre Fruchtaromen von kandierten Kirschen und dunklen Beeren. Ab und an weht ein Duft von salziger Mineralität herüber. Die offensive Aromatik hat er nicht zuletzt der erfahrenen Hand des Kellermeisters zu verdanken, der offenbar auch Trauben jüngerer Rebstöcke verwendet hat, weil alte Reben sich mit der Bukett-Aromatik stark zurückhalten, denn es war früher anders als heute nicht üblich, Klone auf Aromatik zu züchten. Den Gaumen erreicht ein saftiger, dichter, fülliger Wein mit schmackhaften Impressionen von Kirschen in Alkohol, Schwarzen Johannisbeeren, Brombeeren und dunklen Pflaumen, aber auch von Schokolade und Tabak. Der Wein präsentiert markante süßliche Tannine, die sich mit ordentlicher Säure und modern salziger Mineralik harmonisch vermählen und im langen, fruchtigen und saftigen Abgang die feinen Holzaromen unterstützen. Ein sehr dichter, körperreicher, energiegeladener Wein, der seinen Alkohol geschickt kaschiert. Er liefert schon jetzt eine sensationelle Harmonie zwischen Frucht, Säure, Tanninen und Holz. Ein mächtiger, moderner Primitivo, der als ein Grand Cru durchgeht. Er ist hochkomplex und von brillanter Eleganz. Er wird jeden Vinophilen noch in acht bis zehn Jahren begeistern, dann erst recht. Wer nicht so lange warten will oder kann, sollte ihn zwei Stunden vorher öffnen, auf 14° bis 16° C kühlen und dann als Solisten genießen. Er wird aber auch einen Hauptgang mit einer Hirschkeule in Wacholderbeersoße an Preiselbeeren zur unvergleichlichen Erinnerung machen.
04.08.2023
Fotos: © Agricola Felline