An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Weingut Lisa Bunn in Rheinhessen: Eine neue Generation mit Jugendlichkeit, Lebensfreude und sensationellem Erfolg
Das Weingut Lisa Bunn befindet sich in Nierstein südlich von Mainz, fast am Ufer des Rheins, der hier in der Strommitte die Grenze zu Hessen bildet. Wir sind aber in Rheinland-Pfalz, weinmäßig im Bereich Nierstein im Anbaugebiet Rheinhessen. Der Weinkeller des Weinguts ist nach Guntersblum ausgegliedert, knapp 15 Minuten entfernt. Ein zweiter Weinkeller wird derzeit in Wintersheim gebaut. Nierstein mit seinen elf Großlagen galt einst als sprudelnde Quelle süßer Massenweine, wo im Wesentlichen nur einige VDP-Weingüter ernsthaft Qualitätsweine aus Spitzenlagen machten. Das hat sich seit rund zehn Jahren durch den Generationswechsel auf vielen Familienweingütern erfolgreich geändert. Lisa Bunn hat dazu ganz wesentlich beigetragen.
Die heute 33jährige Lisa Bunn wuchs auf dem elterlichen Weingut Margarethenhof auf. Der Anfang des letzten Jahrhunderts gegründete, 10 Hektar große Betrieb war nach Lisas Urgroßmutter benannt und wurde von Lisas Eltern Georg und Eva Bunn geführt. Lisa schnupperte nach dem Abi zunächst in einer Steuerkanzlei, in einem Kindergarten und in der Gastronomie herum. Dann wandte sie sich zur Erleichterung ihrer Eltern doch noch dem Weinbau zu und begann 2006 die Ausbildung an der Hochschule in Geisenheim. Sie absolvierte Praktika bei Dreissigacker in Bechtheim, bei Georg Gustav Huff in Schwabsburg, im Wein-, Sekt- und Bodenlabor Ruzycki in Hahnheim und auf den Weingütern Springfontein in Südafrika und Robert Stein im australischen Mudgee district von New South Wales. Gleichsam nebenbei vertrat sie 2008/2009 das Anbaugebiet Rheinhessen als Gebietsweinkönigin. Nach dem Abschluss des Studiums der Internationalen Weinwirtschaft 2011 musste Lisa Bunn schon bald die Regie im elterlichen Keller übernehmen, denn Vater Georg war aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, sich aus dem Betrieb zurückzuziehen. Schon zwei Jahre später übernahm Lisa den gesamten Betrieb in vierter Generation. Er wurde bald in Weingut Lisa Bunn umbenannt, schon um sich endlich von den vielen anderen Margarethenhöfen in den deutschen Anbaugebieten zu unterscheiden.
Bastian hatte gemeinsam mit seinen Eltern 17 Hektar Fläche im rheinhessischen Hügelland von Alzey bis fast an den Rhein nach Alsheim bewirtschaftet. In der Lehre hatte er bei den Weingütern Hauck und Philipp Kuhn gelernt, anschließend die Ausbildung als Weinbautechniker in Bad-Kreuznach absolviert und war im Sommer 2010 ins elterliche Weingut eingestiegen. Vater Reimund und Mutter Ingrid hatten das Weingut Strebel aufgebaut und es zuletzt zusammen mit Oma Erna und Opa Heinz und Bastians Schwestern Svenja und Annika geführt, die 2011 zur 63. Deutschen Weinkönigin gekürt worden war und später in das Weingut Weigel in Württemberg einheiratete. Lisa Bunn-Strebel und Bastian legten schließlich ihre Weingüter zusammen und gründeten gemeinsam das Weingut Lisa Bunn ganz förmlich als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts. Die Eltern der beiden arbeiten weiterhin unterstützend mit. Gemeinsam fungieren Lisa und Bastian als Kellermeister(in) und managen die Weinberge, dazu behält Lisa ihre beiden Jungs, das Marketing und den Vertrieb im Blick. Sie liebt es, das Familienweingut und die Weine auf Messen, Verkostungen und Veranstaltungen zu präsentieren und den Kontakt zur Weinwelt aufrecht zu erhalten.
Dass Lisas Weg nicht laut und krachend verlief, sondern sie ihre Vorstellungen mit unendlicher Geduld und solider Kompetenz lancierte, trug ihr nicht nur gleich nach dem Studium die Verantwortung im elterlichen Weingut ein, sondern auch den Respekt der rheinhessischen Winzergilde. All dem männlichen Lächeln um sie herum trotzte sie mit jugendlicher Leidenschaft, kluger Toleranz und grenzenlosem Optimismus. Das skeptisch-höfliche Lächeln verging den männlichen Grinsern dann endgültig aufgrund der sensationellen Erfolge, die Lisa für ihre Weine verbuchen konnte. Wo gestandene Winzer sich seit Jahren abrackerten, um mit Punkten, Sternen oder Gläsern auffällig zu werden, schaffte es Lisa Bunn-Strebel in ganz wenigen Jahren mit ihren Weinen in der Oberliga des Weinanbaugebiets Rheinhessen anzukommen.
Es hatte etwas von – ich kam, ich sah, ich siegte, denn in ihrer Beziehung zum Wein, die im elterlichen Weingut angelegt worden war, offenbarte sie sich als Naturtalent. Dynamisch und kreativ verband sie die heimatlichen Traditionen mit modernen Interpretationen des Terroirs, wandte sich der Natur zu und ließ im Keller ganz neue Stilistiken entstehen, die auch vor finessenreicher Wuchtigkeit nicht zurückschreckten. Lisa wurde schnell zum Gesicht einer neuen Generation von Winzerinnen und Winzern, die mit den neuesten Erkenntnissen aus ihrer Ausbildung und Erfahrungen von Praktika in aller Welt sämtliche „das haben wir schon immer so gemacht“-Usancen auf den Prüfstand stellte und dem Weinbau eine zeitgemäße Richtung gab. Dabei gehörte sie ebenso wie Ehemann Bastian zu den Glücklichen, deren Eltern dem Generationswechsel aufgeschlossen gegenüber standen und ihn sogar durch die Hofübergabe förderten.
Das Weingut Lisa Bunn bewirtschaftet heute rund 21 Hektar Rebfläche. Durch den Zusammenschluss der beiden elterlichen Weingüter verfügt der Betrieb über ganz unterschiedliche, zum Teil weit auseinander liegende Weinberge. Um Nierstein herum sind es an den steilen Hängen des Roten Hangs die Einzellagen Ölberg, Hipping, Orbel und Schloss Schwabsburg; weitere Weinberge befinden sich in Wintersheim (Fraugarten), Dienheim (Tafelstein) und Guntersblum (Himmelthal).
Roter Hang
Bei Bodenheim bis nach Mettenheim im Süden öffnen sich die Rheinterrassen, wie die vor 280 Millionen Jahren durch den Einbruch des Rheingrabens entstandenen steilen Hängen am linken Rheinufer genannt werden. Der berühmteste Abschnitt ist der Rote Hang, der sich nach Süden bis Nierstein erstreckt. Hier tritt auf einer Länge von rund fünf Kilometern das „Rotliegende“ als rotes Band an die Erdoberfläche, ein poröses und wärmespeicherndes Urgestein aus eisenhaltigem Tonschiefer und verwittertem Sandstein. Es speichert die Wärme des Tages, während die Nachtwinde aus den Seitentälern einen kühlenden Effekt auf die Rebstöcke haben. Zusammen mit der die Sonne reflektierenden Wasserfläche des hier teilweise sehr breiten Rheins und den vielen Wasseradern entsteht ein einzigartiges Mikroklima mit ganz unterschiedlichen Auswirkungen in den einzelnen Lagen. Die Gesamtfläche der Weinberge von rund 180 Hektar weist teilweise extreme Steillagen auf, die überwiegend nach Süden ausgerichtet sind und denen die nach Osten offene Rheinebene stets frische Feuchte bringt. Die Weine aus dieser einzigartigen geologischen Region der Erde zeichnen sich häufig durch finessenreiche Frucht, Saftigkeit, Opulenz und eine vibrierende, milde Säure aus.
Angebaut werden im Weingut Lisa Bunn die weißen Sorten Riesling Scheurebe, Sauvignon Blanc, Silvaner, Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay, Müller-Thurgau, Gewürztraminer und Huxelrebe und die roten Sorten Spätburgunder, St. Laurent, Dornfelder und Merlot. Die Weine werden in den Linien Gutsweine, Ortsweine, Lagenweine und Reserve vermarktet, obendrein wird ein Sekt angeboten. Alljährlich werden etwa 100.000 Flaschen abgefüllt. Neben den wiederholt hohen Bewertungen der Weine in den Fachmedien ist hervorzuheben, dass Lisa von der Fachzeitschrift Selection 2016 zu Deutschlands bester Jungwinzerin gewählt wurde und 2019 den Platz 2 bei der Kür von Deutschlands Winzerin des Jahres belegte. In den aktuellen Ausgaben der Weinguides rangiert das Weingut Lisa Bunn im Falstaff Magazin und im Eichelmann mit jeweils mit drei Sternen und im Gault Millaut mit drei Trauben.
Wir konnten neun Weine vom Weingut Lisa Bunn verkosten.
2019 Sauvignon Blanc trocken
Aus dem Glas sendet der Sauvignon Blanc sortentypische Aromen aus zwei Welten – klassische Stachelbeeren und frisches Blattgrün aus der grünen Welt und Aprikosen und Mirabellen aus der gelben, alles mit einer kleinen pikanten Abrundung und einem Hauch von Coolness. Auch geschmacklich bleibt diese interessante Ambivalenz erhalten. Dazu kommen Zitrusnoten, einige grüne Paprikas, ein Touch von Holunder und weißem Pfeffer. Die ganze grüne Aufregung wird umrahmt und beruhigt durch herrliche Aromen von Papayas und Mangos. Die lebendige Säure wirbelt die Aromenvielfalt auch im geschmeidigen Abgang noch kräftig und herb-spritzig herum. Ein saftig-fruchtiger Frischling mit einer schlanken, kernigen Struktur. Servieren Sie ihn ganz klassisch zu einer Meeresfrüchte-Pasta oder als kleine Apéro-Überraschung mit einem Ziegenkäse-Dip.
2019 Sauvignon Blanc Fumé trocken
Dementsprechend wurde der Sauvignon Blanc Fumé aus Lisa Bunns Reserve-Linie in vorbelegten 500-Liter-Tonneaux-Fässern aus französischer Eiche vergoren. Die Trauben kamen von den drei Jahre alten Rebanlagen bei Guntersblum und wurden im Keller von der Anlieferung über den 24stündigen Maischestand bis zur Abpressung so weit wie möglich vom Sauerstoff abgeschirmt.
Der 2019 Sauvignon Blanc Fumé trocken ist ein echter Duftschmeichler – man bemerkt sofort, dass man eine Bukettrebsorte im Glas hat. Es ist aber kein Sturm und Drang Sauvignon, vielmehr offeriert er fein nuanciert, distinguiert sozusagen, die Düfte von vielfältigen gelben und weißen Früchten, vegetabilen und floralen Spuren, etlichen Kräutern und einigen Nüssen während im Hintergrund eine leicht rauchige Eichennote mit Vanille schwebt. Es erstaunt, mit welchem handwerklichen Geschick es gelungen ist, trotz des Holzausbaus dem Bukett diesen leicht reduktiven Rahmen mit feinen mineralischen Anklängen zu geben. Auch am Gaumen drängt sich der Holzfassaufenthalt nicht unangemessen auf, sondern sorgt backstage für eine seidige, extraktreiche Auskleidung und füllige Ausdrucksstärke. Immerhin hat der gut austarierte Holzeinsatz der Oxidation für den Geschmack insoweit Raum gelassen, als die Primäraromen vorsichtig zurückgenommen sind zugunsten einer komplexen Stabilität, die enormes Potential bringt. Gleichwohl ist dieser Wein ein rechter Leichtfuß, schlank und herb mit kühler Saftigkeit, aber eben voller geheimnisvoller Komplexität. Alles kommt leise und trocken daher, die Grüntöne mit Stachelbeeren, Birnen und Mangos, die leichten Hefespuren, die feine aber griffige Säure, die weißblütige Pflanzenfrische und die kühle, gebündelte Mineralik. Eine einzigartige Stilistik mit Cool Climate Charakter und ausdrucksstarker Finesse. Der Sauvignon Blanc Fumé begleitet perfekt Rotgarnelen vom Grill oder einen echten Caesars Salad – er ist auch immer eine spannende Entdeckung im guten Gespräch.
2017 Chardonnay Dienheimer Tafelstein Réserve trocken
2019 Nierstein Riesling vom Rotliegenden, trocken
Dieser Riesling ist ein Ortswein vom Roten Hang, dessen Trauben aus der Vorlese in den Lagen Orbel, Hipping, Oelberg und Schloss Schwabsburg stammen. Sie wurden 24 Stunden eingemaischt, dann im Edelstahl spontan vergoren; der Wein reifte bis Mai 2018 auf der Vollhefe.
Aus dem Glas klettern zwar sortentypische Zitrusdüfte und auch einige Pfirsich-Aprikose-Aromen mit einem Hauch Cassis, aber vor allem bringt dieser Riesling vom Roten Hang intensive kühl-mineralische, würzig-kräutrige und floral-pflanzliche Ausprägungen mit. Das nimmt geradezu mediterrane Zügen an mit Thymian, Salbei und Rosmarin, bekommt aber auch einen Touch Feuerstein ab. Im Mund bewegt er eine leckere Mineralität, die von Limetten, Wildkräutern, grünen Äpfeln und von zarten Phenolen begleitet wird. Die Säure ist quicklebendig und generiert eine druckvolle Saftigkeit, die einen langen, herrlich schmelzigen und strammen Abgang unterstützt. Auch wenn es banal erscheint, aber irgendwann entdeckt man einmal einen perfekten Riesling zum Sushi und das ist der 2019 Nierstein Riesling vom Rotliegenden.
2018 Riesling Niersteiner Orbel trocken
Der Orbel-Riesling von 29 Jahre alten Rebstöcken ist 2018 in einem extremen Jahrhundertsommer geboren. Die Auswirkung der vielen und langen Hitze- und Trockenperioden konnte selbst durch das besondere Nachtklima nicht komplett ausgeglichen werden, so dass die notwendigerweise frühe Ernte deutlich geringere Erträge brachte. Auch der Orbel-Riesling entstand mit Maischestandzeit, Spontangärung im Edelstahl und Vollhefelager bis August 2019 mit anschließender einjähriger Flaschenruhe.
Der Wein signalisiert seine Herkunft mit einer exklusiven Duftigkeit von Kumquatfrüchten, also süß-herb zwischen Zitrus und Orange. Dazu kommt eine typische Aromatik von weißen Pfirsichen, frühreifen Klaräpfeln plus Nuancen von Wildkräutern und Gewürzen wie Koriander und Muskat, nicht zu vergessen die feine Mineralik. Schon im Antrunk fällt die markante steinige Mineralität auf, die tatsächlich einen rotschiefrigen Charakter schmecken lässt, der sich deutlich von Blau- und Grauschiefer-Weinen unterscheidet. Die fast komplexe Fruchtigkeit ist auch hier leicht zurückgenommen zugunsten würziger, vegetabiler und floraler Anklänge mit einem interessanten Gerbstoff-Touch. Die kristallklare, angenehme Orbel-Säure verpasst dem Wein Frische und Saftigkeit, auch im langen herb-griffigen, gleichwohl cremigen Abgang. Ein dicht und trocken strukturierter, in sich stimmiger und eleganter Riesling. Selbst im extremen Jahrgang 2018 kommt noch der Cool Climate-Charakter gut zur Geltung und gibt dem Gesamteindruck einen ausgeprägt burgundischen Zug, den nicht einmal beste Rheingau-Rieslinge schaffen, wenn sie es wollten. Das ist ein Wein, der zu vielen Gelegenheiten strahlen kann und jeden Tisch zur Tafel werden lässt.
2018 Hipping Riesling Nierstein trocken
Das Bukett entfaltet sich langsam und kühl und mit einer beindruckenden Komposition aus mediterranen Gewürzen, einer mal süßlich-exotischen, mal herben Fruchtigkeit, weißen Blüten und einer feinsteinigen Mineralik. Unter den Früchten sind gelbe Pfirsiche, reife Aprikosen, Rote Grapefruit, aber auch Honigmelone und überreife Ananas. Die Zunge wird von einer professionell ausbalancierten Harmonie von Säure und einer modern salzigen Mineralik umspielt. Einige Hefenoten, feine Phenole, eine leichte Erdigkeit und eine kernige Würze mit einem Hauch von Kurkuma eskortieren den langen, griffigen, cremigen und mineralischen Abgang. Ein großer Wein voller Spannung, Kraft und Eleganz, trocken und saftig, zupackend und wuchtig, ohne in plumpe Schwere abzuknicken. Ein Wein, der in der Seele hängen bleibt und den man immer noch einmal genießen möchte. Das kann er noch mindestens fünf Jahre lang bieten.
2017 Wintersheim Spätburgunder
Im Glas präsentiert sich der 2017 Wintersheim Spätburgunder mit einem breit gefächerten, feinmaschigen, im Kern würzigen Duft von Schwarzen und Roten Johannisbeeren sowie Erdbeeren und Kirschen, dazu etwas tabakige Würze und ein Hauch von Zeder und Vanille aus den Barriques. Am Gaumen imponiert sogleich die dichte, energische Herbfruchtigkeit neben der zarten Tanninstruktur, der präsenten feinen Säure und den passgenauen Holzaromen mit den leicht rauchigen Spuren. Auch im Finish bleibt dieses geschmackliche Ensemble noch lange erhalten. Ein konzentrierter, dichter, gut ausgeglichener und eleganter Spätburgunder auf hohem Qualitätsniveau. Er dürfte sich besonders wohlfühlen zu scharf angebratenen Lammlachsen mit einer würzigen Soße.
2018 Pinot Noir trocken im Barrique gereift
Das ist die Powerversion aus Lisa Bunn-Strebels Spätburgunder Sortiment, komplex, energisch und voller Volumen. Die typische Zerbrechlichkeit des Spätburgunders rückt in weite Ferne. Er baut von Anfang an Spannung auf mit seiner Vollmundigkeit. Das Bukett strotzt von Kirsch- und Brombeerlüftchen, Schwarzen Johannisbeeren, Heidelbeeren und Himbeeren. Dabei ist er immer für einen Nachhall von Zedernholz und Tabak mit einer winzigen Schokospur zu haben. Wir lassen den Wein vorsichtig über die Zunge fließen und erleben eine kühle Fruchtigkeit, untermalt von feinen, leicht zedrigen Röstaromen, einigen getrockneten Kräutern und einem Hauch Mokka und Tabak. Mit reifen, feinkörnigen Tanninen und einer gut abgepufferten Säure geht der Wein in einen langen saftigen Abgang, der von einer kleinen leicht salzigen Mineralität, einigen Gewürzen, feinen Röstnuancen und vor allem einem wunderbar zärtlichen Schmelz begleitet wird. Nichts für schwache Gaumen, aber ein muskulöser Intellektueller, der eine harmonische Struktur und Finesse verkündet, die sich mit jedem Schluck mehr erschließt. Er begleitet gerne einen Rheinischen Sauerbraten mit einer Soße wie von anno dunnemals.
2016 Merlot Réserve
Im Glas gefällt der Merlot mit seinem dunklen, dichten Purpurrot mit violetten Rändern. In der Nase entwickelt er mit zunehmender Belüftung starke Aromen von würzig unterlegten schwarzen Beeren, reifen Zwetschgen, Wacholder, herb-süßlichen getrockneten Kräutern und etwas weiter weg auch von schwarzen Kirschnuancen mit nussigen Anwandlungen. Ab und an schweben feine Holznoten herum. Der Wein schmeckt nach roten wie schwarzen Waldbeeren und Cassis, dazu kommen verhalten vegetabile Töne, vanillige Röstaromen, eine winzige Prise Pfeffer und der vom Bukett schon bekannte Zug von Würze. Als Überraschungsgast schaut ein Stück Zartbitterschokolade vorbei. Dieser Merlot bietet eine dezente Säure, eine eher introvertierte mineralische Andeutung, einen geschliffenen aber samtigen Tanninkern und ein straffes Finish. Er imponiert mit einem bewundernswert vollmundigen Stil, mit dem er der rheinhessischen Weißwein-Mehrheit gerne mal die rote Karte zeigen möchte. Verwöhnen Sie sich und diesen Merlot mit einer Rehkeule in einer kräftigen Fleischsoße und selbstgemachten Kartoffelklößen. Und nicht vergessen, ihn drei bis vier Stunden zuvor zu öffnen.
16.02.2021
Fotos: © Weingut Lisa Bunn