An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Weingut Axel Bauer in Baden: das Start-up mit charakterstarken Weinen aus der Ortenau
Eigentlich könnte man sagen, dass Baden und der Bereich Ortenau schon immer eine Region der Wein-Start-ups waren. Das begann mit Karl dem Dicken, der 864 die ersten Spätburgunderreben nach Deutschland brachte. Am heftigsten wurde die liebe Tante Ortenau aber nicht durch die Eröffnung der ersten Postkutschenlinie 1760 aus ihrem konstant biederen Schlaf gerissen, sondern von einem Unternehmen, das gerade dabei ist, den guten Ruf des badischen Weins von der beschaulichen Ortenau hinaus zu den Weinhändlern und in die Weinführer der Welt zu tragen: das Weingut Axel Bauer.
Das Weingut Axel Bauer ist ein modernes, strategisch cool kalkuliertes Start-Up. Familie Bauer war zwar schon lange im Weinbau tätig und hat der badischen Tradition gemäß fleißig der Winzergenossenschaft zugeliefert. Doch dann übernahm 2012 Axel Bauer den Weinbau von seinem Vater und entschloss sich trotz seines Hauptberufs in der Werbebranche in eigenem Namen Wein zu produzieren. Da er als Quereinsteiger weder einen eigenen Keller noch ein richtiges Weingut hatte, produzierte er im kleinen lokalen Weingut Jacob Duijn, dass er 2015 übernehmen konnte und als Weingut Axel Bauer weiterführte. 2019 stieß dann Torsten Klein als Kellermeister dazu. Der kam mit einem Diplom in Weinbau und Önologie von der Fachhochschule Geisenheim und brachte Erfahrungen, Ideen und Anregungen mit von seinen Praktika auf den Weingütern Meyer-Näkel an der Ahr, Schlossgut Diel an der Nahe, Dr. Bürklin-Wolf in der Pfalz und Schloss Halbturn im Weinbaugebiet Neusiedlersee im Burgenland. Gemeinsam konzipierten sie als Weinmaker ihre großen strategischen und programmatischen Linien für das Unternehmen Weinbau, das sie mit hohen Ansprüchen und großem Enthusiasmus anschoben.
Beim Aufbau seines Start-ups machte sich Axel Bauer nicht nur Gedanken um Weinberge und Keller, sondern, wie es sich für einen modernen Betrieb gehört, auch um Marketing, Flaschenausstattung und ein Branddesign. Das ist der Hirsch geworden, dem Axel Bauers Hündin im Weinberg begegnet ist und der im Februar dieses Jahres als Figurative Trademark in das Register des European Union Intellectual Property Office eingetragen wurde und als Logo alle Etiketten ziert.
Zur Zeit bewirtschaftet das Weingut Axel Bauer 29 Hektar Rebfläche mit den Hauptlagen Sternenberg in Altschweier und Engelsfelsen im Bühlertal, aber auch Parzellen nördlich bei Sinzheim und südlich bei Waldmatt und Neusatz. In den Weinbergen stehen teilweise über 40 Jahre alte Rebstöcke, überwiegend in krassen, von kühlen Schwarzwaldwinden umtosten Steillagen mit bis zu wahnsinnigen 75° Hangneigung. In die Steillagen des Sternenbergs hat Axel Bauer übrigens im Mai erfolgreich Terrassen einziehen lassen, um eine leichtere Bearbeitung zu ermöglichen und die Bodenerosion zu verringern. Die von Westen bis überwiegend nach Südosten ausgerichteten Weinberge im Engelsfelsen liegen in einer der steilsten Weinlagen Europas mit großen Tag-Nacht-Temperaturschwankungen.
Die Ortenau gilt zwar als eine der Heimatregionen des Rieslings, der hier Klingelberger genannt wird. Sie ist aber auch als Burgunderland bekannt. Bei Axel Bauer wachsen je zur Hälfte weiße und rote Sorten in einer Vielfalt, wie es im Badischen nicht selbstverständlich ist. Bei den weißen Sorten sind es Weißburgunder, Grauburgunder, Sauvignon Blanc, Chardonnay, Riesling und Goldmuskateller, bei den roten Sorten Pinot Noir, Merlot und Cabernet Sauvignon. Darüber hinaus schreckt er aber auch vor solchen internationalen Rebsorten wie Viognier, Syrah, Malbec, Grenache, Chenin Blanc und Tempranillo nicht zurück, die in deutschen Anbaugebieten noch heftig diskutierte Exoten sind, im Grunde aber eine folgerichtige Anpassung an die Klimaveränderung. Sie sollen vor allem die Cuvées im Stil französischer Grand Crus bereichern. Die Weine des Weinguts Axel Bauer sind in die Linien Handwerk, Meisterstück und Grand Vin eingestellt, daneben gibt es in der Linie Blacklist Neuentwicklungen und Abenteuer wie Orange Wine. Unkonventionelle Entdeckungen kann man in allen Linien finden und seien es nur die Weine mit Restzuckergehalt Null.
Im Keller wird grundsätzlich ohne Vorklärung mit wilden Hefen spontan vergoren und zur weiteren Klärung vorwiegend auf die Ausfällung der Sedimente gesetzt. Gerne und erfolgreich werden großes Holz oder neue und vorbelegte Barriques, aber auch das Betonei eingesetzt. Sogar einige Weißweine werden komplett im Holz ausgebaut und liegen schon mal 12 Monate auf der Hefe. Auf eine Maischegärung wird bei Weißweinen dagegen eher verzichtet, um die Eindrücke vom Terroir nicht zu stark zu beinträchtigen. Die meisten Weine absolvieren im Holz die malolaktische Gärung. Abgefüllt wird möglichst ohne Schönung und seit einem Jahr auch zunehmend unfiltriert. Prinzipiell lässt man den Weinen alle Zeit, die sie brauchen, um sich selbst zu verwirklichen und ihren Lebenslauf geschmacklich abzubilden.
Axel Bauer setzt konsequent auf nachhaltigen Weinbau nach den Richtlinien des Verbandes FAIR’N GREEN, der Produktion und Absatz der Weine zertifiziert. Bei FAIR’N GREEN werden alle Aspekte eines Betriebes, also auch soziale wie Bezahlung der Erntehelfer oder Gewicht der zu schleppenden Flaschen berücksichtigt, autarke alternative Stromquellen verlangt, CO2-Werte problematisiert und auf Fortbildung des Personals geachtet. Axel Bauer gehört des Weiteren zu den MOD-Winzern, die als New Age Weinmacher unter der Bezeichnung Modern eine eigene, umfassende Vermarktungsschiene gegründet haben.
Wenn Sie jetzt auf den Geschmack gekommen sind, Zeit und Lust haben und Corona es gestattet, können Sie schon mal Save the Date machen: Am Samstag, dem 13. August 2022, steigt im Weingut Axel Bauer das tafelvine Sommerevent 2022 mit einem 7-Gänge-Menü und den passenden Weinen, persönlich begleitet von Axel Bauer, seinem Team und deren Familien.
Wir konnten sechs Weine des Weinguts Axel Bauer verkosten.
2020 Weißer Burgunder Badischer Landwein trocken "Handwerk"
Schon die zarte Duftigkeit lässt einen gefälligen, feinfruchtigen Weißburgunder erwarten. Weiße Pfirsiche drängeln sich zuerst sanft, dann kernig vor, Nuancen von Passionsfrucht, Äpfeln und Honigmelone kommen hinzu. Die Aromenfrüchte breiten sich sanft über die Zunge aus und füllen den Mund mit einer animierenden, fruchtigen, leicht süßlichen Saftigkeit und einem winzigen Hauch von Gerbstoffen. Die stabile Säure, die nicht jeder badische Weißburgunder für sich in Anspruch nehmen kann, ist gut integriert und begleitet einen nachhaltigen, leicht mineralischen, sogar etwas würzigen Abgang. Ein universeller, nicht so knochentrockener und daher sehr trinkfreudiger Weißburgunder, der Kraft ausstrahlt, ohne üppig zu wirken. Reichen Sie ihn zu einem gedämpften Zander an Frühlingsgemüse.
2019 Sauvignon Blanc Badischer Landwein trocken "Meisterstück"
Die Linie Meisterstück deutet auf Vorzeigeweine hin, mit denen man sich bei jeder Weinchallenge sehen lassen kann – wie bei der Meisterprüfung eben. Natürlich fällt es auf, wenn ein Meisterstück als Landwein unterhalb der Kategorie QbA (Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete) eingestuft ist. Beim Landwein handelt es sich ganz allgemein um einen gebietstypischen Wein mit geschützter geografischer Ursprungsbezeichnung, der sehr weiten Produktspezifikationen unterliegt. Allerdings vermarkten viele Winzer gerade in Baden auch hochwertige Weine als Landwein, was die Supertuscan-Winzer mit ihren IGTs vorgemacht haben. Die Landwein-Winzer wollen für ihre Weine nämlich individuelle Kreativität entfalten jenseits der engen Vorschriften für QbAs und abseits des Mainstreams.
Die Trauben für diesen Sauvignon Blanc wurden Anfang bis Mitte September 2019 gelesen und teilweise mitsamt Stielen und Stengeln abgepresst, um mehr Säure, Frische und Frucht zu erhalten und weniger Bitterstoffe aus den sonst angemahlenen Kernen, wenngleich auch durch eine noch so schonende Ganztraubenpressung Extrakt und Alkoholgehalt manchmal geringer ausfallen können. Jedenfalls erhält man einen reintönigeren Most, der den Verzicht auf Klärmittel erleichtert. Der Most gärte spontan in neuen und gebrauchten Eichen-Tonneaux aus dem französischen Département Cher an der Loire und lag bis Mitte 2020 auf der Vollhefe.
Er öffnet sich im Glas nicht angeberisch und lärmend wie viele weiße Sauvignons, sondern offeriert seine Aromen vorsichtig nuanciert und beschränkt sich dabei keineswegs nur auf Primärfruchtnoten. Zarte Töne von weißen Blüten, gelben Birnen, Grapefruit und Aprikosen schweben aus dem Glas, abgerundet mit einigen Röstnoten. Dazu kommen deutliche Anklänge von leicht rauchiger Mineralität. Auch geschmacklich gibt eine schöne und interessante mineralische Struktur gemeinsam mit der lebendigen Säure der saftigen Fruchtigkeit einen filigranen Rahmen, ohne die üblichen Ausflüge ins Tropenhaus. Im langen Finale erhöhen eine Touch von Wiesenkräutern und Paprika und ein Hauch von Gerbstoffen die Spannung weiter. Ein Sauvignon Blanc, der sich mal nicht in die vorbereiteten Schubladen von rein gelb oder rein grün packen lässt und obendrein noch mit einer feinen Eleganz besticht. Er passt hervorragend zu einer Vorspeise mit Jakobsmuscheln oder zu einem Hauptgang mit Truthahn.
2019 Weißer Burgunder Badischer Landwein trocken "Grand Vin"
Sowohl im Bukett als auch im Geschmack tritt er nicht wie ein heißsporniger Südwest-Wein auf, sondern eher etwas cool-climate-mäßig. Er zeigt dezente Duftnoten von reifen Birnen, Mirabellen und jungen Aprikosen, hin und wieder kommen sanfte Anklänge von Ananas und Zitrus hinzu. Der sortentypische nussige Rahmen unterdrückt weder die angemessen schüchternen Röstaromen noch stört er den kühlen Eindruck. Im Mund verteilt sich die helle Fruchtigkeit vornehm zurückhaltend und wird von feinen vegetabilen, floralen und nussigen Noten gestützt. Die leicht salzige Mineralik und die erfrischende Säure umrahmen das nachhaltige Finish mit einer schönen Tiefe. Ein ungekünstelter Weißburgunder mit fester Struktur und leicht herber Saftigkeit, der wie alle großen Weine noch eine spannende Zukunft vor sich hat. Schon jetzt können Sie ihn mindestens zu einem auf der Haut angebratenen Wolfsbarsch reichen oder ganz mutig zu einem zarten Gericht von Perlhuhn oder Fasan.
Obwohl dieser Wein in die Basis-Linie Handwerk eingestellt ist, erfolgte der Ausbau sehr aufwendig. Die Trauben wurden in offenen Holzcuves auf der Maische vergoren. Ganz im Stil von Burgund erfolgte die élevage, also der weitere Ausbau und die Reifung, in vorbelegten burgundischen Pièce-Fässern, die 228 Liter fassen, während ein klassisches Bordeaux-Barrique 225 Liter hat.
Schon in der Nase präsentiert sich der Pinot Noir herrlich kirschig und üppig beerig. Das Holz macht sich mit einigen zurückhaltenden vanilligen Röstaromen bemerkbar. Über die Zunge fließt er locker und herzhaft und hinterlässt mit seiner Saftigkeit ein schönes, dichtes Pinot-Mundgefühl mit Kirsche, Brombeere und Heidelbeere. Die aktive Säure passt gut zur Vollmundigkeit und dem durchtrainierten Körper. Im Abgang lassen die noch jugendlichen Tannine grüßen, ohne aggressiv zu werden. Ein sehr harmonischer Pinot, der als badischer Gutswein kommt und mit burgundischen Erinnerungen geht. Obwohl er nicht betont reduktiv ausgebaut sein dürfte, steigert er sich mit andauernder Belüftung, so dass es sich lohnt, ihn ein bis zwei Stunden vor dem Genuss in der Karaffe zu beatmen. Gönnen Sie sich und dem Wein ein Filet aus der Rehkeule, abgeschmeckt mit vielen Kräutern.
2019 Pinot Noir Badischer Landwein trocken "Alte Reben"
Im Bukett bietet sich dieser Pinot Noir mit klassischen Pinot-Aromen von reifen Schwarzkirschen, Roten Johannisbeeren, dunklen Brombeeren und Erdbeeren an, ein Hauch Rauchigkeit eilt hinterher. Bereits mit dem ersten Schluck ist eine explosive, reife, herbe Fruchtigkeit von dunklen Beeren und Kirschen verbunden, die von einer würzigen, zart rauchigen, sanft salzigen Mineralik und einer lebendigen Säure aufgepeppt wird –straff, dicht und gut austariert. Die schmackhaften, moderat zarten Holztöne zeigen einen vanilligen Hintergrund, die markanten Tannine begleiten einen kompakten, langen Abgang. Das ist ein körperreicher, alkoholstarker Spätburgunder ohne Restzucker, der bewusst und wahrnehmbar an den französischen Pinot-Stil vom Corton-Hügel angelehnt ist und dessen wunderbare, tiefe Struktur mit einem konzentrierten Extrakt zu eindrucksvoller Komplexität und Eleganz führt. Wenn es so richtig schön extravagant mal ein Pinot Noir zum Gänsebraten mit Rotkohl und selbstgemachten Klößen sein soll, dann dieser.
2019 Premiere Cuvée Badischer Landwein trocken "Premier Vin"
Das Bukett ist ungemein lebendig und konzentriert: schwarze Johannisbeeren, echte Heidelbeeren, Brombeeren, Schwarzkirschen und vielschichtige Nuancen von Kräutern. Die Nase bekommt sogleich einen markanten Eindruck von der Mächtigkeit dieses Wein. Im Mund wird der süßliche Schmelz des Merlots von den kräftigen, reifen Tanninen des Cabernet Sauvignon gebändigt. Der Cab hat auch für das gut strukturierte Tanningerüst gesorgt, was zur berühmte Langlebigkeit animiert. Mit Zeit und Geduld wird der sehr komplexe und körperreiche Wein noch über viele Jahre interessante Geschmackserlebnisse bieten. Die kann man aber schon jetzt genießen. Am Gaumen kommen zu den Aromafrüchten noch Wacholder- und Holunderbeeren, getrocknete Pflaumen und eine Anmutung von Mokka und etwas Schokolade hinzu. Die Säure hat den nötigen Grip, die geschliffenen Tannine packen zu, die zarte Mineralität meldet sich ausdrücklich im Finish. Eine Restsüße braucht es nicht angesichts der feinen Süßlichkeit vom Holz sowieso nicht. Alles hat starke, dichte Konturen und ist ordentlich ausbalanciert. Verwöhnen Sie sich und den Wein mit einer Lammkeule aus dem Rohr oder mit einem pikanten Rindsgulasch an Paprika.
08.12.2021
Fotos © Agentur Weinstein&Fischgräte/
Weingut Axel Bauer