An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Wein- und Sektgut Steininger aus dem Kamptal in Niederösterreich: Sekt als edelste Form des Weins
Das Weingut Steininger bewirtschaftet 55 Hektar Rebfläche mit Parzellen in den Rieden Kittmannsberg, Lamm, Steinhaus, Heiligenstein, Panzaun, Spiegel, Koglberg und Seeberg. Die Weingärten sind überwiegend mit Grünem Veltliner und Riesling, aber auch mit Chardonnay, Weißburgunder, Sauvignon Blanc, Traminer und Muskateller sowie den Rotweinsorten Zweigelt, Blauburgunder und Cabernet Sauvignon bestockt.
Derzeit bietet das Wein- und Sektgut siebzehn verschiedene Sekte an, alle ausschließlich nach der traditionellen Flaschengärmethode hergestellt. Bis auf die Burgunder-Cuvée aus Chardonnay, Weißburgunder und Blauburgunder sind alle übrigen Sekte sorten- und jahrgangsrein: von den fruchtbetonten Sauvignon Blanc, Traminer und Muskateller, den beliebten Grünen Veltliner und Riesling, den roten Sorten Cabernet Sauvignon, Pinot Noir und Zweigelt über die Elementaren bis zu den Spitzensekten Grüner Veltliner, Riesling und Weißburgunder aus den Crus-Lagen. Hier ist jeder Jahrgang spannend, denn die Crus-Sekte erheben nicht den Anspruch, immer gleich zu schmecken wie eine Industriemarke, schließlich bilden sie die Natur der Herkunft ab, die bekanntlich und glücklicherweise einer unberechenbaren Wandlung unterzogen ist.
Auf dem Grundstück des Weinguts wurde 2003 die Wein-Erlebniswelt Loisium eröffnet. Sie besteht aus einem Besucherzentrum mit einem futuristischen, 13 Meter hohen Gebäude inmitten der Weinberge. Hier ist eine Vinothek und Sektothek eingerichtet, in der es Wein und Sekt aller namhaften Winzer aus den acht niederösterreichischen Weinanbaugebieten gibt und über 50 Weine und Sekte verkostet werden können. Vom Besucherzentrum aus gelangt man über mehrere hundert Meter lange Kellergänge in die unterirdische Kellerwelt des Weinguts Steininger, wo ein Rundgang auf über 15 Stationen die Wein- und Sektbereitung erleben lässt.
Wir konnten sechs Sekte des Wein- und Sektgutes Steininger verkosten.
Es ist ja bekannt, dass bei einem Rosé nicht nur die Art der Ernte oder das Maischelager, sondern vor allem die Intensität der Ganztraubenpressung im Zeitlupentempo die Farbe des Weins bestimmen. Weniger Beachtung findet jedoch, dass man mit diesen Schritten auch die Aromatik des Weins und die Möglichkeiten des späteren Hefelagers wesentlich beeinflusst.
Farblich glänzt der Cabernet Rosé Sekt in einem zarten hellen Lachsrosa mit silbrigen Reflexen. Eine feine Perlage mit einer beständigen Mousse deutet auf die gehobene Qualität hin. In der Nase erscheinen sortentypische Fruchtaromen von Schwarzen Johannisbeeren, echten Waldheidelbeeren, Sauerkirschen, Stachelbeeren und von einigen Naturfrüchten wie Schlehe und Sanddorn – alles umweht von einer herrlichen Sommer-Frische. Auch geschmacklich geht es mit den frisch-fruchtigen Eindrücken weiter, im Finish kommen noch eine winzige Zitrusnote und eine leicht pikante Würze dazu. Der Sekt moussiert weiter munter auf der Zunge und verbreitet den gewünschten prickelnden, lebensfreudigen Charme eines edlen schmackhaften Rosés.
Das ist ein bewährter sortenreiner Jahrgangssekt, der sich noch nicht den strengen Vorgaben der Pyramidenklassifizierung unterworfen hat.
Die feine, anhaltende Mousse generiert genau die extrovertierte Aromatik, die man von der Rebsorte erwartet: Muskatellerweintrauben und Holunderblüten, dazu Stachelbeeren, weiße Pfirsiche, etwas Honigmelone und eine dezente Würze. Der Muskateller-Sekt füllt den Mund saftig und zart süßlich aus. Die feine Säure unterstützt den Fruchtschmelz und sorgt für einen langen, süffigen, von der Muskatblüte geschmückten Nachhall. Immer geht alles harmonisch und nett, schwungvoll und schlank zu. Natürlich geht Aperitif immer, aber der 2017 Muskateller Sekt ist auch eine akzentuierte Begleitung eines vegetarischen Currygerichts aus der indischen Küche, weil er genug Aromatik besitzt, um es mit dem Curry aufzunehmen.
Nun sind wir beim ersten Sekt aus der Pyramide, Stufe 2 – Reserve.
Im Glas zeigt er sich in einem einladenden, silbrig reflektierten Gelbgrün und einer feinen, unermüdlichen Perlage. Er schickt die typische, schöne Grüne Veltliner Fruchtigkeit von gelben Äpfeln, Zitrus und leicht pfeffrig-pikanten Kräutern in die Nase. Schon der erste Schluck kleidet den Mund tief und cremig mit einem herrlichen mineralischen Frische-Touch aus. Das gut strukturierte Zusammenspiel der Fruchtaromen mit den leisen Marillentönen und einem winzigen Hauch vom Holz geht mit der Kraft der Säure und einem gewissen Druck weit in die Tiefe. Wir schmatzen im erstaunlich schmelzigen Abgang noch lange auf den ausgewogenen mineralischen, würzigen und fruchtsüßen Schaum- und Weinnoten herum. Steigern Sie dieses vielseitige Sekterlebnis auf österreichische Weise durch ein Wiener Backhendl mit frittierten Petersiliensträußchen, einer geachtelten Zitrone und einem Erdäpfelsalat.
Auch dieser Reserve präsentiert sich mit der Typizität der Rebsorte, wobei der Riesling aufgrund des spezifischen Tag-Nacht-Wechsels am Standort eine besondere Aromatik mitbringt.
Der Sekt moussiert beim Einschenken lebensfroh und sehr fein und lockt mit einem grünlich schimmernden Strohgelb. In der Nase gibt er sich gediegen mit Tönen von Südfrüchten und Exoten: weiße Pfirsiche, Mangos, Ananas und Zitrus. Einige gelbe Äpfel und ein Hauch von Honig – Typ Wiese im Morgentau – sind auch dabei. Der Gaumen wird mit Frische, Saftigkeit und einer feinen Restsüße ausgestattet, die direkt aus der Rieslingfrucht mit milder Säure über die Zunge perlt. Der Sekt klingt mineralisch und feinfruchtig noch lange nach. Der 2016 Riesling Reserve ist ein vielfältiger, gut ausbalancierter, dynamischer Sekt mit elegantem Auftritt. Er ist der gefällige, hochwertige Begrüßungssekt für gute Gäste oder einen vielversprechenden Abend. Sie können ihn aber auch zu einer kostbaren Sushi-Platte servieren.
2013 Grüner Veltliner Große Reserve Steinhaus Langenlois
Der Lagen-Grüne Veltliner Große Reserve perlt sehr fein mit einer stabilen Mousse. Es duftet nach exotischen Früchten wie Mangos und Ananas und Nuancen von samtigen Wiesenkräutern, Orangezesten und reifem Rhabarber. Irgendjemand bemerkt auch einen winzigen Hauch von blondem Tabak. Am Gaumen imponiert der gereifte Fruchtausdruck, in dem wir reife grüne Äpfel, gelbe Birnen und einen Touch von Waldhonig entdecken. Die feine Säure ist ordentlich untergebracht und eskortiert das lange Finale, in dem eine leicht salzige Mineralik geradezu begeistert. Ein Sekt, der stoffig und komplex eine Stilistik präsentiert, die eindeutig im Grundwein, wenn nicht schon im Weingarten angelegt ist. Ein charaktervoller Grüner Veltliner Sekt, der expressiv die Ausprägung der Rebsorte durch das spezifische Terroir vorzeigt und in dessen Eigenarten man im Keller zum Glück offensichtlich wenig eingegriffen hat. Ein herausragender Spitzensekt, den man als Solisten genießen sollte, er passt aber auch hervorragend zu einem Graved Lachs.
2013 Riesling Große Reserve Heiligenstein Langenlois
Im Glas perlt eine feinste Mousse scheinbar unendlich dahin. Wir schnüffeln gierig an dem dichten, strahlendem Bukett: vielfältige, tief gestaffelte Fruchtnuancen vom Steinobst mit Weingartenpfirsich, dazu ein kleines Lüftchen von Limetten, roter Grapefruit und von zarten weißen Blüten. Am Gaumen verwöhnt nicht nur die feine Perlage des Sekts die Zunge, sondern auch seine brillante, klare mineralische Richtung, seine Marillen- und Limettenfruchtigkeit und die raffinierte, gut balancierte und finessenreiche Säurestruktur. Im langen Finish überrascht eine extravagante winzige Spur von Blütenhonig und Zimt. Wir nehmen immer wieder einen Schluck und lassen uns gerne süchtig machen von der Cremigkeit, der Extraktdichte, der Vielschichtigkeit und der Eleganz. Ein großartiges Sekterlebnis, eine Rarität für ganz spezielle Anlässe, ein Sekt, mit dem man nach den Sternen greifen kann.
31.07.2019
Fotos: © Weingut Steininger
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