An den vier Enden der Welt
Das Weingut Fichtenbauer-Mold: Authentische Vielfalt aus dem Kamptal in Niederösterreich
Langenlois ist nach der Rebfläche bemessen die größte Weinbaugemeinde in Österreich. Hier macht man nicht nur seit Jahrzehnten international renommierte Weine, sondern pflegt auch jenseits des Weinbaues die Traditionen: Zahlreiche architektonische Kostbarkeiten der Spätromanik, des Barock und der Renaissance warten ebenso auf die Besichtigung wie Mitteleuropas größter Mammutzahn. Am südlichen Ortsrand von Langenlois liegt das Weingut Fichtenbauer-Mold, inmitten des Weins sozusagen. Denn hinter der kaum 50 Meter entfernen Gneixendorfer Hauptstraße beginnen schon die Weingärten, die sich bis zur Donau bei Krems erstrecken. Langenlois gehört zum Weinanbaugebiet Kamptal und das wiederum zu Niederösterreich.
Das Kamptal führt seinen Namen nach dem Flüsschen Kamp, das sich 150 km lang von Norden Richtung Süden durch Urgesteinstäler und Lößterrassen schlängelt und zur Donau bewegt. Seit 2.000 Jahren wird an den Hängen Wein gepflanzt. Bei Langenlois treffen sich das Donautal und das Kamptal. Deshalb hieß das Gebiet bis 1993 auch Kamptal-Donauland. Die Bodenstrukturen des Donaulandes und des Flachlandes gehen in dieser Gegend ineinander über und bilden ein wahres geologisches Puzzle: Löß und Lehm, aber auch Urgesteinseinzüge aus dem Donauland und die angeschwemmten Alluvialböden aus Sand und Schotter im Untergrund des Flachlands. Hier begegnen sich aber auch zwei Klimazonen: Vom nördlich gelegenen Waldviertel kommen kalte Winde und treffen auf die Ausläufer der pannonischen Warmluftzone aus dem 
Wagram und dem Weinviertel. Darüber freuen sich die Winzer und die Rebstöcke, denn das führt zu starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, wofür sich die Weine dann je nach Exposition der Weingärten, der Höhe und der Böden mit mehr Frucht, mehr Aromatik und mehr Säure bedanken.
Weinbau ist bei Familie Fichtenbauer seit 1936 dokumentiert. Ende der sechziger Jahre gründeten Alois und Theresia Fichtenbauer das Weingut Fichtenbauer, das sich inzwischen in die Qualitätsspitze des Kamptals vorgearbeitet hat. Aktuelle Inhaber sind in dritter Generation Erwin und Christa Fichtenbauer-Mold, die das Weingut heute gemeinsam mit Sohn Helmut betreiben. Man setzt auf Sorgfalt im Weingarten und im Keller und auf die Erzeugung gehobener Qualitäten. Dabei darf es auch schon mal Leidenschaft und Enthusiasmus sein oder – wie Familie Fichtenbauer-Mold es ausdrückt – „mit Herz und Verstand vom Rebstock bis zur Flasche.“ Immer geht es darum, im Geschmack des Weins möglichst authentisch darzustellen, wo er herkommt und welche Merkmale rebsortentypisch sind. Die Weine sollen Charakter zeigen, jeder Schluck soll ein individuelles Erlebnis sein – Begeisterung erlaubt. In den letzten Jahren wurden Arbeit und Leidenschaft durch zahlreiche Goldmedaillen bei der Niederösterreich-Weinprämierung und von den Weinmagazinen Vinaria und Falstaff mit hohen Punktzahlen honoriert. Das Weingut ist auch Mitglied bei Kamptal-Klassik, dem 1992 gegründeten Verein zur Förderung des Kamptaler Weins, der unter dem historisch assoziierten Kürzel K&K eine eigene Qualitätsmarke entsprechend dem italienischen DOCG- Schema entwickelt hat.
Zum Weingut Fichtenbauer-Mold gehören rund 20 Hektar Rebfläche, unter anderem in den Lagen Panzaun, Thal und in der Spitzenlage Dechant. In den Weingärten wird tatsächlich noch Hand angelegt und so naturnah und so umweltschonend wie möglich gearbeitet. Zu Recht wird hervorgehoben, wie wichtig der Erntezeitpunkt ist, mit dem man bekanntlich ganz entscheidend den Stil und die Eigenart des Weins beeinflussen kann. Hier 
zählt grundsätzlich der Höhepunkt der physiologischen Reife, zu dem die Trauben alles hergeben, was man ihnen im Weingarten Gutes angetan hat. Im Keller trifft Tradition auf moderne Technik, um die Authentizität der Rebsorte und des Terroirs zu erhalten. Je nachdem erfolgen Gärung und Ausbau im Edelstahltank und im großen Holz mit oder ohne Reifung im Barrique.
Eine gute Idee ist es, einen Besuch des Weinguts Fichtenbauer-Mold mit einem kurzen oder längeren Aufenthalt in Langenlois zu verbinden und dabei in den drei komfortabel ausgestatteten Gästezimmern des Weinguts zu wohnen. Das ist Urlaub beim Winzer weniger als einen halben Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Was kann schöner sein, als mit einem Glas Wein in der Hand von der Sonnenterrasse aus über die Weingärten bis zum Horizont zu blicken. Am Morgen können Sie sich Ihr Frühstück auch mitten in die Rebzeilen servieren lassen.
Wir konnten sechs Weine des Weinguts Fichtenbauer-Mold verkosten.
Zweigelt Rosé 2017
Inzwischen haben es auch die Letzten bemerkt: Rosé ist nicht nur schmackhaft, sondern inzwischen auch schick. Vielleicht noch nicht Value, sicherlich aber Momentum. Endlich wagen sich auch diejenigen aus der Deckung, die ihren Rosé bisher heimlich getrunken haben, um nicht aus dem Trockentrinkerimage zu fallen. 
Für den Zweigelt-Rosé 2017 von Fichtenbauer-Mold wurden die Trauben in mehreren Weingärten besonders sorgfältig manuell geerntet, um sie nicht schon vor der Ankunft im Keller zu zerfetzen. Acht Stunden lagen die entrappten Beeren auf der Maische, dann wurde der Saft vorsichtig abgezogen, um die Beerenhäute nicht zu stark zu pressen, damit sie ihre Tannine schön bei sich behalten. Die weitere Gärung erfolgte relativ kühl im Edelstahl.
Im Glas zeigt sich der Rosé in einem hellen Lachsrosa. In die Nase steigen rote Früchte wie aus einem Geleeglas und versetzen einen gleich in den Gute-Laune-Modus. Rote Johannisbeeren, Himbeeren, reife Stachelbeeren, aber auch einige Kräuter und eine kleine pikante Pfeffrigkeit sind dabei. Am Gaumen kommt eine trockene Fruchtigkeit an, keine klebrige Süße, sondern ein Flirt von Frucht und Mineralität, der fast schon komplex wirkt. Die aktive Säure führt in einen schönen Abgang voller Frische und Saftigkeit. Ein vornehmer Begleiter jeder sommerlichen Festivität, aber auch ein spritzig-fruchtiger Gesell zu einem Heilbutt aus der Pfanne oder einer Poularde aus dem Ofenrohr.
Grüner Veltliner Klassik 2017 Kamptal DAC
Mit dem Jahrgang 2008 ist das Kamptal seit 2009 gesetzliches DAC-Gebiet mit den Rebsorten Grüner Veltliner und Riesling. DAC steht für Districtus Austriae Controllatus und soll gebietstypische Weine gehobener Qualität repräsentieren, für die ein striktes Disziplinar erstellt wurde. So dürfen beispielsweise im 
Geschmacksprofil des Grünen Veltliners keine Holztöne oder Botrytisnoten auftauchen. Für den Grünen Veltliner Klassik 2017 Kamptal DAC lagen die entrappten Beeren im Keller für eine Stunde auf der Maische, bevor abgepresst und bei 17°C im Edelstahl vergoren wurde.
Dieser Wein ist sozusagen der Klassiker in Person. Hellgelb schimmert er im Glas und lässt bisweilen einen grünen Reflex raus. Sein Duft von grünen Äpfeln und Zitrusfrüchten mit etwas Clementine und einem Touch Pfeffer kündigt bereits seine Frische an. Die breitet sich im Mund, gestützt durch die energische Säure, auch nachhaltig aus. Grapefruit, Äpfel, helle Honigmelone und eine pikante Würze betonen seine klassische Fruchtigkeit. Ein schneidiger Abgang mit Biss und mit deutlicher Mineralik hält das Frischeerlebnis noch lange auf der Zunge. Ein ausdrucksstarker, sauberer und klarer Wein mit packender Finesse. Was das Speisepairing angeht, so passt eine Klassik-DAC Kamptal klassisch und langweilig zum Spargel, aber dann bitte zumindest als Spargelrisotto. Er begleitet aber auch gerne im Vorspeisengang einen Salat Niçoise.
Riesling Klassik 2017 Kamptal DAC
Im Glas funkelt der Wein weißgolden und entfaltet animierende Zitrusnoten, die von herrlich mineralischen Schwaden umgeben sind. Eine markante Säure prägt den Geschmack mit einer kristallklaren Frische und einer imposanten Fruchtigkeit. Grüne Äpfel, weiße Pfirsiche, Litschis, rote Grapefruit und Mandarinen vereinen sich mit einer feinen Kräuterwürze. Das Finish wird von der Säure und der Mineralik ordentlich gestützt und von einer ausgeglichenen Fruchtsüße angenehm milde und schmelzig gestimmt. Der Wein ist der perfekte Begleiter zu einem knusprigen Backhendl oder einem gebratenen Zanderfilet.
Weißer Burgunder 2017
Erste urkundliche Hinweise auf Weißburgunder finden sich im 16. und 17. Jahrhundert in Burgund. 1874 wird die übliche Bezeichnung „weißer Klevner" in weißer Burgunder geändert. Von Burgund aus erfolgte die Verbreitung auch nach Österreich. Die Rebsorte ist im Kamptal gut aufgehoben, weil hier ihre hohen 
Ansprüche an die Böden voll erfüllt werden: Die zwingend erforderliche gute Wasserzuführung wird durch die tiefgründigen Lehm- und Lößböden geradezu ideal erreicht. Es gibt keine unreifen, zu Bitternis tendierenden Ausprägungen von Sand- und Gesteinsböden. Wenn noch ein ertragsreduzierter Anbau und eine vollreife Ernte zum Zuge kommen, steht einem großartigen Weißburgunder fast nichts mehr im Weg.
Der Wein entfaltet im Glas ein zartes Bukett: etwas Äpfel, einige Birnen, Düfte von Zitrus und Nüssen. Im Mund tritt er vollmundig auf, harmonisch, ausgeglichen, extraktreich und elegant. Die sortentypisch dezente Säure begünstigt den Fruchteindruck von Äpfeln, Birnen und einigen Mangos sowie Spuren von Ananas. Zusammen mit seiner feinen, körperreichen Art ist der Wein eine perfekte Alternative für jene Trockentrinker, die Probleme mit der Säure anderer Sorten vermeiden möchten. Im Abgang schmatzen wir noch lange auf der Feinfruchtigkeit und der leichten Mineralik herum. Der Wein untermalt das Essen mit seiner überaus dezenten, feinfruchtigen Aromatik, seine zarte, mäßige Säure unterstützt etliche Geschmacksrichtungen, insbesondere leichte Pasta und einen klassischen Schweinebraten. Es funkelt im Glas aber auch als der gefällige Sommerwein für alle Weißwein-Gäste.
Langenloiser Chardonnay 2017
Die Chardonnay ist eine der bedeutendsten Rebsorten und wird weltweit auf einer riesigen Fläche angebaut. Sie stellt keine hohen Ansprüche an die Lage und bringt mit nahezu traumhafter Sicherheit feine Weine hervor, je nach Standort, Klon und Pflege. Sie liebt kalkhaltige Böden, treibt früh aus und darf nicht zu spät 
gelesen werden, weil sonst die markante Säure sinkt. Früher hat man sie für eine Mutation des Weißburgunders gehalten, nach neueren DNA-Untersuchungen ist sie eine Kreuzung von Pinot Noir und Gouais Blanc, der ausgestorbenen Sorte Alter Heunisch.
Der Langenloiser Chardonnay 2017 des Weinguts Fichtenbauer-Mold zeigt sich im Glas in einem hellen Strohgelb. In der Nase tritt er mit einem feinen Aroma von Kernobst, frühreifen Äpfeln, Mangos und Honigmelonen auf. Ab und an flüchtet sich auch eine der berühmten Brioche-Croissant-Aromen aus dem Glas. Geschmacklich stehen schöne Fruchtkomponenten im Vordergrund, die dem Trinkfluss eine kühle, frische Saftigkeit mitgeben. Etwas nussig, gut strukturiert und reich an mineralischen Eindrücken, die sich mit der aktiven Säure gut vertragen. Im langen Nachhall überzeugt er mit herrlich cremigem Schmelz und hinterlässt einen eleganten Gesamteindruck. Servieren Sie ihn im großen Burgunderglas, um die Aromatik und den Geschmack spontan zu steigern. Der Wein begleitet hervorragend ein Krebs- und Hummergericht, gerne auch im Salatformat. Ein Traumpartner könnte auch eine getrüffelte Poularde aus dem Rohr sein.
Ried Panzaun Grüner Veltliner 2017 Kamptal DAC
Die Riede Panzaun liegt südlich der Straße von Langenlois nach Krems und grenzt fast an das Weingut an. Der Name entstand aus „Bonzaun“, ein umzäuntes Grundstück, das der Besitzer mit einem Betretungsverbot (Bann) belegt hatte. Die Parzellen sind nach Süden ausgerichtet, der Boden besteht aus tiefgründigem, nährstoff- 
und kalkreichen Löß, bisweilen auch Lehm. Die Rebstöcke des Weinguts sind teilweise über fünfzig Jahre alt und garantieren Trauben mit hohem Extraktgehalt. Für diesen Wein wurden die vollreif geernteten Trauben als Ganzes gepresst und der Most im Edelstahltank vergoren.
Mit einem hell-goldigen Gelb und silbrig-grünlichen Reflexen präsentiert sich der Wein im Glas. In der Nase kommen dezente Töne von grünen Äpfeln an, aber auch Anklänge von tropischen Früchten und Grapefruit. Dazu schweben leichte Kräuternoten vom Typ Wiese im Morgentau herum. Auf der Zunge stellt sich sofort eine fruchtige Frische ein, unterlegt von Klaräpfeln, Grapefruit, Zitrus, Steinobst und pflanzlichen Noten. Im langen Finish genießen wir nicht nur die sortentypische Pfeffernote, sondern auch die leicht salzige Mineralik und vegetabile Nachklänge. Der Trinkfluss kommt ordentlich in Schwung dank der strammen, gut ausbalancierten Struktur mit soliden Portionen Säure, Mineralität, Extrakt und einem belebenden Fruchtspiel. Ein angenehmer, saftiger Vorzeigewein, der gerne als Aperitif glänzt, aber auch zu einem Thunfischsalat oder einem Zucchiniquiche.
12.06.2018
Fotos © Weingut Fichtenbauer-Mold
Flaschenfotos © D.R.
