Manchmal fragt man sich, was zuerst da war, die Natur oder Michael Opitz. Die Natur, das ist die Gemeinde Apetlon auf der südöstlichen Seite des Neusiedlersees, dem Seewinkel. Seewinkel heißt die Ecke, weil die Orte Podersdorf am See, Apetlon und Illmitz von der früheren L-förmigen Ausdehnung des Sees in einem Winkel eingeschlossen wurden. Heute wird unter Seewinkel das gesamte österreichische Land östlich des Neusiedler Sees verstanden.
Von
Apetlon aus sind es
keine 10 Minuten Autofahrt und man ist in
Ungarn. Hier war hier früher der
Eiserne Vorhang, auch wenn es nicht so thrillermäßig zuging wie am Checkpoint Charly in Berlin. Der
Seewinkel war
mehr als vierzig Jahr lang eine
Region, wo sich nicht nur die
Füchse auch am Tage
Gute Nacht sagten. Hier geht es auch heute noch im wahrsten Sinne des Wortes unterirdisch zu, jedenfalls am
tiefst gemessenen Punkt Österreichs. Die
Abgeschiedenheit wurde begünstigt durch die
Steppenlandschaft, der "Kleinen Puszta des Seewinkels", in deren
Zentrum die
Urbarialgemeinde Apetlon liegt. Urbarial leitet sich von
Urbar ab, einem mitte
lalterlichen Besitz- und Leistungsverzeichnis, das einst von
Maria Theresia in einer Art
Gemeindeverfassung erfasst wurde. Heute bezieht sich der Ausdruck auf
Agrargemeinschaften.
Apetlon ist mit einer
Gesamtfläche von etwa 1.300 ha die
größte Agrargemeinschaft des
Burgenlands.
Wer hier
aufwächst, der hat auch ein ganz
besonderes Verhältnis zur Natur. Rund
vierzig salzhaltige Seen, die
Lacken, ziehen sich durch den
Seenwinkel. Sie werden von
Regenwasser gespeist und sind bis mehr als
10 km² groß mit einer
Wassertiefe von etwa einem
halben Meter – oder sie sind
ausgetrocknet, im Sommer. Etliche Lacken sind aufgrund der
Entwässerungsmaßnahmen versteppt: die
westlichste Salzsteppe Eurasien. Bei
Apetlon liegt mit der
Langen Lacke der
größte dieser
Möchtegern-
Salzseen. Überall wimmelt es von
Vögeln inklusive
Stop-over-Zugvögeln, obendrein grasen hier echte
Steppenrinder. Man muss manchmal staunen, dass es in dieser
absolut flachen Gegend Weingärten gibt, die noch dazu von höchst abwechslungsreichen
Terrains wie
Löss,
Lehm,
Schwarzerde,
Schotter und
Sand gebildet werden. Daran ist
natürlich nicht das
Soda in den
Seen schuld, sondern es sind die
2.000 Sonnenstunden und rund
300 Sonnentage pro Jahr, die den
Seewinkel zur
sonnenscheinreichsten Region Österreichs machen.
Damit sind wir bei Michael Opitz, der mit seinem sonnenverwöhnten Weingut voll in der Kurve liegt, um die Natur zu überholen. Von den rund 7.600 Hektar des Weinanbaugebiets Neusiedlersee bewirtschaftet er mehr als 7 Hektar. Die Weingärten liegen teilweise direkt an der Grenze zum UNESCO-Welterbe Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel.
Das
Klima ist sehr warm, mild und trocken, spendiert insbesondere im
Frühjahr und
Herbst reichlich
Wind und im
Winter reichlich
Kälte – das typische
pannonische Klima des Burgenlandes. Der
Frühling kommt
früh, vielfach mit reichlich
Regen, und der oft
neblige Herbst erwärmt die Rebstöcke, die dann ihre
Blätter in den
schönsten Farben vorzeigen,
bis in den
November hinein mit warmen
Sonnenstrahlen. Die vom See aufsteigende
Feuchtigkeit und der
Nebel sind übrigens beste Voraussetzung für
botrytisgeprägte Süßweine, die hier regelmäßig als
Eisweine geerntet werden können. Die
Weingärten von
Michael Opitz sind von der
Kühle der Nacht im Einflussbereich des
Neusiedlersees gesegnet, was den
tagsüber erhitzten Trauben die
wichtige Säurestruktur verschafft.
Michael Opitz ist nicht nur vom amtlichen Alter her
junge Generation, sondern vor allem auch
im Geiste. Dabei stapft er
nicht als
Rebell herum, sondern
respektiert die
Tradition des
Familienbetriebs und den
Rückhalt sowohl in der
Familie als auch im
Team. Er will sich jedoch
vom Mainstream und
von Trends absetzen. Er ist
kein Follower und
kein Teiler und macht als
Autodidakt lieber etwas
Eigenes,
Unverwechselbares, möglichst etwas
Wildes jenseits der üblichen Grenzen. Das zeigt sich nicht nur in den
Bezeichnungen seiner
Weinlinien mit
Casual,
Passion und
Free Solo, sondern auch im
Weinberg und im
Keller. Hier dreht sich viel, wenn nicht fast alles, um
Nachhaltigkeit. Das beschränkt sich bei Michael Opitz indes nicht auf die üblichen guten Käfer gegen böse Käfer im
Weingarten oder die Verwendung von Spontangärhefen im
Keller. Nachhaltigkeit ist für ihn eine
Arbeitshaltung, an der das
ganze Team mitwirkt. Nachhaltigkeit wird
täglich und
praktisch erarbeitet, ohne Ideologie und Esoterik. Das hört nicht einmal auf, wenn der Wein in der Flasche ist, weil
Nachhaltigkeit selbst noch bei der
Verpackung verwirklicht werden kann. Ganz konsequent ist sein
Betrieb von der
österreichischen Weinwirtschaft als "
Nachhaltig Austria"
zertifiziert.
Nachhaltigkeit sieht Michael Opitz auch in der engen Verbindung zwischen modernen Erkenntnissen und Methoden mit der Tradition. Im Weinberg muss das Verhältnis von Blättern und Trauben stimmen, die Erträge dürfen die Rebe nicht auslaugen, sie muss alles geben, was sie kann, aber auch nicht mehr. Das herauszufinden ist nicht einfach, aber sein Ehrgeiz. Der steigert sich im Keller zu einer innovativen Experimentierfreude und endet erst mit einem zufriedenen Lächeln, wenn die Gesichter der Verkostungsrunde strahlen. Sein wachsender Erfolg begründet sich nicht zuletzt auf seine begnadete Intuition für den einzigartigen Geschmack, die das Terroir, die Rebsorte und sogar die Eigenarten jedes Jahrgangs abbilden, egal ob es Weine im weißen, roten oder im edelsüßen Bereich sind.
Michael Opitz baut Zweigelt und Blaufränkisch an, aber auch Muskat Ottonel oder neue Sorten wie Rössler und internationale Sorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc oder Pinot Noir. Die Böden seiner Weingärten bestehen abhängig von den einzelnen Rieden aus Schwarzerde, Löss, Schotter, Lehm und Sand.
Wir konnten sechs Weine des Weinguts Michael Opitz verkosten.
Tiglet 2015 Cuvée Zweigelt und Blaufränkisch trocken
Beginnen wir mit dem
klassischen Flaschenpairing Zweigelt und
Blaufränkisch. Der Wein stammt aus der
Passion-Linie, die
Leidenschaft und
Begehrlichkeit wecken soll. Für die
Harmonie als
Basis der Leidenschaft spricht schon mal, dass die Rebsorte
Zweigelt eine
Kreuzung aus der
verwendeten Cuvée-Sorte Blaufränkisch und
St. Laurent ist. Gleichwohl nehmen
viele Winzer noch
Merlot oder
Cabernet Sauvignon in ihre
Cuvées, wohl, weil sie dem
Blaufränkisch allein nicht zutrauen, den temperamentschwachen
Gleichmut des
Zweigelt aus der Reserve zu locken. Da müssen erst
Michael Opitz und
der
Seewinkel kommen, um wieder einmal eine
unkonventionelle Versuchsanordnung zum Erfolg zu führen.
Sponti-Gärung ist selbstverständlich,
teilweise wurden
Holzgärständer benutzt. Die
Maischestandzeit lag bei etwa drei Wochen, die
Cuvée reifte ein Jahr lang im kleinen
Barrique aus französischer Eiche.
Im Glas breitet sich eine tiefe rubin- bis granatrote Farbe aus, leicht violett blitzend. Das Bukett weist schon die Richtung: Keine drängelnden Sauerkirschen, die alles ersticken, vielmehr werden die Fruchtaromen fein nuanciert geboten: natürlich Kirschen, aber eben auch Heidelbeeren, frühreife Zwetschgen und kandierte rote Beeren nebst einem klitzekleinen balsamischen Touch. Im Mund haben wir keinen dieser weichgespülten Zweigelt-dominanten Fitness-Boliden, sondern einen temperamentvollen, gut strukturierten, echt trockenen Roten zum unkomplizierten Trinken auf hohem Niveau. Die Fruchtbetonung liegt geschmacklich auf Sauerkirsche, wird aber geschickt abgerundet von roten Johannisbeeren, roten Pflaumen, Heidelbeeren und Kräutern. Alles unaufdringlich und gekonnt angepasst, auch das Holz. Im Abgang vereinen sich Frucht und Würze und lassen uns noch lange nachschmatzen. Vom Zweigelt bringt der Wein die fruchtbetonte Sanftheit mit, während der Blaufränkisch das Terroir des sandigen Lehms ausdrückt. Der Geschmackswettbewerb der beiden Rebsorten erinnert an die uralte Konkurrenz zwischen Merlot und Cabernet. Michael Opitz ist es jedenfalls gelungen, der Cuvée zu einem erstaunlich harmonischen Körper mit gedeckelten Tanninen zu verhelfen und gleichzeitig mit einer trinkfreudigen Frische zu imponieren. Damit ist schon klar gesagt, dass wir einen universellen Essensbegleiter vor uns haben, der aber auch den allseits gefälligen roten Part auf jeder wilden Party übernehmen kann.
Vierteljoch 2015 Blaufränkisch trocken
Bekanntlich wird der Blaufränkisch als
Österreichs beste Rotweinsorte angesehen, selbst sein
Synonym Lemberger gewinnt in
Württemberg zunehmend ein steiles
Interesse, vor allem seit die
Winzer sich
in Österreich abgeguckt haben, wie die Rebsorte sich zu
Eleganz und
Frische verführen lässt. Am
Neusiedlersee fühlt sich der
Blaufränkisch besonders wohl, bedankt er sich bei dem
pannonischen Klima doch mit einer
stabilen Blüte und deutlich
früherer Vollreife als in den anderen Weinanbaugebieten Österreichs. Das sichert körnige, reife
Gerbstoffe und eine
Säure, mit der man etwas machen kann. Der Wein stammt ebenfalls aus der
Passion-Linie des Weinguts. Die Blaufränkisch-Trauben wurden spontan auf dem
Holzgärständer vergoren und lagen drei Wochen auf der
Maische während der Wein ein Jahr lang in teilweise erstbelegten französischen
Barriques reifte.
Der Vierteljoch 2015 schimmert im Glas in den Farben der Amarenakirschen, die auch in der Nase auftauchen. Obwohl der Wein durch und durch trocken ist, strömen süßliche Töne herbei, die sich später auch auf der Zunge in Erinnerung bringen. In der Nase treten kräftige Nuancen von dunklen Beeren wie Heidelbeeren und Brombeeren auf, aber auch von blauen Pflaumen und blauen Blumen. Das ist aber längst nicht alles, vielmehr taucht immer mal wieder dieser und jener Hauch auf von Kaffee, Mokka, Minze, blondem Tabak und Vanille. Am Gaumen wird es fruchtig und komplex. Rote Beeren, Kirschsorten, Brombeeren, einige florale Noten, etwas Krokant und eine leicht rauchige Spur stürzen sich, unterstützt von moderater Säure, in einen intensiven, dichten Abgang mit saftigen Tanninen und fein verwobenen Holzaromen. Das ist eine kantenfreie, aber kernige Sorteninterpretation mit spannender Komplexität, balancierter Dichte und animierender Fruchtigkeit. Ein Wein für tolle Momente und einem kräftig gewürzten Rinderrostbraten. Probieren Sie ihn auch einmal zu einem Teller mit verschiedenen Sorten von geräuchertem Schinken plus einem Dinkel-Vollkornbrot.
Free Solo rot 2016 trocken
Die Free Solo Linie steht für Freeclimbing, für Manufaktur ohne technische Algorithmen. Wer Halt sucht, findet ihn in der Nase und am Gaumen. Der Weg ist das Ziel beim Freiklettern und das bedeutet bei Michael Opitz eine ganzheitlichen Kreation im Weingarten und im Keller als Weg, an dessen Ende ein ungewöhnlicher Wein steht. Wie beim Freiklettern kommt man mit höchster Präzision und Konzentration auch ganz nach oben. Die Weine der Linie Free Solo sind für manche Überraschung gut und führen in die vinophile Traumzeit.
Eine
Cuvée aus 40%
Zweigelt, 40%
Blauburger und 20%
Merlot könnte in Ansehung der
Rebsortenkomposition gut und gerne eine angegurtete Komposition für schlichte Ansprüche sein. Bei
Michael Opitz ist das ein echter
Entdeckungswein. Geradezu
experimentell erscheint der mutig
hohe Anteil vom Blauburger. Das sichert zwar die
Farbe und führt den anderen Rebsorten vor, was
Extrakt bedeutet. Andererseits bringt der Blauburger eine eher
substanzarme, charakterschwache
Aromatik mit. Das kann man sich jedoch
zu Nutze machen, weil der
Blauburger weder dem
Zweigelt die
Kirschnoten noch dem
Merlot die
Pflaumen- und
Himbeernoten raubt.
Blauburger ist übrigens eine
Kreuzung aus
Blauer Portugieser und
Blaufränkisch aus
Klosterneuburg und wird eher
weniger am
Neusiedler See dafür
mehr in
Niederösterreich angebaut. In den von Michael Opitz für die Cuvée auserwählten
Rieden beherrschen
sandiger Lehm und
Schwarzerde das Terrain. Im
Keller reiften die
Weine getrennt zwölf Monate in
Fässern aus
französischer und
österreichischer Eiche, der
Zweigelt in
transsilvanischer Eiche.
Was die Farbe im Glas betrifft, so braucht man sich – dank Blauburger –nicht um Nuancen der Transparenz zu kümmern, denn Durchsichtigkeit gibt es nicht. Dafür strahlt die Cuvée schön dunkel Kirschrot mit violetten Reflexen. Wir schnüffeln neugierig an den sich aus dem Glas drängelnden Aromen. Ein ganzer Beerenkorb will da raus: Rote und schwarze Johannisbeeren, Preiselbeeren, Himbeeren und Erdbeeren. Dazu einige Kirschen, etwas Krokant und etwas Nussnougat. Nach kurzer Zeit tauchen auch Brombeeren, Vanille, ein Hauch von Bittermandel und Holz auf. Für die Nase ist das ein abwechslungsreicher, vielseitiger Sturm- und Drang-Wein, der immer wieder neue Aromaspitzen hervorzaubert. Über die Zunge gleitet dann ein unglaublich samtiger, leicht würziger und überraschend mineralischer Wein vom Typ der leicht salzigen Mineralität. Rote Johannisbeeren, Heidelbeeren, Marzipan, Vanille, gut kaschierte Holzaromen, reife Feigen, dunkler Tabak – alles wird begleitet von einer feinen Süßlichkeit, die den Wein süffig und saftig macht. Im Finish wirken gut integrierte Tannine und eine lebendige Säure mit. Die Fruchtigkeit aber ist entscheidend für das lange, lustvolle Nachschmatzen. Genießen Sie diesen Wein als Solisten zu Anlässen, die Gelegenheit bieten, über diesen Wein zu reden. Gegenstand des Gesprächs kann aber auch das Pairing mit einem straight gewürzten Stück Kalbfleisch in der Tenera-Gallega-Qualität aus Galizien sein. Und stets daran denken: beim genussvollen Freiklettern mit dem Free Solo immer schön in der Vertikalen bleiben.
Free Solo 2013 weiß
Nochmal Freeclimbing zu höchsten Gipfeln. Diesmal in weiß aus Muskat Ottonell, Grauburgunder und weißem Traminer. Der Wein reifte ein Jahr lang im vorbelegten Holzfass aus Akazie sowie österreichischer und französischer Eiche und ruhte danach ein weiteres Jahr im Stahl.
Sir Winston Churchill postulierte, man solle „dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen”. In diesem Sinne liegen wir mit dieser
sinnenfrohen Cuvée genau richtig. Im
Glas bietet der Wein dem Auge ein funkelndes helles Gold. Ein fülliger
Duft macht sich breit, unterlegt von reifen Früchten mit würzigem Waldhonig. Ananas, Litschis, Walderdbeeren, Bitterorangen, Holunderblüte, Wildrosen und Tulpen, dazu huscht ab und an eine kleine Marzipannote vorbei. Wir
schmecken ein feinwürziges Muskataroma, vor allem aber
explodiert im
Mund ein mittlerer
Obstkorb mit den
dicht verwobenen Aromen aus dem Bukett. Dazu kommen ein kleiner Grapefruit- und Zitrus-Spot und ein Touch Rosinen und Mandeln. Die
Säure hält sich zurück, so dass der lange
Nachhall von einer interessanten,
leicht salzigen Mineralität und von der
ausgeprägten Fruchtigkeit in einer
herrlich cremigen Dichte gestützt wird. Es bleibt aber immer im korrekten Rahmen einer
dezenten Fruchtsüße und kippt zu keiner Zeit in eine übertriebene Lieblichkeit.
Seidig-sanfte Fülle,
abgerundete Präzision und
Druck, ein
hedonistisches Kleinod aus dem
Burgenland. Das ist endlich einmal ein Wein, der jenseits des üblicherweise verdächtigen süßen Rieslings zu pikant gewürzten asiatischen Speisen passt, aber bitte nicht mit einer Schärfe, die den Gaumen abfackelt. Huhn und Schwein aus dem Wok mit vielerlei Gemüse auf der Basis einer grünen Curry-Paste und die Zunge tanzt Polka mit
free solo.
Muskat Ottonel 2015
Die
Muscat Ottonel Rebe ist
anspruchsvoll, manchmal
zickig: Sie will es hübsch mollig haben, kränkelt leicht und neigt zur Verrieselung, d.h. zum massenhaften Abstoßen von Blüten oder kleinen Beeren. Die
Erträge sind jedes Jahr
unsicher wie ein Lottoschein. Aber auf dem
sandig-lehmigen, warmen Terrain des
Seewinkels dürfte sich der
Rebstock wohl fühlen, weil er bei reinen Kalkböden beleidigt schmollt, obwohl es auch Winzer
gibt, die die Rebe in Kalklagen quälen. Jedenfalls ist das Gebiet um den
Neusiedler See heute eines der
Hauptanbaugebiete des
Muskat Ottonell weltweit. Die rundlichen, gelbgrünen, aber eher hellen
Beeren zeigen sich auf der Sonnenseite oftmals mit braunen Sprenkeln und haben
geschmacklich eine leichte
Muskatnote. Die
Muscat Ottonel muss auch im
Keller pfleglich behandelt werden, damit sie alles hergibt.
Michael Opitz vergärt den Most nach der
Ganztraubenpressung spontan und schickt den Wein für zehn Monate im neue 600 l
Fässer aus
Akazie und
Eiche.
Der Wein entfaltet eine intensive, typische Muskatelleraromatik mit einer betörenden Blumigkeit von Holunderblüte bis Zitronenmelisse. Darüber weht ein herrlicher Hauch Südsee mit Ananas, Papaya und Mandarine. Irgendwo ganz hinten wird ein Fenchel-Anis-Tee vorbeigetragen. Am Gaumen powert der Wein mit einer schönen mineralischen Würze und einer vornehmen Fruchtsüße, in der Pfirsiche, Litschis, Limonen und Orangen auftauchen. Auch im Finish begleitet uns die durchweg gut untergebrachte florale Muskatnote, dazu Spuren von Holz und ein schöne Zitrusspektrum. Der Wein bewegt sich im Mund stets ordentlich ausbalanciert und mit sanftem Schmelz. Der Muskat Ottonel 2015 ist Musik im Glas und beeindruckt als lustvoller Schmeichler beim Sommerempfang. Dabei können Sie hervorragend Ihr Weinwissen heraushängen lassen, denn wer kennt schon Muskat Ottonel näher. Gerne begleitet der Wein auch einen grünen Salat mit Kräutern aus dem Garten, einem Hauch Zitrone und frischem Ziegenkäse.
Grauburgunder 2016 Reserve trocken
Pinot Grigio –
ausgelutscht und
langweilig? Dann
probieren Sie mal den
Grauburgunder Reserve von Michael Opitz, dann brauchen Sie nämlich keinen Pinot Grigio mehr. Die
Rebstöcke stehen
windgeschützt und warm, was
die
graue im Gegensatz zur weißen Burgunderrebe geradezu
liebt. Sieben Monate
reifte der Wein im
kleinen Holzfass.
Ein höchst expressionistischer Wein mit Tiefe und einer komplexen Struktur. Er protzt mit Aromen vom gelben Pfirsich, süßer Ananas, Mandarinen und Akazienblüten. Am Gaumen dann ganz großes Kino: Akazienhonig, Karamell, Zitrusnoten und süßliche exotische Früchte plus reife rote Äpfel, eine Spur grüne Bohnen und ein adretter Zug Mineralik. Immer bleibt der Wein auf der Zunge weich, auch im langen, süßlichen, akazienbetonten Abgang. Obwohl er keineswegs reduktiv ausgebaut ist, steigert er sich mit andauernder Belüftung, so dass man auf die Idee kommen kann, ihn eine halbe bis eine Stunde in der Karaffe zu beatmen. Dann lässt sich seine reife und geschmeidige Opulenz noch intensiver genießen. Das ist der Wein für lange Abende und leidenschaftliche Momente. Wer ihn und sich gerne mit einer adäquaten Speise verwöhnen möchte, bereitet einen Fasan oder ein Perlhuhn zu, am besten im rotgoldenen Herbst.