An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Familientradition über Jahrhunderte und stilistische Avantgarde: Das Weingut Deutzerhof an der Ahr
Es gibt nicht viele Weingüter in Deutschland, die auf eine familiäre Tradition von knapp 450 Jahren verweisen können: Seit 12 Generationen betreibt Familie Cossmann hier in Mayschoß an der Ahr Weinbau. Mayschoß liegt im unteren Ahrtahl, etwa 35 Kilometer südwestlich von Bonn. 1574 wurde zum ersten Mal Caspar Cossmann mit seiner Frau Catharina in der Schuldenrolle der Burg zur Are als Weinbauer erwähnt. Eine spätere Generation gehörte zu den Gründungsmitgliedern der ersten Winzergenossenschaft der Welt. 1952 trat Alfred Cossmann aus der Genossenschaft aus und baute sich ein eigenes Weingut auf, um seine von damals 2,5 Hektar gekelterten Weine selbst zu vermarkten.
Es kam dann wie es irgendwann einmal in jedem Familienbetrieb kommen musste: Als Stammhalter gab es eine einzige Tochter, Hella Cossmann. Sie heiratete 1977 Wolfgang Hehle, mit dem ein neuer Familienzweig in das Weingut eintrat. Wolfgang Hehle war als Bäckersohn und Steuerberater ein Quereinsteiger, der nicht im Weinbau aufgewachsen war, was an der Ahr aber nicht sonderlich auffiel. Sein Schwiegervater verstand es, ihn „mit geschickter Diplomatie“ (Wolfgang Hehle) für die Arbeit in den Weinbergen und im Keller so zu begeistern, dass er zunächst die Gehilfenprüfung ablegte und 1982 als 28-Jähriger den Winzermeister machte.
Wolfgang Hehle war zum innovativen Wein-Enthusiasten geworden, der von Alfred Cossmann ein solides Handwerk lernte, auf dem er mit seinen eigenen Ideen aufbauen konnte. Ihn beeindruckte besonders der burgundische Stil des Pinot Noir, den er für den Ausbau seiner Spätburgunders nutzte, ohne klassischen Ahr-Stil zu vernachlässigen.
Auch wenn Alfred Cossmann, von Wolfgang stets „Chef“ genannt, sich weitgehend überzeugen, jedenfalls seinen Schwiegersohn gewähren ließ, so fiel der experimentierfreudige, humorvolle Wolfgang Hehle mit seinem neuen Stil anfangs deutlich aus der Zeit, die für hochwertige, ausdrucksstarke trockene Spätburgunder noch nicht reif war. Die kostbaren Tropfen mussten nach Problemen mit der Weinprüfung oftmals als schnöder Tafelwein abgefüllt werden. Erst 1988 kamen seine ersten „geprüften“ trockenen Spätlesen und Auslesen sowie Beerenauslesen auf den Markt.
Die Entwicklung der deutschen Rotweine im trockenen Stil ging weiter, und dazu trug das Weingut Deutzerhof wesentlich bei. So zog Wolfgang Hehle mit seinen Weinen schon bald Auszeichnungen und Prämierungen nur so auf sich und bald gehörte der Deutzerhof zu den Top 100 der deutschen Weingüter. Damit und mit der Abbildung der gestiegenen Kosten im Flaschenpreis wechselte der Kreis der Kunden, die zuvor überwiegend von der Ahr kamen und nun aus ganz Deutschland nachfragten. Obendrein machte sich Wolfgang Hehle verdient um die Erhaltung steiler, terrassierter Flurstücke mit alten Weinbergmauern. Zudem baute er im steilen Altenahrer Eck die erste Monorackbahn im Ahrtal, wo Höhenunterschiede von dreihundert Metern in den Weinbergterrassen vorkommen.
Wolfgang Hehle machte über die Jahre aus dem verträumten Familienweingut einen modernen Weinbaubetrieb, den er 1993 baulich erweiterte. Bereits Ende der Achtzigerjahre gehörte der Deutzerhof nicht nur zu den vier absoluten Top-Adressen an der Ahr, sondern zur kleinen Gruppe der deutschen Weingüter an der Spitze der Qualitätspyramide. Seit 1994 ist das Weingut Mitglied im VDP und trat ferner der Vereinigung Deutsches Barrique-Forum bei. Der Wein-Guide wein-plus kürte Hehles Weine im Jahr 2004 zur „Kollektion des Jahres an der Ahr“. 2007 erfolgte auf einem Teil der bewirtschafteten Fläche eine Umstellung auf biodynamischen Anbau.
Im Mai 2010 starb Alfred Cossmann im Alter von 83 Jahren. Im November desselben Jahres erlag Johann, der einzige Sohn von Hella und Wolfgang, im Alter von 27 Jahren den Folgen eines Verkehrsunfalls als Fußgänger. Es war ein überaus tragischer Schicksalsschlag, zumal Johann im Betrieb tatkräftig mitgearbeitet und ihn mit seinen frischen Ideen begleitet hatte. Wie sooft klammerte sich die Lebenshoffnung von Hella und Wolfgang ganz wesentlich an die beiden Enkelkinder Leonard und Lara, doch Wolfgang Hehle hat der Schmerz über den Verlust seines Stammhalters und Betriebsnachfolgers nicht losgelassen: Am 14. März 2013 erlag er im Alter von 59 Jahren dem Krebs. Schon 2012 bei der Verleihung der Auszeichnung "Ahrwein des Jahres" in der Kategorie Premium für seinen 2010 Caspar C. Spätburgunder hatte er gefehlt. Als letzte Ehrung erhielt er für den während seiner Erkrankung gemachten 2012 Altenahrer Eck Große Lage den Deutschen Rotweinpreis 2014 in der Kategorie Spätburgunder.
Von den insgesamt 560 Hektar des Anbaugebiets Ahr bewirtschaftet das Weingut Deutzerhof heute 7,02 Hektar. Die Anbauflächen liegen in den Lagen Mönchberg und Laacherberg in Mayschoss, Eck in Altenahr, Daubhaus in Ahrweiler, Herrenberg in Rech, Kirchtürmchen und Schieferley in Neuenahr, Landskrone in Heimersheim und Schieferley in Dernau. Pro Jahr werden im Deutzerhof ca. 35.000 Flaschen Wein abgefüllt. Der weit größte Teil wird in Deutschland vermarktet, exportiert wird hauptsächlich in die Benelux-Länder und in die Schweiz, nach Skandinavien und nach Russland.
Im Weinberg wird naturverbunden gearbeitet, die Begrünung der Rebzeilen mit Gräsern und Kräutern reguliert den weinbergseigenen Wasserhaushalt und fördert die Humusbildung. Strenge Ertragsreduzierung ist seit Wolfgang Hehles Zeiten selbstverständlich, nur eine Bogrebe wird angeschnitten und mehrfach zurückgeschnitten, die Trauben werden vor der eigentlichen Lese mehrmals selektiert. Eine sehr späte Lese ist betriebswirtschaftlich stets risikoreich, verschafft den Trauben jedoch die vollendete physiologische Reife, die sie brauchen, um mit viel Extrakt ausdrucksstark den Charakter des Terroirs vorzuzeigen. Im Keller geht es weitestgehend traditionell und möglichst natürlich zu. Die Weine vergären spontan und temperaturkontrolliert mit ihren eigenen Hefen. Der Ausbau bzw. die Reifung erfolgt sortenbezogen in neuen und alten Eichenfässern. Der Deutzerhof ist berühmt dafür, dass der Ausbau im Holz den individuellen Terroir-Geschmack nicht verdrängt erhält und lagen- und rebsortentypische Qualitätsspitzen hervorbringt.
Wir konnten neun Weine vom Deutzerhof verkosten.
2016 Mayschosser Riesling trocken
Der VDP.Ortswein-Riesling des Weinguts überrascht durch den Ausdruck von Reife und Kraft in dem an sich noch jungen Wein. Das betrifft auch schon das Bukett mit leichten Maracujanoten und einem breiten Spektrum getrockneter gelber Früchte, grüner Äpfel, einem kleinen Hauch von Ananas und mineralisch eingebundenen Spuren von Nüssen und blondem Tabak. Im Mund gefällt der herbe und kräftige, aber keineswegs aufdringliche Stil eines ordentlichen Zusammenspiels zwischen herrlicher Fruchtsüße und lebendiger Säure, das auch den gehaltvollen Extrakt gut ausbalanciert. Der Geschmack zeigt sich mit Kräutern, Würze, Noten von Zitrus und Grapefruit, alles schön umspielt von der so beliebten, leicht salzigen Mineralik und einem Touch Gerbsäure. Der Abgang ist säurebetont frisch und fein-fruchtig. Ein charakterstarker Terroirwein mit mehrjähriger Lagerfähigkeit. Er passt hervorragend zu einem Zanderfilet oder als Einstimmer zur gemischten Vorspeisenplatte.
2016 Toujours Rosé Spät- und Frühburgunder trocken
Im Glas funkelt der 2016 Toujours Rosé Spät- und Frühburgunder trocken in einem zarten Rosa in Richtung heller Lachs – schon optisch ein Hauch von sommerlicher Frische. Es entwickelt sich sogleich ein fulminantes, frisch-fruchtiges Bukett von Erdbeeren und Himbeeren. Am Gaumen bleiben die rotbeerigen Fruchtaromen himmlisch präsent, werden durch kleine Anmutungen von Melisse und Würze ergänzt und liefern sich ein betörendes Wechselspiel mit dem perfekt ausgewogenem Auftritt von Säure und Restzucker. Die Spätburgunder-Rebe hat dem Wein die beschwingte Leichtigkeit mitgegeben, die Frühburgunder-Rebe die frische Fruchtigkeit, die auch das süffige Finish bestimmt. Ein hochfein strukturierter, frischer, lustvoller Begleiter eines milden Sommerabends. Sie können ihn auch zu einem norwegischen Räucherlachs wagen. Durch den neuen Longcap-Schraubverschluss ist dieser Wein auch im nächsten Sommer noch frisch.
2016 Légère Cuvée Rot
Die Trauben für die VDP.Gutswein-Cuvée stammen aus diversen Parzellen verschiedener Weinberge des Deutzerhofs. Es ist eine Cuvée aus Spätburgunder, Regent und Dornfelder. Die Trauben sind größtenteils gemeinsam gemaischt und vergoren worden. Danach kam der Wein bis zur Abfüllung im April 2017 ins große Holzfass und teilweise in den Stahltank. Das ist schon im Keller ein zu Harmonie neigendes Gesamtkunstwerk, erst recht im Glas. Tieffruchtige Aromen strömen heraus, allen voran drängeln Himbeeren und Gewürze mit pikanten Spitzen, die verrückterweise eine Veltiner-Pfeffernote assoziieren. Wir schmecken Variationen von roten und blauen Früchten wie Schwarzkirsche, Holunderbeere und Schwarze Johannisbeere. Der Schuss Dornfelder und Regent hat nicht nur die dunkle Farbe, sondern Kraft und Tannine mitgegeben. Der Wein ist glücklich ausbalanciert und bietet von allem etwas: feine Säure, genussvolle Frucht, herzhafte Würze und weiche Tannine nebst einiger Mineralität. Das ist der allseits gefällige Rotwein für viele schöne Gelegenheiten, aber auch für die Rotweinfraktion auf einer Grillparty zu einem Entrecôte medium rare.
2016 Alfred C. Portugieser Alte Reben
Dem Portugieser aus dem Deutzerhof kommt zu Gute, dass er eben von jenen alten Reben stammt, die obendrein in steil terrassierten Parzellen auf kargen Schieferböden stehen. Die Rebwurzeln sind seit Jahrzehnten tief in das Erdreich vorgedrungen und transportieren mit Unterstützung des vielfältigen Lebens im Boden über ihre ganze Länge die Nährstoffe und mineralischen Elemente in die wenigen Beeren. Wie einst wird bei der Vergärung der Trauben der Tresterhut nach alter Väter Sitte alle zwölf Stunden untergestoßen, um die Abgabe von Extrakt, Farbe und Tanninen aus den Beerenhäuten zu steigern. In einem einzigen Fass reift der Wein über neun Monate.
Im Glas glänzt der Portugieser in einem Rosenrot, das weniger hell ist als bei der Rebsorte zu erwarten. Er duftet nach roten und schwarzen Beeren wie Rote Johannisbeeren, Wacholder, Holunder und Brombeeren, aber auch nach Schattenmorellen und Erdbeeren, alles abgerundet mit einer leicht erdigen, zuweilen rauchig-pikanten Kräuter- und Würznote. Wir schmatzen spontan auf einer mineralstrotzenden Süffigkeit herum, angefeuert von einer aktiven Säure und einer verhaltenen, herben Fruchtigkeit, alles verbunden in einem recht saftigen Abgang. Das ist kein Portugieser von der verbreiteten leichten Kavallerie, sondern eine nuancierte Vermählung von Kräutern, Holz, Erde, Säuretouch und feinen Tanninen, alles in einem gleichwohl eher schlanken Körper. Ein interessanter Wein, der zu immer neuen geschmacklichen Entdeckungen animiert: Er mutet an wie ein Querschnitt aus den verschiedenen Portugieser-Richtungen, mit denen Alfred Cossmann über die Jahre hinweg experimentiert hat. Am Tisch gefällt der Wein zu Entenbrust auf der Haut kross gebraten mit Schupfnudeln oder zu einem klassischen Rinderbraten mit Rotkohl und Kartoffelgratin.
2016 Mayschosser Spätburgunder trocken Cossmann-Hehle
Der Wein leuchtet edel rubinrot aus dem Glas und verheißt schon durch sein intensives Bukett einen leckeren Aromawein. Himbeeren, Erdbeeren und Rote Johannisbeeren sind dabei, aber auch Kirschen und Schwarze Johannisbeeren, dazu eine Prise süßlich-pfeffriger Gewürze. Und dann wirklich, auch am Gaumen kommt ein aromatisch-fruchtiger, würziger Eindruck an, gut abgeschmeckt mit der typischen Mineralität von Schiefer und Grauwacke. Noch im Finish zeigt er seine Tiefe und Fruchtigkeit hervor. Es ist kein opulenter oder hochkomplexer Wein, sondern gradlinig, sauber strukturiert und ausgewogen komponiert. Er ist damit gleichsam der solide, rote Basiswein des Weinguts und das Eintrittsticket in die Welt der Großen Roten. Seine Stilistik ist in gewisser Weise repräsentativ und charakteristisch für den durchweg hohen Qualitätsanspruch des Deutzerhofs. Ein universeller Rotwein, der extrovertiert den leckeren Spätburgunder herauskehrt, den jeder versteht. Er sollte immer da sein, wenn man Rotwein mag. Er schmückt den Tisch zu vielen rotweinaffinen Gerichten und mag es gerne, wenn man die Flasche ein bis zwei Stunden vorher öffnet.
2015 Alpha & Omega Frühburgunder
Im Glas präsentiert sich der 2015 Alpha & Omega Frühburgunder mit vielschichtigen Aromen aus reifen roten und schwarzen Beerenfrüchten mit leicht nussig-vegetabilen Nuancen, einem Hauch von dunklem Tabak und mit einer wärmenden süßlichen Würze. Am Gaumen zeigt er eine am Bukett angelehnte leicht erdig-kernige Aromatik mit rotem Beerenkompott, Paranüssen und winzigen Anklängen an süßliche Gewürzrichtungen wie Majoran und Beifuß plus einer gewissen pfeffrigen Komponente. Die erstbelegten Barriques haben ihm eine ordentlich eingebundene Holznote verpasst, die von sanften Toast- und Vanille-Tönen unterlegt ist. Er geht schön schmelzig und mineralisch in einen von schon recht reifen, mürben Tanninen, von Zartbitterschokolade und Würze umrahmten und durch die dezente Säure getragenen Abgang. Das ist ein filigraner Wein, der dennoch kraftvoll rustikal durchstrukturiert ist. Das ist kein Widerspruch, sondern eine bei den Weinen aus dem Deutzerhof nicht seltene, geheimnisvoll interessante Janusköpfigkeit. Er ist ein vornehmer Wein, der keineswegs nur zu dunklem oder rotem Fleisch glänzt, sondern sich auch wohl fühlt zu einer rosa gebratenen Entenbrust, aber auch etwas abseits der Konventionen zu Spaghetti Carbonara.
2015 Grand Duc Spätburgunder
Die Spätburgunder Rebstöcke stehen sowohl in der Landskrone in Heimersheim als auch im Neuenahrer Kirchtürmchen in besten Südhangsteillagen. Bestockt sind die Hänge vor allem mit der erwähnten seltenen, kleintraubigen Spätburgunder-Varietät „Kaasten“. Die alten, wurzelechten Reben bringen nur kleine Erträge von etwa 20 bis 30 Hektolitern pro Hektar, die Trauben werden so spät gelesen wie möglich. Die Böden bestehen aus meterdickem Lehm und Basalt mit einer Schieferschicht, obendrauf Grauwacke, Lehm und Basalt. Im Keller erfolgt die Gärung im offenen Maischebottich, danach geht es ab in neue Merrain-Fässern aus kostbarer Allier-Eiche.
Im Glas schimmert der Wein in einem satten Rubinrot. In der Nase tummeln sich klassische Pinot-Aromen von Roten Johannisbeeren, reifen Zwetschgen, dunklen Brombeeren, Schokolade, etwas Erde, etwas Minze, etwas dunkler Tabak, einige florale-vegetabile Töne und ein wenig süßliches Holz. Der Wein strömt nur so dahin beim ersten Schluck. Eine explosive reife Fruchtigkeit von Brombeeren und Zwetschgen plus feiner Schokolade sind mit wohl riechendem Waldboden, einer würzigen, zart rauchigen, sanft salzigen Mineralik und einer sanften Säure straff und dicht verbunden. Die schmackhaften, moderat zarten Holztöne zeigen einen vanilligen Hintergrund, die würzig feinsandigen Tannine begleiten einen fast schmelzigen, saftigen, langen Abgang. Das ist ein Spätburgunder, der bewusst und wahrnehmbar an den französischen Pinot-Stil angelehnt ist und dessen wunderbare, tiefe Struktur mit spielerischer Finesse zu eindrucksvoller Komplexität und Eleganz führt, die an der Ahr eine eher seltene Kostbarkeit ist. Er könnte es locker mit so manchem Aloxe-Corton-Burgunder aufnehmen. Der 2015 Grand Duc Spätburgunder ist ein beindruckender Solist, er wertet aber auch ungemein eine Hirschkeule aus dem Ofen mit Preiselbeersoße und Kartoffelklößen auf.
2015 Caspar C. Spätburgunder
Die Trauben für den 2015 Caspar C. Spätburgunder kommen von den Einzellagen Daubhaus in Ahrweiler und der Landskrone in Heimersheim. Daubhaus ist eine nach Süden bis Südwesten ausgerichtete Lage mit Lehm-Lößboden plus Grauwacke-Verwitterungsgestein. In der Nähe wurden Längsbretter für Weinfässer, die Fassdauben, hergestellt, wovon sich dem Vernehmen nach der Name ableitet. Die Trauben wurden in beiden Lagen extrem spät und manuell geerntet, penibel selektiert und getrennt vergoren. Weiter getrennt reifte der Wein in erst- und zweitbelegten Barrique-Fässern. Erst nach dem biologischen Säureabbau wurden die Lagenweine verkostet und verschnitten.
Im Glas imponiert ein tiefdunkles Blutrot mit violetten Reflexen. Liebliche Düfte von Brombeeren, Cassis, Schokolade, Veilchen, Holunder und blondem Tabak beeilen sich die ersten in der Nase zu sein. Dezente Töne von feuchter Erde und Holz sowie ein Hauch Rauchigkeit eilen hinterher. Wir schmatzen auf einer saftigen, ungemein lebendigen Fruchtkomposition herum, wieder Cassis und Veilchen, aber auch Holunder und vegetabile Richtungen nebst erdigen Tönen, einer winzigen Pfefferspur und schönen Röstaromen von würziger, vanilliger Eiche. Die aufmerksame, filigrane Säure flirtet mit runden, feinsandigen Tanninen. Die frische, verhalten salzige Mineralik und eine samtige Würze krönen ein lang anhaltendes Finale voller Extrakt: ein komplexer Spätburgunder mit feinem Körper und ausgefeilter, seidiger Textur – anhimmelnde Eleganz von der Ahr. Das ist der Klassiker zum Klassiker: Gänsebraten mit Rotkohl und selbstgemachten Klößen. Er ziert aber auch viele andere kraftvolle Fleischgerichte, aber immer sollte es eine festliche Tafel mit würdevollem Kerzenschein sein.
2015 Eck Spätburgunder Großes Gewächs
Im Keller wird für diesen Wein viel und oft Hand angelegt, das fängt bei der Kaltmazeration an und geht weiter mit der exakten Temperatursteuerung zur Initiierung des Gärstarts der eigenen Hefen und Verhinderung einer zu stürmischen Gärung. In „saftigen“ Jahren wird ein Teil des Mostes für den Rosé "Saumon de l'Ahr" abgezogen, was zu deutlich erhöhter Konzentration in der verbleibenden Maische führt. Der Wein wird nach Abschluss der Gärung im Holzbottich und der Sedimentierung im Stahl umgesetzt in 228 Liter Barriques der Tonnelerie Rousseau aus Burgund. Das feinporige und gut abgelagerte Eichenholz wurde nur leicht getoastet, um den Wein nicht mit einer rustikalen Holzbasis zu verschrecken und die lagentypische Mineralität zu erhalten. Wie auch beim Grand Duc und Caspar C. führen die mehrfachen Abzüge zur Klärung der Trübstoffe, so dass nach 18 Monaten Reifung keine weitere mechanische Filtration mehr nötig ist. Deshalb tragen diese Weine auf dem Etikett stolz den Zusatz „unfiltriert“. Der Trester, die Press-Überreste von Kernen und Schalen und die abgestorbenen Hefen, die sich im Stahltank absetzen, werden – wie bei allen Großen Gewächsen des Deutzerhofs – in der eigenen Brennerei zum Marc (Tresterbrand) und Hefebrand veredelt.
Im Vordergrund steht seine ungewöhnlich eindringliche kühle Mineralität, die derzeit noch die volle Entfaltung aller Nuancen der Früchte und Kräuter dämpft. Das ist ein Wein, der als Jahrgang 2015 zwei Jahre nach der Abfüllung noch längst nicht fertig ist. Ähnlich wie bei einem Barolo geht seine Entwicklung auch in der Flasche weiter und wird jedes Jahr den Eindruck deutlich verändern. Es wird immer ein vollmundiger Wein bleiben mit außerordentlichem Lagerungspotenzial, mit urwüchsiger Kraft und feinster Struktur, der selbstbewusst die Zunge streichelt. Diese, durch die Mineralität geprägte Finesse macht diesen Wein einzigartig. Wer ihn jetzt schon trinkt, wird sich an den noch gegenwärtigen Ecken und Kanten nicht ernsthaft verletzen: Man kann sich und diesen spektakulären Spätburgunder mit einer aufregenden Verkostung unter Freunden oder mit einem energischen Wildschweinbraten vom Grill oder aus dem Rohr erfreuen.
28.02.2018
Fotos einschließlich Etikett Altenar Eck:: © Weingut Deutzerhof
übrige Fotos der Flaschen/Etiketten: © D.R.