An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das VDP.Weingut Gutzler in Rheinhessen: Weiße und Rote aus der Grand Cru Liga
Rheinhessen ist zwar seit Jahrzehnten international bekannt, aber erst im den letzten fünfzehn Jahren angekommen an der Spitze der besten Weinanbaugebiete der Welt. Es hat die einseitige Müller-Thurgau-, Silvaner- und Dornfelder-Landschaft hinter sich gelassen und mit dem Zuwachs feiner Rieslinge und Burgundersorten, aber auch mit der Rückbesinnung auf die Eigenschaften seines wertvollen Terroirs gezeigt, dass die Region das Potenzial hat, sich im Fokus der internationalen Nachfrage nach ganz großen Weinen zu positionieren. Der Qualitätssprung der letzten Jahre geht sicherlich zurück auf die technische Seite revolutionärer Entwicklungen und Erfahrungen im Keller und professioneller Methodik im Weinberg. Sie wäre aber nicht möglich gewesen ohne eine Neuorientierung der Weinmacher. Bekanntlich wird Wein immer noch von Winzern gemacht, also kommt es vor allem auf sie an, auf ihre Ideen, ihren Mut, ihre Innovationsfreude und Kreativität. In dieser Hinsicht hat sich Rheinhessen neu aufgestellt sowohl mit einer neuen Winzergeneration als auch mit neuen Überzeugungen in gestandenen Weingütern.
1985 übernahm Gerhard Gutzler den Hof von seinem Vater und beschloss die Landwirtschaft auf den Weinanbau umzustellen. Er hatte schon mit 20 Jahren seine Fachausbildung abgeschlossen und konnte nun seiner Leidenschaft für Fußball und Fahrradfahren auch die für den Wein entwickeln – und zwar nach dem Motto „Anders und besser als alle anderen“. Er machte sich auf die Suche nach Perfektion, veränderte die Ausrichtung des Weingutes radikal und forcierte innovative Methoden im Anbau und im Keller. So setzte er beispielsweise auf Dichtpflanzungen der Rebstöcke in extrem engem Abstand von 60 - 70 cm, um die Verwurzelung in der Tiefe zu fördern und damit die Aufnahme von Mineralien und Wasser. Er errichtete ein neues Kelterhaus mit Traubenannahme, modernisierte den Gewölbekeller und baute einen Barrique-Keller aus. Gerhard Gutzler machte sich auch einen großen Namen mit seinen Destillaten, seit er 1991 mit einer eigenen Destillerie begann. Die Trauben-, Trester- und Weinhefebrände reiften teilweise in Fässern aus Eichenholz oder vom Maulbeerbaum, das Obst bezog er von Streuobstwiesen im rheinhessischen Hügelland. Noch immer ist das Weingut berühmt für seine große Auswahl an hausgemachten Obst-, Wildobst- und Tresterbränden im Sortiment "Wilde Wasser".
Dass Gerhard Gutzler am 25. April 2017 den Kampf gegen den Krebs verlor, war nicht nur für die Familie, sondern für die Weinwelt ein unfassbarer und schmerzlicher Verlust. Viele von Gerhards Ideen und Methoden bleiben in den Weinen des Weinguts lebendig. Sein Sohn Michael führt nun zusammen mit Ehefrau Christine das Weingut Gutzler in der dritten Generation fort. Christine hatte im Weingut Wasem und im Staatsweingut Bad Kreuznach eine Ausbildung als Winzerin gemacht und war dann 5 Jahre im Staatsweingut Bad Kreuznach im Vertrieb tätig.
Zum Weingut Gutzler gehören fast 16 Hektar Rebfläche mit einer Jahresproduktion von rund 110.000 Flaschen. Angebaut werden gemäß rheinhessischer Tradition eine Vielzahl von Rebsorten wie die weißen Riesling, Silvaner, Grauer und Weißer Burgunder, Chardonnay, Sauvignon Blanc sowie die roten Sorten Spätburgunder, Dornfelder, Cabernet Sauvignon und St. Laurent. Dabei stehen Spätburgunder und Riesling mit je einem Drittel im Vordergrund, gefolgt von rund 17 % weißen Burgundersorten und etwa 7 % Silvaner. Die enge Verbindung mit der benachbarten Rebschule Martin hat dazu geführt, dass Michael Gutzler zusammen mit Ulrich Martin immer wieder historische Rebsorten ausbaut, von denen er 2017 die erst 2009 wiederentdeckte rote Burgunder-Sorte Arbst und 2018 die aus Baden bekannte rote Sorte Fränkischer Burgunder in seine Weinberge übernahm. Bereits im Jahrgang 2016 hatte Michael die exklusive Cuvée „Vielfalt“ aus den fünf wiederentdeckten autochthonen Rotweinsorten Schwarzurban, Süßschwarz, Hartblau, Arbst und Fränkischer Burgunder gemacht. Der Schwarzurban zeichnet sich durch dunkle Beerenaromen und eine weiche, runde Tanninstruktur aus, der Süßschwarz durch einen in ein harmonisches Säuregerüst eingebundenen intensiven Sauerkirschton und der Fränkische Burgunder durch würzige, pfeffrige Aromen und eine betonte Gerbstoff- und Tanninstruktur.
Seit Jahren wird das Weingut in Guides wie Eichelmann oder Gault&Millau oder Der Feinschmecker mit Sternchen, Punkten und Gläsern überhäuft, mehrfach erhielt es den Deutschen Rotweinpreis oder den Riesling Erzeugerpreis. Es wird auch sonst immer wieder hoch prämiert – mehr als dreißig Mal allein von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Michael Gutzler wurde einst vom Handelsblatt unter den besten jungen Winzern Deutschlands ausgezeichnet. Heute ist das Weingut Gutzler nicht nur in Deutschland nachgefragt, sondern gilt international als eines der Aushängeschilder des deutschen Weins und eines der besten Weingüter Deutschlands.
Wir konnten zwölf Weine des Weinguts Gutzler verkosten.
Gutsweine sind die Basis der dreistufigen VDP.Qualitätspyramide. Was oft als Einstiegswein gering geschätzt wird, führt im Weingut Gutzler auf hohem Qualitätsniveau in das noch höherwertige Sortiment – ein Basiswein von einer Qualität, die andere nicht einmal in ihrer Spitzengruppe haben. Die weißen Burgunder-Reben wachsen auf den Lösslehmböden im Sonnenberg in Gundheim. Die Trauben wurden auf dem Höhepunkt der physiologischen Reife per Hand geerntet und bereits auf dieser Qualitätsstufe manuell selektiert. Der Ausbau erfolgt im Edelstahltank mit temperaturkontrollierter Gärung.
Im Glas leuchtet ein kräftiges Strohgelb. Der Wein verströmt ein spätsommerliches Flair von duftendem Heu und überreifen roten Äpfeln, grünen Birnen, Aprikosen und weißen Blüten, dazu einige Nüsse und eine kleine Würze von Majoran und Beifuß, alles umweht von einem Hauch Mineralik. Im Geschmack überzeugen fruchtig-exotische Noten von gelben Äpfeln, Ananas, Aprikosen, reifen Mangos, ein Touch Zitrus und feine Kräuter. Der fast cremige Abgang wird von einer netten kleinen Restsüße und einer bemerkenswert lebendigen Säure unterstützt, die zusammen mit der nahezu filigranen Mineralität vom Kalk den nachhaltigen Eindruck der saftigen Frische vermitteln. Hier trifft Harmonie auf druckvolle Eleganz und kühle Frische und lässt ahnen, wohin die Qualitätsreise bei Familie Gutzler noch geht. Der Wein ist ein attraktiver Begleiter eines deftigen Nordseekrabben-Brötchens oder von Kalbfleisch-Rouladen.
2017 Riesling trocken Gutswein
Angesichts des hohen Riesling Anteils an den weißen Rebsorten im Weingut Gutzler liegt es nahe, dass ein VDP.Gutswein-Riesling von Rebstöcken in verschiedenen, aber mit Bedacht ausgewählten Lagen kommt. Wir haben eine sorgsam komponierte Cuvée im hellgelb glänzenden Glas. Nach wenigen Minuten entwickelt sich ein vielschichtiges Bukett aus lecker-frischen Früchten wie grünen Äpfeln, weißen und gelben Pfirsichen, Zitrusfrüchten, roter Grapefruit, Williams Birnen und Quitten. Wir schmecken wiederum grüne Äpfel und verschiedene Zitrusfrüchte mit kräftigen Anklängen von Aprikosen, Birnen, Quitten und einigen Minzblättern. Eine Melange, die sich noch weiter entwickeln dürfte. Es sind die dank der Dichtpflanzung energisch mineralisch umrahmten Fruchtnoten und die aktive Säure, die den Wein frisch und spritzig im Mund herumwirbeln lassen. Sie halten sich im saftig-herben Abgang lange in Erinnerung. Eigentlich gibt es das gar nicht – einen Gutswein mit Alterungspotenzial und doch wird man ihm genau das zugestehen: Also in jedem Jahr weiter verproben: Die Säurebetonung wird mehr und mehr der Fruchtigkeit den Vorrang lassen, diese wird sich vollendet mit der kalktypischen Mineralik bis zur Perfektion vermählen. Selbstverständlich ist er schon jetzt ein Genuss, den man jederzeit als Apéro anbieten oder zu einem Wiener Backhendl hinstellen kann.
Der Ort dieses Ortsweins ist sehr viel kleiner als Westhofen und sehr exquisit: Die Reben wachsen in Parzellen der Ausnahmelage Westhofener Morstein, die ansonsten für die Pyramidenspitze liefert. Hier beherrschen schwerer Ton und Löß den Boden, der, wie zumeist im südlichen Rheinhessen, mit reichlich Kalk gesegnet ist. Der Most dieses Weins wurde im Halbstückfass vergoren, was dem Chardonnay eine bestimmte und durchaus beliebte Stilrichtung verschafft hat.
So liefert das Bukett die klassischen, exotischen, fruchtbetonten Aromen von Ananas, Nüssen, Maracuja und ein wenig Stachelbeere, alles abgerundet von einem angenehmen Lüftchen Holz. Die exotische Aromatik, zu der gelbe Honigmelonen und grüne Birnen hinzukommen, trifft mit Kraft und feiner Würze auf den Gaumen, und verwöhnt ihn im Abgang noch lange. Kraft und Klassik stehen hier nicht für die brioche-buttrige, alkohollastige Holzkeule aus dem internationalen Weinreich. Der Gutzler-Chardonnay tritt frank und frei auf, mit intensiver Frucht, gezähmter Säure, energischer Eleganz und vibrierender Frische, ein ganz klein wenig Chablis schmult aus dem Glas. Es ist ein Charakterwein, der es sich nicht nehmen lässt, individuell seine rheinhessische Herkunft und die Eigenart der Rebsorte zu zeigen – wohl eines der besten Komplimente, das man einem Wein machen kann. Servieren Sie ihn zu einem Red Snapper aus der Pfanne oder zu einem Rebhuhn-Gericht.
Dier Wein stammt von sogenannten Alten Reben, fast 80 Jahre alten, knorrigen, ungepfropften Rebstöcken, die sich tief im Boden mit Mineralität und Wasser versorgen. Sie wurden oftmals einfach vergessen, als man seinerzeit im Müller-Thurgau-Wahn die Flächen umstockte. Von dem heute erreichten ehrfürchtigen Alter darf man dann einiges an Potenzial erwarten.
Und tatsächlich – ein Silvaner mit einer außergewöhnlichen Fruchtexposition und einer hochkonzentrierten Dichte brilliert intensiv goldgelb im Glas. Es drängeln sich animierende Noten von Pfirsichen, Mirabellen, Stachelbeeren und echter Vanille – alles mit dem ortsüblichen Touch Mineralität. Auf der Zunge explodieren die Fruchtaromen von Cantaloupe-Honigmelonen, reifen gelben Pflaumen und Pfirsichen, unterlegt von Heu, Vanille, einem kleinen Walnusston und exklusiven, leichten Röstaromen. Die knackige Säure ist in dem Fruchtspiel der Restsüße so harmonisch versteckt, dass sie unaufgeregt im Hintergrund wirkt, aber dem Wein eine animierende Frische mitgibt, die von der Mineralik noch unterstützt wird. Im Finish geht er saftig und herrlich schmelzig mit einer bemerkenswerten Länge ab. Ein fruchtiges Kraftpaket, das mit einem konzentriertem Extrakt und einer ausgeprägten Duft-und Geschmacksfülle voll im Saft steht. Bitte reichen Sie diesen Silvaner nicht reflexartig zum Spargel – er krönt aufgrund seiner Fruchtdichte perfekt ein feines japanisches Yakitori (gegrillte Hühnerspieße mit Gemüse) oder ein thailändisches Pad Kana Moo Grob (gebratener Chinakohl mit knusprigem Schwein).
2017 Liebfrauenstift Kirchenstück Riesling Große Lage
Eine brillante Fruchtigkeit paart sich mit spannender Energie und geheimnisvoller Komplexität zu einem eindeutigen Ergebnis: Das ist der charaktervolle Genusswein, der so manche Rieslingdimension sprengt. In der Nase entfaltet er sich mineralisch kühl und erfrischend mit einer Zitrus gestützten Exotik von Litschis, Maracuja, Aprikose und Vanille. Am Gaumen baut sich eine pointierte Spannung auf, verzückt von einer vibrierenden Mineralität und einem komplexen Aromenbündel voll traumhafter Fruchtigkeit. Der Wein wirkt nie wuchtig oder fett, sondern bleibt auch nach längerer Belüftung der elegante Kühle aus Worms, tiefgründig und langanhaltend im Abgang. Her baut er zusammen mit der integrierten Säure und einer tänzelnden Restsüße noch eine finale Würze auf. Ein Wein mit einem fesselnden Charakter, der einen mit der Zunge schnalzen lassen möchte. Er ist der edle Tropfen zu einem Hummergericht oder zu einem milden Curry vom Lammfilet.
2017 Morstein Riesling trocken Große Lage
Der Morstein Riesling trocken Große Lage von Gutzler demonstriert vorbildlich die Typizität des Rieslings einer großen rheinhessischen Kalklage. Er atmet die intensive, klare und frische Mineralität des Kalksteins aus, fein nuanciert mit Aromen von gelbem Pfirsich plus Aprikose, plus weißen und gelben Blüten und sogar etwas Birne und einigen grünen Kräutern. Den Mund füllt der Wein mit einer spannend trägen Viskosität und kleidet ihn rund und straff aus. Pfirsiche und Aprikosen, kandierte Zitrusfrüchte, Mangos, einige Nüsse und getrocknete florale Noten wirken in einem Spiel von präsenter Säure und dezenter kandisartiger Restsüße mit. Volle Kraft voraus in einen donnernden, finessenreich strukturierten Abgang mit Tiefe und Substanz. Der Nachhall wird von einer klaren Mineralität gestützt, die aufgrund der Ursedimente des Flussbetts in den tieferen Bodenschichten den neuerdings so beliebten salzigen Touch bietet und dazu noch einen kleinen Gerbstoffgriff mitbringt. Ein höchst eleganter, beschwingter Wein mit einer reifen und komplexen Aromatik und maximalem Geschmack. Ein Schmaus von edlen Meeresfrüchten einschließlich Muscheln oder eine Trüffelpoularde aus dem Rohr dürfte Ihnen und diesem großartigen Wein bestens gefallen.
2016 Spätburgunder trocken Gutswein
Was Michael und Christine und zuvor Gerhard Gutzler mit Leidenschaft aus der Rebsorte Spätburgunder so herauszulocken vermögen, lässt dieser Gutswein auf den ersten Schluck erahnen. Im Glas funkelt er appetitlich in einem tiefen Ziegelrot. Ein klassischer Duft von Erdbeeren, roten Johannisbeeren, etwas Rhabarber und Stachelbeeren sowie eine winzige Zitrusrichtung wehen aus dem Glas, alles frisch und sauber zusammengefügt. Dazu schweben Nuancen von leicht vanilliger Würze herum. Im Mund tummeln sich die Burgunderaromen mit Kraft und Eleganz. Zu Johannisbeer- und Süßkirschnoten kommen Granatapfelkerne, Vanilletöne und feine Gewürze hinzu. Im Finish kommt seine von einer lebendigen Säure und einer anmutigen Mineralik umkreiste Süffigkeit und Trinkfreude eindrucksvoll zur Geltung. Ein reiner, fast schlanker, eindeutig trockener Spätburgunder, der weit über ein Einstiegsranking hinausragt. Gebratene Wachteln mit Steinpilzen oder ein Entrecôte vom Grill sind ein interessantes Pairing. Und bitte den Wein mindestens dreißig Minuten durchatmen lassen, bevor er in Burgunderstiele gefüllt wird.
2016 Westhofener Spätburgunder trocken Ortswein
Die Trauben für diesen Wein wachsen in besten Westhofener Lagen. Hier beherrschen, wie schon erwähnt, Löss, Sand und Kalk das Terrain. Da bekommt die Spätburgunder-Rebe, die sich bekanntlich jeden An- und Ausbaufehler merkt, durchweg gute Laune und hält sich mit ihren Zickigkeiten zurück. Vorsichtig haben die Gutzlers die Stilistik des Weins durch den Einsatz französischer Barriquefässer ins Burgundische gelenkt.
Das sortentypische Bukett des Ortsweins protzt mit Eindrücken von Süßkirschen und frischen Erdbeeren, Rhabarber und einer kleinen Prise Zimt. Auch geschmacklich laben wir uns am Erdbeeraroma, wohl schmeckend abgerundet mit Kirschen und roten Beeren: Die Zunge registriert dazu dezente Holztöne aus der Vanille- und Bittermandel-Ecke und eine breite Würze, aus der ein winziger Abdruck von Fenchel herausragt. Die adäquate, gut eingebundene Säure und die Mineralität sind bestens austariert und werden von sanften Tanninen in einen langen, markanten Abgang begleitet. Es ist ein dichter, komplexer, extraktreicher und doch frischer, saftiger Spätburgunder mit eleganter Struktur – ein charaktervoller Fingerabdruck von Familie Gutzler für gute Freunde und zu einem Hasenbraten aus dem Ofen.
2014 Morstein Spätburgunder trocken Große Lage
Im Glas sehen wir ein dunkles Ziegelrot mit violetten Reflexen. Nach guter Belüftung des Weins toben in der Nase sortentypische Düfte von Kirschen, Erdbeeren, Brombeeren mit süßlichen Vanille- und Zimttönen herum, im Hintergrund tauchen ab und an ein Gewürzsträußchen, ein Veilchen und eine kleine Tabaknote auf. Die Zunge wird lecker überschwemmt von roten und dunklen Beerenerlebnissen: Erdbeeren, Brombeeren, Rote und Schwarze Johannisbeeren. Dazu stellen sich schwarze Kirschen, zart-nussige Holzaromen sowie kleine Nuancen von Bittermandeln und schwarzem Pfeffer ein, der allerdings keine Schärfe befürchten lässt. Fast endlos schmatzen wir während des schmelzigen Nachhalls auf der komplexen Aromatik und den feinkörnigen Tanninen herum. Es ist schon erstaunlich, mit welchen Winzerkünsten es Familie Gutzler gelungen ist, den nahezu absolut trocken Wein mit einer so gestandenen und doch harmonisierten Säure und einer so charaktervollen, reinen Mineralik auszustatten, dass er mit vollmundiger Finesse frisch und munter auftritt. Das ist der Klassiker zu einer grandiosen Hirschkeule aber auch zu gut bürgerlichen Rindsrouladen.
2014 Brunnenhäuschen Spätburgunder trocken Große Lage
Jedenfalls reifen die Spätburgunder-Trauben hier erst später als anderswo im Rheinhessischen, so dass man meinen sollte, dass mit dem Ziel der optimalen physiologischen Reife auch später geerntet wird. Erfahrungsgemäß bedankt sich der Spätburgunder für die verlängerte Vegetationsperiode mit noch mehr Frucht und noch mehr Länge. Andererseits gilt es jedoch beim sensiblen und fragilen Spätburgunder darauf zu achten, dass die Trauben nicht zu reif werden. Daher sind solche längeren Vegetationsperioden aufgrund einer besonderen Lage wie im Brunnenhäuschen ideal, um ohne Hektik den richtigen Erntezeitpunkt auszuwählen, um Frische in den Wein zu bringen und die Säure zu erhalten. Außerdem dürfte Michael Gutzler ohnehin keine überreifen Pinot-Trauben mögen, weil sie die Lagerfähigkeit des Weins von vornherein beschränken.
Wir schnüffeln gerne und immer wieder am ungemein lebendigen Bukett des Weins herum: Neben den Kirschen und Erdbeeren kommen einige Orangenblüten herüber, auch erdige und blumige Anklänge und eine gehauchte Holzwürze von Vanille und süßlichem blonden Tabak. Welch reife, saftige Fruchtstruktur erfreut dann den Gaumen, welch würzige, zart salzige Mineralität und welch erfrischende, raffiniert untergebrachte Säure, die wesentlich seidiger erscheint als bei so mancher ruppiger Burgunderlegende der Côte de Nuits. Ein höchst komplexer, filigraner, eleganter Spätburgunder mit weich geschulterten Tanninen und dichter, körperreicher Textur: lebendig und vielschichtig. Im langen, aromatisch-fruchtigen Nachhall entfalten sich noch einmal schöne Erdbeertöne. Ein echter Grand Cru Burgunder von einem der besten Burgunder-Weingüter in deutschen Weinlanden. Genießen Sie ihn als Solisten zu einer besonderen Gelegenheit, die auch der Wein selbst sein kann. Er wertet darüber hinaus im festlichen Menü jeden Hauptgang von edlem Wildbret auf.
2012 Cuvée R GS trocken Réserve
Die im Barrique ausgebaute Cuvée ist eine rote Sonderedition, die auch Weißweintrinker verführen kann. Als Réserve werden nach den VDP-Regeln große Weine bezeichnet, die nicht in jedem Jahrgang erzeugt werden. Das manuell selektierte Lesegut stammt aus Lagen mit besonderem Charakter, der den Weinen eine eigene Story mitgibt. Die 2012 Cuvée R GS trocken Réserve ist auf diesen besonderen Höhepunkt hin komponiert aus St. Laurent, Cabernet Sauvignon und Dornfelder. Der Wein ist trocken und imponiert durch ein aktive Säure, verschreckt aber nicht mit Nullgraden an Restzucker.
Im rubinrot schimmernden Glas schnüffeln wir an vielschichtigen Aromen herum, rote und blaue Beeren drängeln sich vor – Schwarze Johannisbeeren, Himbeeren und Brombeeren. Sogar Kirschen lassen grüßen. Vanilletöne, Mokka, Zimt, Nüsse und Kräuter winden sich in der Nase ebenso wie eine winzig kleine Rauchfahne. Wir schmecken Frische, Frucht und süßlich-pikantes Holz, alles vorbildlich harmonisch und im Finish sagenhaft saftig. Die vordergründige, leichte Cabernet-Betonung mit den prägnanten, aber charmanten Tanninen erinnert an Bordeaux-Cuvées erster Güte. Ein angenehmer roter Trinkwein mit einem schönen Körper, der sich ohne Diskussionsrisiko zu den großen Drei – Lamm, Rind und Wild – servieren lässt.
Cabernet Sauvignon Réserve trocken
Der Cabernet Sauvignon Réserve trocken vom Weingut Gutzler ist aus Barrique-Fässern verschiedener Jahrgänge assembliert und fällt durch eine besondere, hierzulande eher seltene Stilistik auf, die eher wegführt von den französischen Üblichkeiten und an ganz große Yakima-Valley-Weine aus Washington State erinnert. Im Glas funkelt der Wein in einem intensiven, fast dunklen Rubinrot. Schon in der Nase verrät er seine dichte, süßliche Fruchtkomposition von Himbeeren, Heidelbeeren, Cassis und einigen Erdbeeren, alles in natürlichen, aromatischen Waldvarietäten, nicht in der geschmacklosen Massenzuchtfassung. Dazu schmeicheln opulente karamellige und vanillige Röstaromen. Am Gaumen dann die große Überraschung: Ein Cab mit einem unglaublichen Trinkfluss, der seine Tannine gebändigt under cover hält und sie gut dosiert freigibt. Selten sind die Tannine eines Cab Sauv so professionell auf den Punkt gebracht. Meist erscheinen sie aufdringlich und überlagern die Aromatik. In diesem Cab verschließen sie jedoch nicht den Gaumen und bleiben auch nicht an ihm haften, sondern halten sich präsent im Hintergrund bereit, damit ja nicht in Vergessenheit gerät, dass man einen Cab im Mund hat. Sie lassen aber eben Raum für den Genuss des Weins. Wir schmecken eine Vielfalt von roten und blauen Beerenfrüchten wie Rote Johannisbeeren, Brombeeren, Cassis, dazu Zeder und Tanne plus Kräuter sowie einen Hauch von Zitrus, gelber Paprika und Schokolade. Alles wird großzügig umrahmt von einem unvergleichlich abgerundeten süßlichen Holzton, der – gestützt durch die aktive Säure und eine schlanke Mineralik – sich auch im Nachhall noch hält, ohne von den feinen Tanninen erdrückt zu werden. Ein fruchtiger, hochkomplexer, temperamentvoller Wein mit einem mächtigen Körper, der keineswegs schwer wirkt: Er lässt sich unangestrengt genießen – ein großartiges Rotweinvergnügen. Der Cabernet Sauvignon Réserve trocken ist ein eindrucksvoller Solist für eine ganz private Open-End-Verkostung, er eignet sich aber auch hervorragend zu einem Porterhouse Steak vom Grill oder zu einer vegetarischen Ratatouille mit Auberginen und Paprika.
28.12.2018
Personen-Fotos: © Peter Pulkowski - Weingut Gutzler
übrige Fotos einschließlich Flaschenfotos: @ Weingut Gutzler