An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
3-Gläser-Weine zum kleinen Preis: Die italienische Winzergenossenschaft MONCARO
Vor über fünfzig Jahren, im Jahr 1964, gründete eine Gruppe von qualitätsbewussten Winzern in der italienischen Provinz Marken eine Genossenschaft. Marken liegt in Mittelitalien zwischen der Emilia Romagna im Norden und den Abruzzen im Süden, grenzt im Westen an die Toskana, Umbrien und Latium und im Osten an die Küste der Adria. Die Hauptstadt ist der bekannte Fährhafen Ancona. Marken besteht größtenteils aus endlosen sanften Hügeln mit Weinstöcken, Olivenhainen und Obstgärten. Breite Täler reichen bis zum Meer, wo sich ein hellgelber Traumstrand an den nächsten reiht. Auf den vielen Hügeln wechseln sich romantische Burgen und mittelalterliche Städtchen ab. Zu den Apennin hin baut sich ein steiles Gebirge auf mit tiefen Schluchten, die von schneebedeckten Gipfeln überragt werden.
Im Jahre 2000 gelang es MONCARO erstmals, mit einem Wein im Weinführer Gambero Rosso die höchste Bewertung zu erreichen, die drei Gläser. Inzwischen geht jedes Jahr ein wahrer Gläserregen auf die Genossenschaft nieder.
Heute ist MONCARO eine Groß-Genossenschaft, die vom Hauptsitz Montecarotto aus gesteuert wird. Als Chef-Önologe ist Giuliano D’Ignazi tätig, der von Riccardo Cotarella, einem der berühmtesten Weinmacher Italiens beraten wird. Die über 900 Mitgliedsbetriebe bewirtschaften in den besten Terroirs der Marken drei Produktionsgebiete mit den Spitzenlagen Castelli di Jesi, Conero und Piceno. Auf den rund 1.800 Hektar Rebflächen der Genossenschaft werden alljährlich ca. 11.000 Tonnen Reben geerntet, aus denen 7,5 Millionen Flaschen abgefüllt werden.
Über eine sogenannte Losbezeichnung auf der Flasche können Konsumenten die Herkunft der Trauben zurückverfolgen; jeder Schritt – vom Weinberg über die Produktion bis zur Abfüllung – wird dokumentiert. Die Mailänder Spitzendesigner Robillant und Partner entwarfen ein gemeinsames Logo und die Flaschenausstattung. Das Logo befindet sich als Prägung auf allen Flaschen und stellt drei stilisierte Burgen der Marken dar, was die drei Winzergemeinden, die MONCARO ausmachen, symbolisieren soll.
60 Hektar der Rebflächen von MONCARO werden heute anerkannt ökologisch bearbeitet und für zertifizierte Bio-Weine genutzt. Für die Ökoweinbereitung wurde eine komplette Anlage neu erstellt, getrennt vom übrigen Weinausbau. Auch ansonsten verfügen die Kellereien über modernste Kellertechnik. Mit einer auf beweglichen Füßen stehenden pneumatischen Presse können über 8 Programme je nach gewünschter Weinqualität die Mostausbeute genau regulieren und die Reben schonend auspressen. So werden zum Beispiel sämtliche Gärtanks und auch die Fässer einzeln temperaturgesteuert.
Die vergleichsweise günstigen Preise der Weine von MONCARO lassen nicht vermuten, dass hier mit unzähligen Auszeichnungen honorierte Spitzenqualitäten erzeugt werden, die so manchen 30-Euro-Plus-Wein hinter sich lassen.
Wir konnten sechs Weine von MONCARO verkosten.
LE VELE Verdicchio die Castelli di Jesí DOC 2014
Die wichtigste Rebsorte der Provinz Marken ist die Verdicchio, eine autochthone Rebsorte, die schon seit vielen Jahrhunderten hier angebaut wird. Wer kennt sie nicht, die berühmt-berüchtigte Amphorenflasche, die ähnlich wie der Chianti-Korb zum Standart-Souvenir eines Italien-Urlaubs verkam und meist nur dünnen Plätscherwein enthielt. Heute ist der Verdicchio nicht mehr der Hit der italienischen Autobahnraststätten, sondern ein ernsthafter Wein, der nicht nur Spitzen-Weine hervorbringt, sondern generell einen Qualitätsschub erhalten hat.
Im Glas steht ein hellgelber Wein, der strohgelb bis grünlich blinzelt. Aus dem Glas strömt erst einmal Frische, dann eine wahre Aromenflut von weißen Nektarinen, grünen Äpfeln, Ananas, Grapefruit und Zitrusaromen. Hinzukommt der sortentypische, „gefährlich“ anmutende Geruch von Bittermandel. Wir schmatzen auf einem gefällig süffigen, belebenden Wein herum. Eine deutliche Fruchtsüße ringt mit einer deutlichen Säure, so dass sich beide in einer angenehmen Frischekomponente treffen, fruchtig, knackig, spritzig sozusagen. Das ist der jugendliche Sommerwein für die Terrasse, für die Strand- und Sonstwo-Party und die adäquate Antwort auf ein herrliche, leichte Antipasti aus Schalentieren, Muscheln und sortierten Meeresfrüchten im eigenen Saft. Übrigens – wer macht schon sonst einen 6-Euro-Wein, der vom Gambero Rosso mit zwei Gläsern ausgezeichnet wurde.
Dieses also ist die Riserva-Version des Castelli di Jesi Verdicchio. Seine Produktion begann schon im Weinberg damit, dass seine Trauben spät und überreif gelesen wurden. Ausgebaut wurde er im Edelstahl und anschließend im Barrique.
Der Wein funkelt golden im Glas. Wir schnüffeln an einem Bukett aus reifen Früchten und gelben Blüten, dazu Vanillenoten aus dem Holz. Im Mund kommt eine kräftige Aromatik an mit reifer Ananas, reifen grünen Birnen, etwas Banane, einigen gelben Blüten, alles aber nicht erschlagend süßlich. Vielmehr ist die Aromatik in eine knackige Säure und soliden 14 Volumenprozent Alkohol eingebunden, die dem Wein und uns einen langen, markanten Abgang verschaffen. Der Vigna NOVALI Castelli di Jesi Verdicchio Riserva DOCG 2011 ist ein elegant strukturierter und schon jetzt komplexer Wein. Servieren Sie ihn zu einer Vorspeise mit geräuchertem Wildlachs oder zu kräftig gewürzten Schweinefilets.
OFITHE Offida Passerina DOCG 2014
Wir schwenken im Glas einen strohgelben Wein herum, der grüne Reflexe versprüht. Es riecht nach mediterranen Kräutern, gelben und grünen Früchten. Am Gaumen überraschen die enorme Frische und die Fruchtigkeit aus Zitrusfrüchten. Wir registrieren eine lebendige Säure und eine schon im Mund spürbare, schmackhafte Mineralität. Auch der Abgang wird nochmals von der imposanten Mineralität gestützt. Das ist der perfekte Wein für ein gebratenes Heilbutt-Filet mit frischen Zitronenhälften an neuen Kartoffeln mit ausgelassener Butter. Wenn Sie es lieber italienisch mögen, so gönnen Sie sich zu dem Wein Spaghetti und Tagliatelle mit Muscheln in weißer Sauce.
OFITHE Offida Pecorino DOCG 2014
Eigentlich wird der Pecorino von den italienischen Winzern nicht sehr geschätzt. Die kleinbeerige, frühreife Sorte produziert zwar auch ohne strengen Schnitt nur wenige Trauben, was einen hohen Extrakt fördert. Jedoch ist die Rebe sehr empfindlich gegen Sonnenbrand, so dass auf schützendes Laubwerk geachtet werden muss. Das ist schwieriger als umgekehrt dem Trend zur Entlaubung zu folgen, um die Beeren der Sonne auszusetzen und den Fruchtzucker hochzutreiben. Heute wird der Pecorino wieder als eigenwillige und anspruchsvolle Spitzensorte akzeptiert, die in den Marken Weine mit einer enormen strukturellen Komplexität liefert. Bei MONCARO werden die Trauben handselektiert und im Edelstahl ausgebaut.
Der Wein zeigt eine strohgelbe Farbe mit dezent goldenen Reflexen. Er duftet beeindruckend vielschichtig nach blühender Akazie und Jasmin, gelben Äpfeln und Birnen, Mandarinen und Kräutern, dazu eine Spur Süßholz, Minze und weiße Blüten. Sein Mundgefühl ist Frische, Würze und ein dichter Körper – trocken, zitrusstark und mineralisch. Wir notieren eine mit dem unauffälligen Restzucker gut harmonisierte, moderate Säure. Man kann den Wein durchaus als komplex empfinden, besonders, wenn man noch zwei Jahre abwartet.
Sie sollten den OFITHE Offida Pecorino DOCG 2014 nicht langweilig zu einem Fischgericht servieren. Trauen Sie ihm gegrilltes Schweinefleisch zu mit einem leichten Bittergemüse wie Artischocken, Chicorée, Radicchio oder grüner Spargel. Ganz abgedreht können Sie ihn als Überraschungsgast zu sogenannter, treudeutscher „Frischer Wurst“ (Blut- und Leberwurst) anbieten.
ROCCAVIVA Rosso Piceno Superiore DOC 2012
Im Glas präsentiert er sich tiefrot und dunkel, schon Richtung Schwarz mit violetten Reflexen. In der Nase erleben wir Schwarze Johannisbeeren, Brombeeren, Veilchen, ätherische und würzige Aromen. Am Gaumen kommen dazu kleine Noten an von Kirsche, Pflaume und Schokolade. Wir schmecken einen fülligen, würzigen, extraktreichen Wein, der den Mund aber nicht wuchtig und schwer ausstopft, sondern saftig und fast elegant wirkt. Eine präsente, aber nicht aufdringliche Säure, eine samtige Tanninstruktur und ein karamelliger Holzton machen den Wein geradezu trinkfreudig. Angesichts des Preises kann man sich mit dem ROOAVIVA Rosso Piceno Superiore DOC 2012 einen 3-Gläser-Wein als Wein für jeden Tag leisten, der in jeder netten Runde zu einigen oder mehreren Flaschen animiert. Aber es ist auch der passende Wein, wenn Sie einen beeindruckenden Begleiter zu einer Lammkeule Provençale wählen möchten.
An den Hängen des über 500 Meter hohen Monte Conero südlich der Hauptstadt Ancona werden die Trauben für den renommiertesten Rotwein der Marken, den Rosso Conero, angebaut. Es ist ein sortenreiner Wein aus 100 % Montepulciano, der meistangebauten Traube Italiens. Der CIMERIO Conero Riserva DOCG 2011 lagerte eineinhalb Jahre lang in Barriques aus slowenischer und französischer Eiche. Darauf folgte eine 12 monatige Flaschenruhe.
Rubinrot funkelt er uns an mit granatroten Reflexen. Er verströmt ein kraftvolles Bukett aus dunklen Früchten wie Schwarzen Johannisbeeren, Brombeeren, Schwarzkirschen, dazu eine klitzekleine Expresso-Note. Hier hat man etwas im Mund, kräftig, dominant, energisch. Das Holz ist präsent und schmackhaft, dank slowenischer Eiche nicht zu vanillig. Die markante Säure fördert einen langen Abgang, der von den nötigen Gerbstoffen begleitet wird, gerade richtig vom Holz umrahmt. Der Riserva wäre bestimmt hocherfreut, reichten Sie zu ihm ein klassisches Ossobuco oder mal eben eine knusprige Weihnachtsgans.
12.02.2016
Fotos © Moncaro
Flaschenfotos © D.R.
Fasskeller von Moncaro