An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Klassiker aus Toplagen: Das Weingut Lotz von der Mosel
8. September 2016
Für Stefan Lotz ist das siebte Jahr nicht verflixt, sondern ein weiterer, großer Schritt nach oben auf der Erfolgsleiter. Für ihn ist das Jahr 2016 mit dem 2015er Jahrgang eines seiner wohl besten Weinjahre, seit er vor sieben Jahren den elterlichen Betrieb, das Weingut Klaus Lotz, übernommen hat. Jetzt heißt der Betrieb Weingut Lotz und die ganze Familie fühlt sich mitgenommen in dem neuen alten Betrieb und führt ihn gemeinsam und mit vereinten Kräften.
Stefan Lotz, der 2003 seinen Winzermeister gemacht hat, liebt aber nicht den Wein schlechthin, sondern ganz besonders den Moselwein. Um den hat sich Familie Lotz in fünf Winzer-Generationen gekümmert und verdient gemacht, für ihn engagiert sich Stefan mit Leidenschaft und Überzeugung. Er hat die Einzigartigkeit des Moselweins erkannt, der mit seiner Leichtigkeit, seiner Frische und der Abbildung eines unvergleichlichen terroirs der Inbegriff des deutschen Weins ist, die Referenz für den perfekten Hochgenuss. Man muss ihn nur lassen, den Moselwein, die Reben im Weinberg, die Trauben und den Most im Keller. Und immer beachten, dass die nicht nur bekannte, sondern auch bewährte Tradition an der Mosel der Erhalt der natürlichen Süße der Rieslingfrucht ist. Es sind die flotten, fein ausbalancierten Klassiker, die stolz ihre handwerklich dressierten Öchsle vorzeigen, statt sie im Durchgären verschwinden zu lassen.
Auf fast 10 Hektar ist die Rebfläche inzwischen angewachsen, die das Weingut Lotz bewirtschaftet und jährlich rund 70.000 Flaschen abfüllt. Familie Lotz gehören Parzellen in den Lagen Erdener Treppchen, Erdener Herrenberg, Ürziger Würzgarten sowie Lösnicher Försterlay und auf der rechten Moselseite die Lage Erdener Bußlay, wo tiefgründiger Lehmboden vorherrscht. Neben den roten Spät- und Frühburgunder und Dornfelder werden überwiegend weiße Rebsorten angebaut: Riesling, Kerner, Müller-Thurgau, Weiß- und Grauburgunder und Chardonnay. In geeigneten Jahren baut Familie Lotz auch Trockenbeerenauslesen und Eisweine aus, Sekte, Brände von der Hefe und vom Trester und Liköre von der Traube und Weinbergspfirsich gibt es sowieso.
Wir konnten sechs Weine vom Weingut Lotz verkosten.
2015 Ürziger Würzgarten Riesling Kabinett trocken
Der Ürziger Würzgarten auf dem westlichen Moselufer ist eine der zwei Weinlagen der Gemeinde Ürzig. Die in Terrassen gegliederte und von Schiefermauern und Pfaden durchzogene, rund 56 Hektar große und nach Südost bis Süd ausgerichtete Lage ist eine der bekanntesten an der Mosel. Kleinparzellierte Weinberge mit ihren Weinbergmauern und eine riesige, in den Fels gehauene Sonnenuhr geben ihr ein besonderes Gepräge. Dazu trägt auch die riesige Sonnenuhr an einem ehemaligen Wehrturm bei, die als einzige an der Mosel römische statt arabische Ziffern hat. Die Bezeichnung Würzgarten rührt daher, dass es bis ins 17. Jahrhundert üblich war, den Wein mit Gewürzen anzureichern. Seit über zehn Jahren gibt es in Ürzig auch einen echten, mediterranen Gewürzgarten mit über 10.000 Stauden in einer exponierten Steillage, der Besuchern offen steht. Etliche Weingüter haben in der Spitzenlage Parzellen mit Steillagen von 60 bis 70%. Die Himmelsausrichtungen, Böden und mikroklimatischen Verhältnisse können allerdings leicht wechseln, je nachdem wo die Parzelle genau liegt.
Im Glas haben wir mit dem 2015 Ürziger Würzgarten Riesling Kabinett trocken einen Wein mit reichhaltigen exotischen und tatsächlich auch würzigen Aromen. Er duftet nach Pfirsichen und grünen Äpfeln und eröffnet im Mund ein saftiges Feuerwerk von weißen und gelben Früchten – einige Litschis und eine kleine Hawaii-Ananas sind auch dabei. Diese Saftigkeit und Frische kommt nicht aus dem Vorprogramm, sondern ist schon ein echter Hauptfilm der Lotz-Produktion. Das Frucht-Säurespiel steht analytisch zwar auf unentschieden, also ausgeglichen, gleichwohl erscheint er fruchtsüßer als ein trockener Wein erwarten lässt. Durch seine mineralische Würze kommt er rassig und komplex rüber und belohnt mit einem starken, vor allem von Mineralität getragenen Finish. Obendrein verblüfft er mit einer Leichtigkeit von zeitlosen. 11,5 Volumenprozent Alkohol. Ein hochwertiger Mosel-Klassiker mit einer modernen Coolness. Er passt sehr schön zu einem echten Hühnerfrikassee mit kleinen Champignons, Kapern und Fleischbällchen.
Die Rebstöcke von diesem Wein stehen in der Lage Erdener Herrenberg, das ist das obere Drittel der Lage Erdener Treppchen. Von ganz oben hat man einen atemberaubenden Blick auf die Moselschleife zwischen den Orten Lösenich und Wehlen. Hier ist der Boden schieferhaltiger als am Fuß des Weinbergs, und das Mikroklima zeigt trotz der Speicherfähigkeit des Grauschiefergesteins aufgrund der Höhe eine kühlere Bilanz. Natürlich ist das kein Cool Climate Wein, aber er unterscheidet sich in seiner Struktur schon von den Weinen im unteren Teil des Weinbergs, was zu hochinteressanten Vergleichsverkostungen geradezu herausfordert.
Im Glas entwickeln sich sortentypische, starke Fruchtaromen von Aprikosen, grünen Delicius-Äpfeln, roter Grapefruit und kleine Anmutungen von Passionsfrucht und Marzipan. Am Gaumen beeindruckt eine spontane Fruchtsüße, die von der lebendigen Säure in Schach gehalten wird. Entscheidend aber sind die intensiven mineralischen Schübe, die immer wieder zu schmatzhaften Nachschlucken führen und eine herrliche Frische vermitteln. Das ist der gehobene, allseits gefällige Wein für den Sommerempfang im Garten, der allen in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Sie können ihn auch zu chinesischen Pork Dim Sums servieren.
2015 Blanc de Noir Spätburgunder feinherb
Der Most wurde wahrscheinlich kalt und auf jeden Fall im Edelstahl vergoren. Die süßliche Nase geht in Richtung Steinobst, Passionsfrucht und Ananas, irgendwo waren da aber auch einige Sommerblumen. Auf der Zunge werden diese Aromen durch rote Äpfel ergänzt und unterstützt von einer kräftigen Fruchtsüße und schmelzigen Säure. Ein sehr geschmackstiefer, aber leichter Wein mit dezenter Mineralität und einer gewissen Burgunderwürze. Begleiten Sie diesen Wein ganz nobel mit einer Languste vom Grill, mit einem Zanderfilet aus der Pfanne oder ganz schlicht mit einem Ziegenkäse.
2015 Erdener Treppchen Riesling Kabinett
Die berühmteste Lage von Stefan Lotz liegt quasi direkt vor der Tür: Wenn man vom Weingut Lotz aus über den Campingplatz hinweg auf die andere Seite der Mosel blickt, sieht man den westlichen Zipfel einer der legendärsten Weinlagen Deutschlands: Erdener Treppchen. Hier kraxelt man in Steilhängen mit bis zu 80% Hangneigung herum, Handarbeit und Fitness sind gefragt. Schon die Römer rammten Stufen in den Schiefer und vor Jahrhunderten wurden in die extrem steilen Hanglagen Steintreppen gebaut, von denen der Name der Lage stammt. Es ist eine Süd- bis Südwestlage mit Böden aus vielfältigem Schiefergestein, teilweise durch den Eisengehalt rot getönt. Obwohl sie an den Ürziger Würzgarten fast angrenzt, findet man hier kaum das eigenartige ürziger Vulkangestein. Die Sonne heizt ungehindert den blauen und grauen Schiefer auf, wobei die Wasserfläche der Mosel die Strahlen zusätzlich in die steilen Lagen reflektiert. Vom Verband der Qualitätsweingüter VDP ist die Lage Erdener Treppchen als Erste Lage klassifiziert, gehört also zu den Grand-Crus an der Mosel.
Mit dem fruchtsüßen Kabinett hat Stefan Lotz einen Wein in der klassischen Tradition der Mosel gemacht in dem Stil, der einst den Ruhm der Moselweine begründet hat. Aus dem Glas strömen Aromen von Macadamianüssen, Kandis, Mangos und Wildblumen. Wir schmecken dazu Pfirsiche, Honig, Maracuja und eine angenehme Würze. Das Säuregerüst gibt der überragenden Fruchtsüße ein stabiles Rückgrat, eine Komposition, die Moselweine so unvergesslich macht. Die aktive Mineralität macht den Wein süffig und lässt uns in einem nahezu unendlichen Abgang schwelgen. Der Wein ist cremig elegant und beindruckend leichtfüßig, auf eine gewisse Art aber auch komplex. Mit 8% Alkohol zeigt er würdig seine natürliche, fein ausbalancierte Fruchtsüße, die das terroir authentisch abbildet. Ein Wein, bei dem das inflationär verteilte Etikett trinkfreudig tatsächlich zutrifft. Servieren Sie ihn zu jeder schönen sommerlichen Gelegenheit, gerne aber auch mutig zu einem mexikanischen Maisgericht.
2015 Erdener Treppchen Riesling Spätlese
Die vibrierende Fruchtsüße, die tänzerische Verspieltheit, die brillante Mineralität und die kühle Säure machen diese Spätlese, die mit 100° Öchsle geerntet wurde, zu einem Moseltraum. Wir schnüffeln an Duftschwaden von Äpfeln, weißen Pfirsichen, reifen gelben Birnen und etwas Zitrus. Am Gaumen kommen Honigtöne an, kandierte Äpfel, Nüsse, Papaya, Rambutan, alles abgerundet von einem Hauch Kardamon und einer überraschenden Spur von Karamell. Alles strebt einem langen, süßlich-saftigen Abgang entgegen. Fruchtige Energie und eine herrliche Mineralität paaren sich mit spielerischer Harmonie und geheimnisvoller Rasse und Eleganz. Die 7,5 Volumenprozent Alkohol lassen es erträglich erscheinen, dass dieser Wein süchtig macht, Schluck für Schluck, bis die Flasche geleert ist und ein neue her muss. Mit anderen Worten ist das der leckere Solist für einen netten Abend auf der Terrasse oder am Kamin. Er begleitet auch perfekt ein thailändisches Hähnchencurry mit Kokossoße und Jasminreis.
2015 Erdener Treppchen Riesling Spätlese feinherb
Der Jahrgang 2015 wird an der Mosel wie auch in anderen deutschen Weinanbaugebieten als einer der Spitzenjahrgänge der letzten Jahrzehnte gefeiert. Die stetigen kleinen Regengüsse an der Mittelmosel zu rechten Zeit haben zusammen mit dem Goldenen Oktober dem Riesling hier zu Höchstleistungen verholfen. Das merkt man der feinherben 2015er Riesling Spätlese vom Erdener Treppchen auch an. Das mehrmonatige Lager auf der Vollhefe hat dem Most eine komplexe Struktur verschafft. Der Wein verströmt exotische Düfte von Mangos, Charente-Melonen, Zitrusfrüchten, Hollunderblüten und Würze. Am Gaumen landen die Aromen in einem riesigen Korb voller Südfrüchte, aus dem sich gelbe Pfirsiche und einige Bananen nebst einigen Fäden Heu vordrängeln. Eine ordentliche, aber nicht erschlagende Fruchtsüße steigert sich mit einem harmonisch dressierten Säure-Support und einer gehaltvollen Mineralik zu einer saftigen, lüsternden Fülle und schmelzigen Kraft, die immer klar und transparent bleibt. Eine moderate Alkoholgradation von 12,5% verführen mit Finesse und Eleganz. Machen Sie sich und dem Wein eine Freude mit einer Gänseleberpastete oder einem uralten Gouda. Er dürfte aber auch als echter Lockwein für eine herrliche Sommernacht unvergesslich bleiben.
Das Weingut Lotz können sie im Hörerlebnis mit Stefan Lotz erleben.
Fotos: © Weingut Lotz
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