An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Conte d’Attimis-Maniago: Adlige Weine aus Friaul Julisch-Venetien
26. September 2016
Der 15. Februar 1585 war ein ganz besonderer Tag in der Familienchronik des heutigen Grafen d'Attimis. An dem Tag gelangten per Heirat die bereits seit mehreren Jahrhunderten bewirtschafteten Ländereien von Buttrio in den Besitz der Adelsfamilie d'Attimis-Maniago. Das nächste bedeutende Jahr war 1615, als der schon länger betriebene Weinbau schriftlich dokumentiert wurde, indem Graf Paolo in seinen Memoiren die Rekultivierung und Neubestockung der Rebflächen mit rentablen Züchtungen festhielt. Seit über 500 Jahren wird in der Familie ununterbrochen Wein angebaut – wohl kaum ein Winzerbetrieb in Italien kann auf eine derart lange familiäre Weinbautradition zurückblicken. Im Friaul jedenfalls ist Conte d’Attimis-Maniago die älteste Kellerei.
Graf Alberto d'Attimis ist 1963 geboren und studierte Landwirtschaft an der Universität Udine. Obgleich er lieber an die Marine-Akademie in Livorno gegangen wäre, übernahm Alberto nach dem Tod des Onkels Gianfranco 1989 den Titel Conte d’Attimis und den Familienbesitz. Er widmete sich neben seiner Leidenschaft für Pferde voll und ganz dem Weinbaubetrieb. Heute lebt er mit seiner Frau Paola und den Söhnen Fabio und Guido auf seinem Anwesen in Buttrio in einem Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert. In Positionen wie dem Consortium DOC-Weine der Colli Orientali del Friuli, der Weintourismus Bewegung FVG und der Confagricoltura Udine setzt er sich auch überbetrieblich für Weinbau und Landwirtschaft in der Region ein. Graf Alberto hat es betriebswirtschaftlich zu schätzen gelernt, dass der Weinbau einerseits ein weites Feld für Innovationen und Experimente bietet – etwa bei der Reberziehung oder beim Einsatz von Hefen und Holz –, andererseits ein Wirtschaftszweig ist, in dem das eigene Produkt direkt an den Verbraucher gebracht wird. Umso bemerkenswerter ist es, dass auch im diesem Bereich des Vertriebs noch auf Traditionen geachtet wird: Die horizontalen Kartons für die besten Weine, die vertikalen für alle anderen.
Die Tenuta Sottomonte di Buttrio del Conte d’Attimis-Maniago, also das Weingut Sottomonte Graf d'Attimis-Maniago, liegt am östlichen Ende des kleinen Städtchens Buttrio, etwa in der Mitte zwischen Udine und der slowenischen Grenze. Es ist das Gebiet der DOC Colli Orientali del Friuli und der Weißwein-DOCGs Colli Orientali del Friuli Picolit und Ramandolo. Die gesamten Ländereien von d'Attimis-Maniago sind über 300 Hektar groß, davon gehören 120 Hektar zum Weingut, der Tenuta Sottomonte , die 89 Hektar Rebfläche bewirtschaftet.
Graf d'Attimis setzt in erster Linie auf die autochthonen Rebsorten des Friaul, die seine Familie d'Attimis-Maniago hier seit Jahrhunderten anbaut. Bei den weißen Rebsorten sind es Tocai friulano, Sauvignon, Ribolla gialla, Pinot grigio, Malvasia istriana, Verduzzo friulano und der berühmte Picolit. Bei den roten Rebsorten sind es Refosco dal Peduncolo rosso, Schioppettino, Tazzelenghe und Pignolo. Von manchen dieser Rebsorten sind nur noch wenige Hektar in der Welt bestockt. Seit Jahrzehnten und noch länger werden auch erfolgreich Rebsorten angebaut, die nicht aus dem Friaul stammen und heute als internationale Rebsorten bezeichnet werden: Chardonnay, Sauvignon, Pinot Grigio, Pinot Blanco, Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon und Pinot Nero.
In den letzten Jahren hat die Tenuta Sottomonte fast alle ihre Weinberge rekultiviert und aufgewertet. Die Pflanzdichte wurde auf die erwünschte Reduzierung der Erträge abgestimmt, um die Qualität der Trauben und damit der Weine zu steigern. Gerade die Auswahl und die Neubestockung mit eigenen Züchtungen erforderte in diesem Zusammenhang ein enormes fachliches Know-How, zumal Jahre vergehen zwischen der Neuplanung eines Weinbergs, der Pflanzung und der ersten Ernte.
Im Weinkeller wird unter Leitung des Önologen dott. Francesco Spitaleri mit neuester Technologie gearbeitet, der Fortschritt wird genutzt, um die Traditionen zu bewahren. So werden zum Beispiel in den modernisierten Betontanks Temperatur und Druck von Computern gesteuert. Dennoch lässt man, wie schon seit Jahrhunderten üblich, Picolit- und Verduzzo- Trauben in zwei großen Räume unter dem Dach trocknen, wo traditionell die Fenster geöffnet werden, wenn das Wetter trocken ist und geschlossen werden, wenn es feucht ist. Die installierte moderne industrielle Lüftungsanlage bleibt meist außer Betrieb.
1930 füllte Familie d'Attimis-Maniago im Weingut erstmals Flaschenwein ab und zwar vom traditionellen Malvasia und von der uralten friulanischen Sorte Tazzelenghe, die neu entdeckt wurde. Heute erntet das Weingut im Jahr rund 500.000 Kilogramm Trauben und füllt je nach Jahrgang 300.000 bis 400.000 Flaschen ab.
Wir konnten sechs Weine von Conte d’Attimis-Maniago verkosten.
Pino Grigio 2015 Friuli Colli Orientali DOC
Im strohgelben Glas entwickeln sich kräftige Fruchtaromen von Pfirsichen, gelben Äpfeln und frischen Blüten, dazu ein Hauch von Anis und eine klitzekleine Duftnote von reifen Stachelbeeren. Der sur lie-Ausbau mischt interessante Hefenoten in den Duft. Geschmacklich stehen erneut intensive Fruchtnoten im Vordergrund, dazu gehören Äpfel, Aprikosen, Nüsse und getrocknete Birnen. Der Wein entwickelt eine fantastische, breite Kraft ohne jede Schwere. Er vermittelt eine belebende, kühle Frische wie ihn nur ein Pinot Grigio aus dem Friaul haben kann. Das ist ein Pinot Grigio mit einem starken Auftritt voller Fruchtnoten und Harmonie. Machen Sie diesen Wein zum Freund eines gebratenen Heilbutt-Filets mit grünem Spargel oder einer kernigen Holsteiner Schinkenplatte.
Sauvignon 2015 Friuli Colli Orientali DOC
Die Reben für diesen Wein stammen aus Weinbergen, die hauptsächlich nach Norden ausgerichtet sind, was in Zeiten von Erderwärmung und Klimaveränderung kein Nachteil mehr sein muss. Die Klone sind italienischen und französischen Ursprungs. Die Rebstöcke liefern etwa 7 Tonnen Trauben pro Hektar ab, die zu 5.000 Liter Wein verwandelt werden. Geerntet wurde im September 2015 mit selektiver Handlese. Der Sauvignon ist reinsortig gekeltert und “sur lie” im Stahltank vergoren.
Sein Bukett ist fruchtig und pikant. Wir nehmen grüne Birnen, weiße Johannisbeeren, unreife Stachelbeeren, rote Grapefruit und Wallnüsse wahr. Auch grüne Paprika und Hollunderblüten schweben aus dem Glas. Er ist herrlich würzig und frisch auf der Zunge, sensibel eingebunden in eine feine salzig-mineralische Note, wohldosiert in der Säure und unfassbar cremig weich im Mundgefühl. Wir meinen Limetten, Nüsse und sogar etwas Vanille zu entdecken, als ob der Wein kurz in slowenischer Eiche geschwenkt wurde. Gönnen Sie dem Wein versuchsweise ein Rotweinglas, das wird eine köstliche Überraschung. Er macht sich gut als Aperitif und perfekt zu einer Platte mit weichem und harten Ziegenkäse.
Ribolla Gialla 2015 Friuli Colli Orientali DOC
Ribolla Gialla, diese uralte, autochthone Rebsorte wird fast ausschließlich in der romantisch hügeligen Region der Colli Orientali angebaut, wo d'Attimis-Maniago seine Weinberge hat. Die Rebe liebt das Mikroklima in leicht sonnigen und windgeschützten Lagen. Der Most ist im Edelstahl sur lie vergoren, wobei der Hefesatz ständig aufgerührt wurde, um die Klärung des Weins zu verzögern, die malolaktische Gärung in Gang zu halten und ihn zu belüften.
Im Glas funkelt der Wein im hellen Weißgold mit strohgelben Reflexen. In der Nase entsteht ein blumiges, delikat ätherisches Bukett. Am Gaumen vermittelt die sortentypische präsente Säure eine herrliche, energiegeladene Frische mit schlanken Fruchtnuancen von grünen Äpfeln, weißen Johannisbeeren, Zitrus und Wiesenblumen nebst einigen klitzekleinen Tanninen und etwas Honig, der eine Spur Bitterkeit gut ausgleicht. Die Säure ist keineswegs aggressiv, sondern ordentlich ausgewogen. Das ist ein eleganter Frischewein zu einem Risotto mit Steinpilzen.
Die Rebstöcke dieses Weins ziehen in ihrer Süd- bis Südostlage die beste Sonne des Friaul auf sich. Es ist eine Cuvée aus Chardonnay und Pinot Bianco. Die Ende September 2011 schonend per Hand geernteten Trauben wurden kistenweise 40 Tage lang in den berühmten Trockenräumen der Kellerei getrocknet bevor sie schonend abgepresst wurden. Zur Vergärung kam der Most in 5000-l-Fässer aus slowenischer und in 225-l-Barriques aus französischer Eiche. Er ist sur lie ausgebaut und per battônage geklärt. Die Flaschen lagerten sechs Monate bevor sie in den Handel kamen.
Der Wein strahlt in einem kräftigen Goldgelb und sendet intensive, süßliche, ja fast orientalische Duftnoten aus von Datteln, getrockneten Feigen, gebrannten Haselnüssen, Hollunderblüten und etwas Vanille. Im Mund spült er süffig und zart um die Zunge, mit sehr verhaltener, geschickt kaschierter, aber noch genug unterstützender Säure. Es kommen vielfältige Geschmäcker zur Geltung: Macadamianüsse, reife Papayas, Guaven und rotbäckige brasilianische Mangos, einige Töne von Zitrus und grünen Pflanzen und eine kleine, diskrete Holznote. Er verabschiedet sich nur ungerne in einem intensiven Finish von seidiger Textur. Der Ribolla Gialla 2015 Friuli Colli Orientali DOC ist wunderbar ausbalanciert und präsentiert sich mit einem weichen, üppigen Körper im Rahmen seiner 14 Volumenprozent Alkohol. Das ist der edle Tropfen mit einer großen Persönlichkeit, der sich als Solist genießen lässt, gerne aber auch zu einem Teller Penne mit frisch geriebenen schwarzen Sommertrüffeln. Geben Sie ihm etwas Luft nach dem Einschenken und probieren Sie ihn auch einmal mit einer Temperatur von 12 bis 14 Grad.
Pino Nero 2014 Friuli Colli Orientali DOC
Der Pinot Nero gehört zu den internationalen Rebsorten, die das Weingut seit Jahrzehnten erfolgreich in Südlagen anbaut. Die Trauben lagen im Edelstahl auf der Maische, der Most wurde sur lie ebenfalls im Stahl vergoren, um die authentischen Fruchtaromen zu bewahren.
Er zeigt im Glas stolz sein funkelndes, leicht transparentes Rubinrot vor. Wir erschnüffeln Waldfrüchte wie Brombeeren und Heidelbeeren, aber auch Espresso und Gewürze wie Zimt und Kardamon. Dann schmatzen wir gleich auf süffigen Aromen von roten Johannisbeeren, wilden Waldbeeren und schwarzen Kirschen herum und notieren Anklänge an rote Blütenblätter und schwarzen Tee. Die Säure ist gut eingebunden und stützt zusammen mit angemessenen Tanninen einen sanften, geradezu erfrischenden Abgang. Es ist ein herrlich würziger und fruchtiger Pinot, der mit glücklichen 13 Volumenprozent Alkohol auskommt, um gleichwohl Charakter, Energie und eine spielerische Finesse zu zeigen. Reichen Sie den Wein ganz klassisch zu einem Rinderbraten aus der Röhre mit Burgundersoße oder ganz verwegen zu einem kräftig gewürzten Wolfsbarsch vom Grill.
Cabernet 2013 Friuli Colli Orientali DOC
Das ist eine Cuvée aus den beiden Cabernet-Sorten Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc zu gleichen Anteilen. Die Reben wurden spät, also erst in der zweiten Oktoberwoche gelesen. Im Keller wurde eine malolaktische Gärung durchgeführt, um Säure- und Gerbstoffspitzen durch Umwandlung der aggressiven Äpfelsäure in freundliche Milchsäure zu glätten. Der Wein lagerte etwa ein Jahr in großen Fässern aus slowenischer Eiche.
Im Glas sehen wir ein dunkles Rubinrot mit violetten Reflexen. Der Wein imponiert mit vornehmen Fruchtaromen und einem ganzen Schränkchen voller interessanter Gewürze. Den Gaumen umschmeicheln fruchtige Aromen von schwarzen und roten Johannisbeeren, von roten Pflaumen, von Zeder, Minze und grüner Paprika. Seine leicht vanillige Röstnote wird von deutlichen, aber weichen Tanninen sortentypisch umrahmt. Er hat dankenswerter Weise nur 13% Alkohol, ist dennoch kraftvoll und energisch, füllig und harmonisch. Sein extrovertierter Auftritt zeigt eine geheimnisvolle Feingliedrigkeit. Diese Cabernet-Cuvé ist eine markante und zugleich elegante Begleiterin einer Lammkeule mit Kartoffel-Tomaten-Zucchini-Gemüse.
Marco Calligari stellt im Hörerlebnis das Weingut Conte d’Attimis-Maniago und seine Weine vor.
alle Fotos: © Conte d’Attimis-Maniago
HÖRERLEBNIS mit Marco Calligaris
Graf Alberto d'Attimis-Maniago