An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das erfolgreiche Pfälzer Familienteam: Der Margarethenhof in Forst
10. Mai 2016
Was tummeln sich in Forst in der Pfalz nicht alles für bekannte Lagen, bewirtschaftet von mehr als 30 berühmten und noch nicht berühmten Winzern, die allerdings nicht alle ihr Weingut in Forst haben. Forst liegt mittendrin in der Weinstraße der Pfalz, im südlichen Teil, etwa in der Mitte zwischen Neustadt an der Weinstraße im Süden und Bad Dürkheim im Norden. Es ist ein langgestrecktes, gemütliches Weinbauörtchen mit eindrucksvollen Höfen, die sich oftmals weit nach Innen öffnen. Forst ist seit Jahrhunderten für seinen Wein bekannt. Alle Forster Weinlagen liegen in den Großlagen Mariengarten und Schnepfenflug, die zum Bereich Mittelhaardt-Deutsche Weinstraße des Weinanbaugebiets Pfalz gehören.
Ein echtes Forster Weingut, das seit vier Generationen im Ort beheimatet ist und seine Rebstöcke in etlichen Forster Lagen zu stehen hat, ist das Weingut Margarethenhof der Familie Lucas im Forster Wiesenweg, fast in der Ortsmitte gelegen.
Obwohl die Familie schon zuvor Weinberge bewirtschaftet hatte, begannen erst Anfang der 50er Jahre Günter und Margareta Lucas die Trauben im kleinen Keller in der Wahlshöhlstraße im südlichen Teil des Ortes selbst zu verarbeiten und Wein auf Flaschen abzufüllen, was sich damals viele Weingüter noch gar nicht leisten konnten. Zu großen Schritten war Familie Lucas damals aber auch noch nicht in der Lage, so dass Günter Lucas anfangs die Weine noch höchstpersönlich mit dem Fahrrad auslieferte. Über die Jahre wuchsen Erfolg und Betrieb und in den Siebzigern zog man in das stattliche Anwesen im Wiesenweg. Inzwischen besitzt die Familie 17 Hektar Rebflächen, darunter die besten Forster Riesling-Lagen.
Heute besteht die Winzerfamilie aus Vater Franz mit Ehefrau Elisabeth und der neuesten Generation mit den Kindern Yvonne und Martin. Gemäß der familiären Tradition ziehen hier alle an einem Strang, um in Teamarbeit perfekte Trauben zu erzeugen und daraus hochwertige Weine zu machen. Während Vater Franz im Hintergrund seine Erfahrungen als Winzermeister weitergibt, managt Ehefrau Elli als Universaltalent die Familie und kümmert sich rundherum um Weingut und Kunden. Yvonne und Martin übernehmen die wesentlichen Arbeiten im Weinberg und im Keller.
Der 27jährige Martin Lucas war zur Ausbildung bei Bassermann-Jordan, im Weingut Egon Schmitt, bei Münzberg und bei den Gebrüdern Kessler. Er ist Weinbautechniker und ebenfalls seit 2011 im Familienbetrieb tätig, ganz überwiegend beim Ausbau der Weine im Keller.
Yvonne und Martin Lucas sind Mitglied des Netzwerks des Deutschen Weininstituts GENERATION RIESLING.
Das Weingut Margarethenhof bewirtschaftet Rebflächen in den Forster Lagen Ungeheuer, Pechstein, Jesuitengarten, Musenhang, Elster und Stift und in der Nachbargemeinde Deidesheim im Deidesheimer Hergottsacker. Sie bauen ganz überwiegend Riesling an, aber der pfälzer Tradition gemäß auch noch viele weitere Rebsorten wie im Weißweinbereich die weißen und grauen Burgundersorten und den Auxerrois, Müller-Thurgau, Scheurebe und die neuerdings zunehmend nachgefragten internationalen Sorten Chardonnay und Sauvignon Blanc. Im Rotweinbereich gibt es Spätburgunder, Sankt Laurent, Portugieser und Dornfelder. Natürlich werden vom Riesling auch Winzersekte gemacht.
Im Keller geht es mit Geduld und Ruhe zu. Weiß kommt ins Edelstahl, Rot nach der Maischegärung ins Holzfass. Es tut dem Rieslingmost gut, dass er temperaturgesteuert vergoren und nicht ständig umgepumpt wird. Die roten Trauben werden in der Maische mehrmals täglich umsorgt, indem der Tresterhut immer wieder untergetaucht wird, um alles rauszuholen aus den Beerenhäuten an Aromen und Extrakt. Ansonsten versucht man im Keller so wenig wie möglich in die Selbstverwirklichung des Weins einzugreifen, getreu dem Gedanken, dass der Wein den Weinberg möglichst unverfälscht repräsentieren soll.
Das Weinsortiment vom Margarethenhof ist in drei Stufen eingeteilt: Die Basis in der Literflasche bilden die Weine für alle Fälle. Die mittlere Stufe heißt Kernstück und umfasst die typischen Pfälzer und einige andere Rebsorten gleichsam als Guts- und Ortswein. Die Spitze, das sind die Selektionsweine, überwiegend aus den Einzellagen mit einem vornehmen schwarzen Etikett. Für die Zukunft hat sich die neue Winzergeneration mit Yvonne und Martin Lucas vorgenommen, das Sortiment eng an den Lagen und Rebsorten auszurichten und die künstliche QbA-Einteilung hinter sich zu lassen.
Etwas Besonderes hat Familie Lucas übrigens noch zu bieten: Drei bis vier ganzjährige Wohnmobilstellplätze im Hof auf der angrenzenden Wiese und mitten in den Weinbergen. Eine der schönsten Arten, dem Genuss nahe zu sein, besonders, wenn man mitten zwischen den Rebstöcken mit Blick auf die heranwachsenden Trauben ein frisches, kühles Glas Riesling genießt.
Wir konnten sechs Weine aus dem Weingut Margarethenhof verkosten.
2014 Forster Ungeheuer Riesling Kabinett trocken
Die Lagen-Bezeichnung Forster Ungeheuer ist übrigens nicht auf ein Monster zurückzuführen, sondern schlicht der Name des 1699 verstorbenen Amtsschreibers aus dem benachbarten Deidesheim, Johann Adam Ungeheuer.
Der 2014 Forster Ungeheuer Riesling Kabinett trocken funkelt uns im kühlen Glas gelbgrün frisch und appetitlich an. Sogleich schwelgen wir in einem Bukett von Zitrusfrüchten, weißen Pfirsichen und können uns frische grüne Kleeblätter vorstellen, vierblättrige natürlich. Im Mund erleben wir erneut einen erfrischenden Fruchteindruck, weiße und gelbe Pfirsiche, Zitrusfrüchte, etwas Netzmelone – sanft, süßlich-saftig und schneidig klar. Ein klitzekleiner Tanninstoß und eine herrliche Säure plus einer feinen Süße tragen den Wein mit mineralischer Begleitung in einen langen, saftigen Abgang. Ein Wein, der sich ausgesprochen vollendet zu einer opulenten Käseplatte macht.
2014 Forster Pechstein Riesling Kabinett trocken
Auch der etwa 15 Hektar große Pechstein ist eine am nordwestlichen Ortsrand von Forst gelegene, nach Südosten ausgerichtete Lage, die allerdings eine etwas geringe Hangneigung hat. Auch sie ist vom VDP als Großes Gewächs-Lage klassifiziert.
Auch der 2014 Forster Pechstein Riesling Kabinett trocken gehört dazu. Er lädt ein mit Aromen von grünen und gelben Äpfeln, Aprikosen, Pfirsichen, roter Grapefruit und einigen Kräuternoten. Am Gaumen kommt er kräftig an, reif, delikat, energisch. Er ist strukturiert und transportiert fruchtig-süßliche Aprikosennoten, umhüllt von kernig erdigen, ja nussigen Tönen. Die reife Säure ist schlank und lebendig. Vor allem aber beeindruckt seine charaktervolle Mineralität wie vom Feuerstein. Man glaubt den Pechstein-Weinberg mit all seinen vulkanisch-geologischen Ecken und Kanten zu schmecken. Es dürfte den Kellerkünsten der Familie Lucas zu verdanken sein, dass der Wein gleichwohl nicht klotzig daherkommt, sondern eher filigran, gediegen, mit einer tiefgründigen Finesse im Finale. Wäre spannend, den Jahrgang 2015 zu verkosten. Genießen Sie den 2014 Forster Pechstein Riesling Kabinett trocken als Solisten an einem festlichen Abend. Sie können aber auch einmal ganz speziell einen Blauschimmel-Ziegenkäse dazu probieren.
2014 Forster Jesuitengarten Riesling Spätlese trocken
Erstes erkennbares und erschnüffelbares Merkmal des 2014 Forster Jesuitengarten Riesling Spätlese trocken ist der präsente Frucht- und Kräutereindruck. Ob es grüne Äpfel, gelbe Mirabellen, etwas Passionsfrucht, eine Spur weiße Johannisbeeren oder Zitrustöne sind, es bleibt immer bei einer großmutigen, duftigen Fruchtigkeit von feiner Süße und Saftigkeit. Dazu kommen eine geschmacklich schön gedeckelte Säure und eine würzige Mineralik, die gedämpfter erscheint als die vom Pechstein, eher floral als steinig. Wurden da eben auch einige versprengte Tannine entdeckt? Jedenfalls erfreuen wir uns am stabilen Finish. Das ist übrigens ein Wein, der sich in den nächsten ein bis zwei Jahren noch zu einer interessanten, eleganten Vollendung weiterentwickeln könnte. Diesen Wein kann man schon jetzt zum klassischen Schweinekopffilet reichen, wer es wagt, auch gerne leicht mit Kurkuma gewürzt.
2015 Forster Mariengarten Riesling Kabinett trocken
Wir haben einen soliden Alltagswein im Glas, mit dem man immer eine gute Figur macht. Fruchtig und spritzig, süffig und saftig. Er zeigt im Bukett und am Gaumen stolz die typischen Riesling-Aromen von Zitrus über Äpfeln bis zu weißen Pfirsichen und einigen Kräutern. Wir finden ihn erstaunlich ausgewogen, die süßliche Frucht wird von einer präsenten Säure in Schach gehalten und bringt einen freudigen Trinkfluss mit einem nachhaltigen Abgang. Ein Wein, der ganz einfach Spaß macht und damit jede Party anheizt. Es ist auch eine universelle Begleitung zu einem netten Grillfestival im Sommer.
2014 Forster Elster Riesling Auslese
Am südlichen Ende von Forst in der Nähe des ehemaligen Stammsitzes der Familie Lucas liegt zwischen der Weinstraße und dem Haardtrand die ca. 8 ha große relativ flache Einzellage Forster Elster. Der Name hat übrigens nichts mit den diebischen Vögeln zu tun, sondern mit Ellerstadt im Landkreis Dürkheim. In der Lage Elster sind reichlich sandige Böden vorhanden, genauer gesagt, toniger Sand mit Buntsandsteingeröll. Ein terroir also, das prädestiniert ist, um die Trauben mit Vollreife zu ernten und zu fruchtbetonten, edelsüßen Weinen auszubauen.
Wir neigen beim food pairing der hochwertigen edelsüßen Weinen ja eher dazu, auf die üblichen Verdächtigen wie Blauschimmelkäse oder weit hergeholte Dessertkapriolen zu verzichten. Lenken Sie sich nicht ab und lassen Sie auf sich und Ihre Gäste lieber die einzigartige pfälzer Rieslingfrucht wirken. Nirgends auf der Welt findet man Rieslinge solcher Vollendung wie in den deutschen Weinanbaugebieten.
2013 Spätburgunder, QbA, Trocken, Spitze
Im Glas leuchtet der Wein in einem brillanten, kräftigen, aber deutlich transparenten Rubinrot. Das Bukett präsentiert dezente Düfte von Erdbeeren, Schwarzen Johannisbeeren, etwas Holunder, einigen Akazienblüten. Jemand nimmt einen Hauch von Mandeln wahr. Im Geschmack ist er vollmundig, samtig, wir schmatzen auf einem ausgeprägten Brombeeraroma herum, dazu einige rote Beeren und ein Hauch von Veilchen. Das Holz ist handwerklich gekonnt eingebunden. Er bringt eine deutlich zurückhaltende Säure mit, bildet am Gaumen trotz des eindeutig trockenen Gesamteindrucks eine fein austarierte Restsüße ab und grüßt herzlich mit den der Beerenhaut mühsam entlockten Tanninen, die dem Wein noch stolze Jahre für einen sich wahrscheinlich steigernden Genuss garantieren dürften. Dieser Spätburgunder ist eine regelrechte Rotweinpracht, mit dem Sie gutbürgerlich einen kräftigen Rindersaftbraten mit Klößen und Rotkraut begleiten können. Wen das als zu biedermännisch erschreckt, kann dem Wein ein Osso bucco hinstellen oder leicht und fröhlich dekadent ein Rebhuhn.
Im Hörerlebnis treffen Sie Yvonne Lucas, Jungwinzerin und Kellermeisterin, auf der Veranstaltung der GENERATION RIESLING in Berlin im April 2016. Sie stellt das Weingut Margarethenhof und ihre eigenen Ideen der Weinbereitung vor.
Fotos: © Weingut Margarethenhof
Flaschenfotos: © D.R.
HÖRERLEBNIS mit Yvonne Lucas