An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Geils Sekt- und Weingut – Resolute Qualität aus Rheinhessen
15. Juni 2015
So etwa auf halber Strecke der A 61 von Worms nach Alzey liegt Bermersheim. Nur wenige Kilometer sind es nach Norden bis Westhofen und nach Süden bis Flörsheim-Dalsheim, beides berühmte Weinbaulagen. Bermersheim ist eine eher winzig kleine Weinbaugemeinde mit rund 300 Einwohnern. Wir sind hier im warmen und trockenen Wonnegau, eine der großen Gebietsregionen in Deutschlands größtem Anbaugebiet Rheinhessen. Mitten in Bermersheim, fast an der Ecke, wo die Zellerstraße auf die Alzeyer und die Wormser Straße trifft, liegt Geils Sekt- und Weingut. Keine hundert Meter sind es entlang der Zellerstraße aus dem Ort hinaus und schon ist man zwischen den Gassen der Rebstöcke.
Die Erkenntnisse, die Florian Geil in der Winzerlehre und während des Studiums in Geisenheim von seinen Praktika auf dem Weingut Chat Sauvage in Johannisberg und auf der berühmten Domaine Méo-Camuzet im burgundischen Vosne-Romanée mitgebracht hat, prägen ihn und auch den Betrieb. Vor allem der Aufenthalt in Burgund hat die sensationelle Rotweinseite des Betriebs gestärkt, zumal Vater Rudolf schon immer den Burgundersorten zugewandt war. Besonders mit den Spätburgundern ragt Geils Wein- und Sektgut aus dem rheinhessischen Weißweinmeer als Leuchtturm heraus.
In nicht selbstverständlicher Harmonie haben Florian Geil und sein Vater Rudolf Hand angelegt an überkommenen Anbau- und Ausbauusancen, um Neues zu kreieren und dabei ausschließlich auf Qualität zu setzen. Immerhin ist Rudolf Geil einer der ersten in Rheinhessen gewesen, die Ende der 80er Jahre mit dem Barrique-Ausbau zu experimentieren begannen.
Geduld ist hierzu das Zauberwort, das sich schnell propagieren lässt. Doch nicht jeder Winzer akzeptiert, dass dazu nicht nur die Langsamkeit im Keller und die schonende Behandlung der Trauben gehört, sondern Geduld auch gebraucht wird, bis der Erfolg die Umsatzkurve nach oben zieht.
Das andere Zauberwort für Florian Geil ist Kreativität. Er ist ein Tüftler, der mit Ausdauer und Beharrlichkeit seine Idee von dem immer noch besseren Wein umsetzt. Das kippt gleichwohl nicht in Richtung Starrsinn oder Manie, sondern drückt sich in einer umtriebigen Neugier aus. Florian Geil will erforschen und immer wieder ausprobieren, wie sich das Angebot der Natur, das regionale terroir und ein behutsamer Holzeinsatz in individuelle Weinerlebnisse umsetzen lässt. In diesem Sinn gehört er immer noch zu den Pionieren, denen Rheinhessen inzwischen reichlich zu verdanken hat.
In Geils Sekt- und Weingut überwiegen mit über 70 % die weißen Rebsorten. Zu 18 % wird Riesling angebaut, zu 14 % Weiß- und 12 % Grauburgunder, Es folgen 11 % Müller-Thurgau, 9 % Silvaner, 6 % Chardonnay sowie etwas Gelber Muskateller. Bei den roten Rebsorten dominieren Spätburgunder (rund 10 %), Portugieser, Dornfelder und etwas Merlot, Cabernet Sauvignon und Schwarzriesling. Rund 10 % der Betriebsproduktion machen die Winzersekte aus, die Familie Geil Sekt seit 1987 in Flaschengärung herstellt.
Zum Betrieb gehören 14 Hektar Anbaufläche, darunter erstklassige Lagen wie der Dalsheimer Bürgel und der Nieder-Flörsheimer Frauenberg, die beide vom VDP als Große Gewächse klassifiziert sind. Die Böden sind je nach Lage von Lehm, Löß, Muschelkalk oder Rotem Buntsandstein geprägt. Die Muschelkalkeinlagerungen gehen erdgeschichtlich und geologisch auf die Küstengebiete des früheren Urmeeres mit seinem Mainzer Becken zurück. Das terroir in der Gegend um Bermersheim ist berühmt dafür, die Burgunder-Reben regelrecht anzufeuern. In keinem anderen Weinanbaugebiet Deutschlands ähnelt das kalkreiche terroir übrigens so sehr den burgundischen Böden wie im Wonnegau.
Wie in allen zeitgemäß handelnden Betrieben werden in Geils Sekt- und Weingut die Weichen für den Erfolg schon im Weinberg gestellt. Man arbeitet der Natur zu, nicht gegen sie. Dass eine Mengenbegrenzung vorgenommen wird und an den Rebstöcken auch kleine Nützlinge tätig sind, ist inzwischen ebenso selbstverständlich wie eine sorgfältige Selektion bei der Lese.
Wie schon erwähnt, werden die im Keller eingebrachten Reben mit äußerster Geduld und Hingabe behandelt. Vergoren wird ohne Kühlung und vor allem langsam, langsam, was den Weinen mehr Volumen geben kann. Der Most soll an den Hefen sein Vergnügen haben und all seine Aromen abliefern. Mechanischen Pumpen ist er ohnehin nicht ausgesetzt, bewegt er sich im Geilschen Betrieb doch allein mit Schwerkraft weiter. Wenn überhaupt filtriert wird, dann mit äußerster Vorsicht. Generell wird dem Wein bis zur Abfüllung möglichst jedes schreckhafte Erlebnis erspart.
Dass Geils Sekt- und Weingut auf der Erfolgsleiter schon weit nach oben gekommen ist, zeigen zahlreiche Auszeichnungen wie zuletzt der vom Magazin Vinum in einem anspruchsvollen Wettbewerb vergebene Titel „Riesling Champion 2014“ in der Kategorie „Trockene Rieslinge“ für den Nieder-Flörsheimer Frauenberg Riesling trocken 2011. Und gerade eben hat das österreichischen Genussmagazins „wein.pur“ für den 2011 Bürgel Spätburgunder trocken die wein.pur-Trophy verliehen. Bemerkenswert sind aber auch die zahlreichen Wettbewerbe, bei denen Geils Weine angenommen werden und oftmals in die Endrunde kommen. Das ist für Florian Geil eine wichtige Qualitätskontrolle, die ihn mit der verdienten Anerkennung verwöhnt und ihn zu weiteren Kellertaten beflügelt.
Wir konnten einen Winzersekt und fünf Weine von Geils Sekt- und Weingut verkosten.
Ein Blanc de Noirs oder – wie in Deutschland in Verkennung des französischen Teilungsartikels oft verkürzt geschrieben wird – Blanc de Noir ist ein weißer bis rosafarbener Wein, der aus roten Rebsorten hergestellt wird. Die Methode kommt aus der Champagne, wo traditionell für den Champagner die roten Trauben des Pinot noir (Spätburgunder) und Pinot Meunier (Schwarzriesling) verwendet werden.
Ein guter und vor allem originär, also nicht aus der Zweitlese oder als Ablaufsaft der Rotweinmaische hergestellter Blanc de Noirs setzt ein vollreifes, gesundes und unverletztes Lesegut voraus, das so schnell wie möglich in den Keller kommen muss, wo es sofort vorsichtig abgepresst wird. Entscheidend ist, dass die allein in der Beerenhaut befindlichen Farbstoffe keine Gelegenheit haben, in den Most überzutreten.
Ein Blanc de Noirs setzt auch immer etwas Mut voraus, weil nicht zuverlässig vorhersehbar ist, welche Aromen der Beerensaft dem Most und letztendlich dem Wein zukommen lässt. So kursieren in deutschen Landen Blanc de Noirs, die fade und kraftlos bleiben. Das kann man von Geils Blanc de Noirs nicht behaupten. Im Gegenteil: Schon seine 13 % Volumenalkohol garantieren einen knackigen Sekt. Er ist aus Spätburgunder und Schwarzriesling assembliert und lag 15 Monate im Rüttelpult auf der Hefe. Im Glas zeigt er sich einladend lachsfarben, es wäre aber zu blöd und noch dazu falsch, leichtfertig von einem rosé zu sprechen.
Eine energische Mousse bewegt sich im Glas und brandet an den Gaumen. Sie gibt ein prächtiges Aromenbündel frei mit Schwarzen Johannisbeeren, Erdbeeren, Mandeln und weißblühende Blumen. Geschmacklich zeigt sich ein Sekt mit Biss, sprich Struktur, der an junge gelbe Pflaumen, grüne Äpfel, Nüsse und frische Blumenwiesen erinnert, alles äußerst diskret angehaucht von etwas Krokant. Mit verhaltener Säure schmilzt er leicht und locker in einem ordentlichen Abgang dahin. Verzichten Sie auf das übliche Kombinationsabenteuer, um die passende Speise zu finden, reichen Sie den Sekt Blanc de Noirs brut 2009 lieber vor einem großartigen Essen als pikanten, aufmunternden Aperitif.
Die Weißburgunder Rebe läuft im Wonnegau bekanntlich zu Höchstleistungen auf. Der Weißburgunder trocken 2014 schimmert hell-weißgold im Glas. Er hat eine kräftige Nase aus grünen Birnen, weißen Bergpfirsichen, weißen Hollunderblüten, dazu etwas Zitrus und dem weiten Duft der Wiese. Das alles reicht bis an den Gaumen, wo sich auch noch einige grüne Äpfel und Nüsse tummeln. Er bringt wenig Säure in den Vordergrund, seine Kraft geht aber deutlich über die sortentypische Milde hinaus. Vermutlich wächst er auf stark lößhaltig-kalkigen Böden und wurde vollreif mit einem hohem Mostgewicht gelesen. Im Abgang hinterlässt er einen herzhaften, erfrischenden Eindruck. Wer jedes Experiment vermeiden möchte, bietet ihn im Frühsommer zu einem Spargelgericht, ansonsten als duftenden Terrassenwein an. Reizvoller aber ist die Kombination mit einem gegrillten Bachsaibling oder sogar einem Hasenragout.
Riesling trocken 2014
Das ist der Gutsriesling, der sich als Basiswein auf der weißen Seite von Geils Sekt- und Weingut vorstellt. Er lässt bereits auf dieser Stufe durchschmecken, welche Qualität Familie Geil so ins Glas bringt. Möglicherweise gibt eine Portion Buntsandstein dem Riesling hier einen Schub in Richtung eines saftig fruchtigen Stils. Seine Aromen von Pfirsichen, Äpfeln und Limonen entfaltet er extrovertiert. Säureverspielt und mit einer kräftigen Struktur bietet er im Geschmack auch weiße Johannisbeeren und Nuancen von Aprikosen an. Die markante, aber schön verpackte Säure begleitet den energischen Abgang. Wer auf der Party nachhaltigen Trinkfluss schätzt, der gestaltet mit dem Riesling trocken 2014 einen attraktiven Sommerabend, während die Weicheier ihr Bier zischen mögen. Aber er passt auch gut zu Garnelen an thailändischem Gemüse.
Cuvée P. »S« trocken 2013
Chardonnay, Weißburgunder und Grauburgunder sind in diesem typisch Burgundischen Cuvée komponiert. Der Chardonnay liefert die säurebetonte Kraft, der Weißburgunder die Spritzigkeit und der Grauburgunder die nussigen Honig-Aromen. Dass der Wein sur Lie gereift ist und im Barrique lag, ermöglicht ihm, mit würzig holzigen Aromaklängen auf sich aufmerksam zu machen. Er umschmeichelt die Nase mit pflanzlichen Noten, aber auch mit Äpfeln, Birnen, Stachelbeeren, Honig und Mandeln. Im Mund erinnern wir uns an gerade gereifte gelbe Pflaumen mit ihrer leicht säuerlichen Saftigkeit. Die rebsortentypische Säure ist durchaus präsent, passt sich aber hervorragend an die kraftvolle Würze und die feinen, vanilligen Röstaromen an. Er schmilzt im Abgang noch lange dahin. Immer wieder nehmen wir ein Schlöckchen von diesem kreativen Sommer-Burgunder-Mix. Präsentieren Sie Ihren Gästen die Cuvée doch einmal mit einem klassischen, altdeutschen Karpfengericht.
Der Frauenberg bei Flörsheim, dessen Name von einem ehemaligen Kloster stammt, ist eine der wenigen Steillagen in der Gegend. Er hat zwischen 15 und 35 % Hangneigung und ist nach Südosten ausgerichtet. Hier herrscht ein markantes Mikroklima aus südlicher Sonne und abkühlenden Winden. Was hier lange reift, hat mächtiges Potenzial. Die Böden sind je nach Parzelle sehr unterschiedlich, bieten aber durchweg eine hohe Mineralität.
Wir haben einen fein duftenden Wein im Glas, der uns gelbgrün anfunkelt. Die Aromaströme lassen eine Frische und Fruchtigkeit erahnen, die uns nach dem ersten Schluck geradezu gieren lässt. Aber erst einmal schnüffeln wir weiter herum und entdecken neben dem obligatorischen Zitruston auch Aprikosen, Litschis, etwas Charente-Melonen und pflanzliche Noten, alles umhüllt von einer vielversprechenden Mineralik. Im Mund schmecken wir die erwartete, aber erstaunlich reife Fruchtigkeit und eine zärtliche Süße mit einem leichten Anklang von braunem Kandis. Die substanzreiche Mineralität und die feine, aber nie vordergründige Säure machen den Wein herrlich lebendig und sehr würzig. Der Abgang wird mineralisch gestützt und lässt uns noch lange genießen. Es ist ein opulentes und komplexes Riesling-Meisterwerk, das man sogar eine Stunde vor dem Genuss dekantieren könnte, um mit der Luftzufuhr noch mehr Aromen zu erschließen. Gönnen Sie dem Wein einen genießerischen Sommerabend im Garten oder verwöhnen Sie ihn und sich mit einem zartrosa Schweinekopffilet aus dem Ofen mit einer Mozarellasoße. Außerdem sollten Sie sich noch einige Flaschen von diesem Wein aufs Lager legen. Öffnen Sie ihn in drei bis vier Jahren und lassen Sie sich von seiner Frische und Reife überraschen.
Der Nieder-Flörsheimer Frauenberg Riesling trocken 2011 hat übrigens im vorigen Jahr bei einem der wichtigsten Rieslingwettbewerbe Deutschlands, dem Vinum Riesling Champion, als bester trockener Riesling Deutschlands unter rund 700 Anstellungen den hart umkämpften 1. Platz erreicht.
Dalsheimer Bürgel Spätburgunder trocken 2011
Nun also ran an die Verkostung. Im Glas schaukelt ein dunkelrubinroter Wein, der spannende Duftaromen freigibt. Tiefdunkle Beerenfrüchte drängeln in die Nase, allen voran Johannisbeeren. Dazu atmen wir uns durch Holzaromen durch, leicht rauchig-rauh und herrlich mineralisch angehaucht. Wir können uns auch getrocknete Kräuter vorstellen, hier war vereinzelt von Beifuß und Salbei die Rede. Endlich lassen wir den Wein an den Gaumen und begegnen wieder den Johannisbeeren, was dafür spricht, dass viele Trauben von alten Rebstöcken stammen. Es kommen Brombeeren hinzu sowie eine Spur von Bittermandeln und Kirschen, die dem Wein einen regelrecht süffigen, fruchtigen Geschmack beibringen. Wahrscheinlich wurde dem Wein mit dem Holz Eiche aus Frankreich spendiert, die eine spannende Süße abgibt. Seine Kraft jedenfalls dürfte er den Tonböden des Bürgel zu verdanken haben. Mit echtem Trinkvergnügen lassen wir den Wein im Mund herumspülen und schmatzen noch lange am feinen, säureumrahmten, Mineralik getragenen Abgang. Die Tannine sind angenehm dezent und geben dem Wein die angemessene Kraft und eine feingliedrige Eleganz. Das ist der begeisternde Genuss- und Schmeichelwein für den Kaminabend. Sie können ihn aber auch ganz bodenständig zu einem Rheinischen Sauerbraten hinstellen oder etwas abgehobener zu einer gebratenen Taube mit würziger Füllung. Burgunderfans kredenzen ihn zum legendären Coq au Vin.
Im Hörerlebnis treffen Sie Florian Geil, Jungwinzer und Angehöriger der GENERATION RIESLING; er ist 27 Jahre alt. Florian Geil stellt das Weingut vor, berichtet über seinen Werdegang und Eintritt in den Betrieb und beschreibt die Lagen, in denen die Familie Wein anbaut.
Fotos: © Geils Sekt- und Weingut,
Label-Ausschnitte © D.R.
HÖRERLEBNIS mit Florian Geil