An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Generation Riesling: Das Weingut Axel Pauly an der Mosel
1. Juni 2012
Axel Pauly ist der junge Wein-Macher aus Lieser an der Mosel, nebenan von Bernkastel. Axel Pauly weiß, dass Weine nicht nur im Keller, sondern schon im Weinberg gemacht werden. Deshalb ist er sowohl im Weinberg als auch im Keller präsent und sorgt leidenschaftlich und vehement dafür, dass seine Weine so entstehen, wie er sie sich vorstellt. Stolz greift er dabei die Tradition des Familienweinguts auf. Er ist keiner, der die Weinstile der Großvater- und Vater-Generationen von Peter und Rudolph Pauly hinter vorgehaltener Hand geringschätzt. Sondern er ist der Macher, der weiterentwickelt, anpasst oder neu kreiert, aber nicht aus Prinzip ersetzt, was sich bewährt hat. Der den Weinstil einer neuen Generation mit seinen Ideen und seiner Kreativität umsetzt. Der seiner Familie dankbar ist, dass sie ihn schon seit 2004 und erst recht nach Geisenheim 2006 im väterlichen Weingut souverän und verantwortlich als Kellermeister fungieren ließ, der mit Großvater Peter, Vater Rudolph und Mutter Ursula eng zusammenarbeitet.
Die Winzer-Generation des 32jährigen Axel Pauly weiß genau, dass man neue und gute Wein nicht nur wünschen, machen und haben, sondern sie auch verkaufen muss. Und so geht Axel Pauly mit seinem ganzen Charme und aller Kraft seiner robusten und einnehmenden Person freundlich und mit offenen Armen auf alles zu, was sich im Bereich des Marketing bewegt. Er gehört zu jenen jungen Winzern, die verstanden haben, dass in heutigen Zeiten Verkaufen Vermarkten heißt – seine Weine, das Weingut und sich selbst als Winzerpersönlichkeit. Aus seinem persönlichen Werdegang weiß er allerdings auch, dass trotz aller modernen betriebswirtschaftlichen Ansätze der Beruf des Winzers nach wie vor geprägt ist durch die Verbundenheit mit Natur und Heimat. Es hat bei ihm einige jugendliche Jahre gedauert, aber inzwischen hat er begriffen: Sein Platz ist zu allererst im Weinberg und im Keller, erst wenn hier das Gute entstanden ist, hat man den Wein zum Präsentieren und Verkaufen.
Das eine Ergebnis seines modernen Handlings des Winzerberufs war ein Personality-Label, das Design-Studenten aus Schweden entwarfen, ein Land, in dem Axel Pauly während seiner Zeit an der Fachhochschule ein Praktikum gemacht hatte und das als Weinimportland im Mittelpunkt seiner Diplomarbeit stand. Das neuen Flaschenetikett zeigt eine stilisierte Mosellandschaft, das Besondere wird aber erst erkennbar, wenn man die Flasche dreht: Dann werden nämlich die Profile dreier Männer aus drei Winzergenerationen sichtbar: Großvater, Vater und Sohn.
Die andere Erkenntnis resultierte vor allem aus seinen Wanderjahren. Denn nach seiner Grundausbildung in der Pfalz und im Rheingau war Axel Pauly herumgezogen in Neuseeland, nach Kalifornien, in Frankreich und durch deutsche Weinlande. Er hat für sich den Schluss gezogen, dass bei aller Experimentierfreudigkeit das, was die Weine aus den weltberühmten Steillagen der Mittelmosel so einzigartig macht, nicht auf der Strecke bleiben darf: die Leichtigkeit, Frische und Frucht des Rieslings. Er möchte seinen Weinen Präzision und Klarheit geben, man soll das Terroir schmecken, die Mosel-Säure, die Schiefer-Mineralität. Er will zeigen, dass auch leichte Weine hochwertig sein können und den „Trinkspaß“ machen, der für Axel Pauly im Vordergrund steht.
Und so strengt er sich an, zu belegen, dass selbst ein Barrique-Kontakt nicht zwingend zu schwülstiger Opulenz oder gar zu Prozente-Knallern führen muss. Sein methodischer Ansatz ist die langsame Gärung im kalten Keller, bei der Weinbergshefen benutzt werden, und ein langer Verbleib auf der Feinhefe. Bei vielen seiner Weine haben die Trauben im Edelstahl vor der Fermentation noch zwischen 10 bis 18 Stunden im Kontakt zur Schale gelegen, um den Transfer der Riesling-Aromen zu begünstigen. Je nach Weinstil und Rebsorte werden dann Edelstahltanks oder Holzfässer bis hin zum Barrique eingesetzt. Ihn schreckt auch nicht die Mosel-Tradition der edelsüßen Weinen, er listet seine Auslesen und Trockenbeerenauslesen liebevoll als Schatzkammerweine auf. Konsequent setzt er übrigens auf den Schraubverschluss, um jedes wie auch immer begründete Muff-Risiko durch Kork zu vermeiden.
Die Weinberge des Weinguts Axel Pauly umfassen rund 6 Hektar Rebfläche: Steillagen in den Einzellagen Niederberg-Helden und Schlossberg in Lieser sowie Kardinalsberg in Bernkastel-Kues. Sie sind mit den Weißweinsorten Riesling, Müller-Thurgau und Kerner sowie den Rotweinsorten Spätburgunder, Frühburgunder und Dornfelder bestockt.
Wir konnten fünf Weißweine von Axel Pauly aus den trocken, halbtrockenen und feinherben Linien verkosten. Es sind alles Weine aus dem aktuellen Jahrgang 2011, dem ein warmer Frühling, ein verhaltener Sommer und ein Bilderbuch-Herbst zu solider Traubenreife verhalf und der keine Säuretiere wie 2010 hervorbrachte. Einigen seiner Weine hat Axel Pauly übrigens programmatische Namen gegeben, mit denen er selbstbewusst und offensiv eine eigene Richtung oder die Umsetzung einer Idee signalisieren will.
Der Name bedeutet drei Nasen und spielt auf die drei Generationen an, die bekanntlich aus der horizontalen Lage der Flasche auf den Pauly-Labels zu sehen sind. Im Glas funkelt er schön strohgelb und blitzt grün herum. In die (eine) Nase duften reife weiße Weinbergpfirsiche und süßliche Birnensorten, dazu tropische Früchte wie Papayas und Hawaii-Ananas plus eine leichte Heu-Nuance. Der Geschmack ist frisch wie aus einem glasklaren Rieslingbergsee. Säure und die Pfirsiche, Aprikosen und Limonen sind exzellent abgestimmt, eine reizvolle Mineralität stützt einen Abgang zum langen Nachsüffeln.
2011 purist, Riesling Kabinett, trocken
Es gibt bestimmt nicht viele Moselweine, die einerseits so staubtrocken sind, andererseits mit soviel Leichtigkeit und Frucht winken. Das Geheimnis dürften die Mineralität des grauen und blauen Schieferbodens am Lieserer Schloßberg, der Aufenthalt des Mosts über fünf Monate im großen Holzfass und nicht zuletzt die (nur) 11 Volumenprozent Alkohol sein. Alles zusammen erlaubt, auch bei extrem niedrigen Restzuckerwerten und knackiger Säure noch feine frische Fruchtaromen über allem schweben zu lassen, so dass man sogar vorn einer Balance sprechen kann. Die Aromen kommen hier von frischen grünen Äpfeln, Aprikosen und Limetten und überleben auch den Abgang noch. So hat man in den 80er Jahren mit dem klassischen Mosel trocken höchster Qualität begonnen. Alles klar und rein verpackt, eben pur und nüchtern, ohne Firlefanz. Ein Wein, dessen Balance auch noch zwei Jahre halten dürfte. Fast überflüssig zu erwähnen, dass dieser Wein allem Meeresgetier gut tut einschließlich der edlen schlabbrigen Mollusken. Und noch was – lassen Sie ihn nach dem Öffnen aus der Kühlung noch zehn Minuten stehen, um seinen Charakter zu optimieren.
2011 Rivaner, halbtrocken
Wer es noch nicht weiß – Rivaner ist eine andere Bezeichnung für den in Deutschland als Massenrebe in Verruf geratenen Müller-Thurgau; Rivaner ist abgeleitet von den Elternreben Riesling und Silvaner. Im Glas steht ein eher blassgelber Tropfen, dessen Bouquet an zurückhaltend duftende Blumensträuße mit zwischengesteckten Muskatnüssen und an rote Äpfel erinnert. Wir schmecken Weintrauben, Akazienhonig und wieder Blumenstrauß, diesmal aber ohne Muskatnüsse: Fruchtig, süffig, sanft, mild und total unkompliziert. Genießen Sie gut gekühlt seine Jugendlichkeit und bieten Sie ihn auch Gästen an, die sich in beklagenswerter Unkenntnis durch Rieslingsäure erschrecken lassen. Der Wein ist eine ordentliche Beigabe für Spargel und gedünstete Hähnchenbrust.
Vor uns haben wir ein feinherbes Rieslingexemplar von den 70-80%-Steillagen in Lieser, das tatsächlich nicht nur der jungen Generation gefallen könnte. Der Most war drei Wochen bei 18° im Edelstahl und dann mehrere Monate im großen Holz. Der Wein verströmt attraktive Zitrus- und Apfel-Aromen, seine Frische kündigt sich schon über die Nase an. Im Mund flirtet er mit einer zärtlichen Süße und Spuren von Honig und Pflanzen. Das während der Reifung genossene Holz bleibt glücklicherweise außen vor. Alles wird umkreist von einer griffigen, tänzerischen Säure. Auch im Abgang bleibt das gelungene Verhältnis zwischen würziger Süße und mineralischer Trockenheit stabil. Ein Riesling mit Geschmack und Selbstbewusstsein. Zeigen Sie ihn doch einfach mal einer Sushi-Platte oder einem mit mildem Rosenpaprika abgeschmeckten Schweinefilet-Kopf vom Grill, medium-rare natürlich.
2011 Steinerd, Riesling Spätlese feinherb
Noch ein feinherber Riesling, diesmal als handgemachte Spätlese und von einer der berühmtesten Mosel-Lagen: Vom Kardinalsberg in Bernkastel-Kues. Hier liegt in den Steillagen reichlich blauer und vor allem roter Schiefer herum, was den Weinen grundsätzlich mineralische Power verpasst. Vor allem der rote Schiefer protzt mit den bewundernswerten tropischen Aromen, die der Schiefer in Lieser nicht so ohne weiteres herausrückt. Der Wein kommt im Glas gleich mit Litschis, Charente-Melonen und Zitrusfrüchten rüber. Am Gaumen kommen obendrein noch Honig und hochreife Pfirsiche an. Harmonisch bewegt wird diese Obstpracht durch eine frisch-zarte Säure und eine gelungene Mineralität. Eine Spätlese, die Kraft mitbringt und sich bestens zum Süffeln und lautem Schmatzen bei vielen stilvollen Gelegenheiten eignet, am Besten mit einem ordentlichen Flaschenvorrat und open end. Sollten Sie zwischendurch Lust zu einer kleinen feinen Speise verspüren, macht sich ein Scampi-Risotto oder eine Hähnchenbrust mit Aprikosen besonders gut.
Axel Pauly berichtet im Hörerlebnis von seinem Werdegang, seinen Erfahrungen, seinen Ideen und der Arbeit im Weingut.
alle Fotos: © Copyright Weingut Pauly
HÖRERLEBNIS mit Axel Pauly