An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Generation Riesling stellt sich vor
5. August 2011
Riesling, heißt es, sei der elegante, der charaktervolle, der verzaubernde, der typische deutsche Wein. Die Generation Riesling sagt, es sei der Wein der Freiheit, der Faszination und Inspiration, Riesling verbindet, rockt, ist geil, ist Leidenschaft und Abenteuer.
Und genau darauf haben sie sich eingelassen, die inzwischen bald dreihundert jungen Winzerinnen und Winzer oder Kellermeister, die der Initiative Generation Riesling angehören. Sie sind oft Junior oder Partner im elterlichen Weinbaubetrieb, haben ihn in geplanter Weise oder durch plötzliche Umstände übernommen oder sind dabei, sich selbst ein neuen Start-up-Betrieb aufzubauen. Auf jeden Fall sind sie unter 35 Jahre und möchten dem deutschen Wein ein neues Gesicht geben: Wein aus Deutschland als gemeinsames Lebensgefühl, als gemeinsame Leidenschaft und als ein modernes Produkt innovativen Geistes und dynamischer, kreativer Herstellungsmethoden. Dabei kommt es nicht einmal allein auf die Rebsorte Riesling an, denn für die Generation Riesling ist das ein Synonym für den deutschen Wein, zu dem bekanntlich alle Welt über den trendigen Riesling Zugang findet und – wie die jungen Winzerinnen, Winzer und Kellermeister beweisen – dann auch bei anderen Edelheiten wie beim Silvaner oder Spätburgunder oder anderen Rebsorten landet.
Seit 2005 hat sich die Initiative Generation Riesling mit wachsendem Erfolg entwickelt, auf einem Weg, der von unkonventionellen Ideen, von risikofreudigen Experimenten und dem beharrlichen Willen getragen wird, die Vision eines neuen deutschen Weins durchzusetzen. Initiator der Bewegung war das Deutsche Weininstitut, das die Marketing- und PR-Aktivitäten nach wie vor begleitet.
Fast alle jungen Winzerinnen, Winzer und Kellermeister sind hervorragend ausgebildet, weltoffen, ehrgeizig und selbstbewusst. Sie sind bereit, gemeinsam als Botschafter einer modernen, hochwertigen und dynamischen Weinerzeugung in Deutschland aufzutreten, ohne dabei auf ihre Individualität verzichten zu müssen. Neben neuen Ideen und Vermarktungskonzepten für die Zukunft ist daraus die Internet-Plattform www.generation-riesling.de hervorgegangen. Inzwischen sind darin rund 160 Mitglieder mit ihren Profilen, Weinen und News online.
In den letzten Jahren hat die Generation Riesling sowohl in Deutschland, aber auch in Japan oder den USA markante PR-Auftritte gehabt und bemerkenswerte Anerkennung bei Events gefunden. Im Mai 2011 ist die Generation Riesling dann erstmals in Berlin in der Kalkscheune im Prenzlauer Berg aufgetreten. Schon die Wahl der location signalisierte, dass nicht staubige Gediegenheit, arrogante Wucht oder scheinheilige Noblesse angesagt sind, sondern Lebensfreude, Offenheit und Neugier. Erst durfte das Fachpublikum, dann konnten die Berliner Weinfreunde mehr als hundert Weine verkosten. 26 Winzerinnen und Winzer aus den meisten deutschen Weinbauregionen präsentierten sich und ihre Weine so, wie es sich für diese neue Generation gehört: mit Spaß, Qualität, Freude am Genuss und einem lebendigen, berechtigten Stolz auf ihre Kreationen.
Wir stellen Ihnen vier bemerkenswerte Weingüter der Generation Riesling aus vier deutschen Anbaugebieten vor: Mittelrhein, Hessische Bergstraße, Mosel und Franken.
Mittelrhein Weingut Philipps Mühle
Die Hänge sind steil und gefährlich, die Arbeit im Weinberg ist hart, die Erträge schwer verdient. Das ist der Mittelrhein, mit rund 450 Hektar eines der kleinen Weinanbaugebiete Deutschlands. Auch hier werden Betriebe stillgelegt, Flächen veröden. Zum Glück gibt es junge Winzer, die mit Leidenschaft für den Erhalt und die Rekultivierung der terroirs am Mittelrhein kämpfen. Immerhin gehören die steilen Weinberge ebenso wie die Rheinfelsen und die Burgen zum Weltkulturerbe.
Dort, wo der Rhein hinter der Loreley die nächste Biegung nach links macht, liegt St. Goar und über dem Ort das Weingut und die Winzerschenke Philipps Mühle. Seit etwa 2007 sind die Brüder Thomas und Martin Philipps die Weinmacher rund um die alte Mühle der Familie, die der Vater noch immer betreibt. Daneben liegt der Probierkeller, obgleich es unvergleichlich ist, mit einem Glas frischen St. Goarer Burg Rheinfels in der Hand auf der Terrasse zu stehen und auf den Rhein zu blicken. Wer die Weine der Philipps-Brüder kaufen will, geht in die Vinothek, die linksrheinisch gegenüber der Loreley liegt. Hier gibt es auch die Flaschen der Weingüter Sebastian Schneider aus Bad Honningen und Felix Pieper aus Königswinter, die sich alle unter dem Namen „Gipfelstürmer“ zusammengetan haben.
Der Betrieb Philipps Mühle baut 90% Riesling und im Übrigen Müller-Thurgau an. In den Lagen mit bis zu 70% Steigung wird ausnahmslos manuell geerntet. Dank Studium in Geisenheim bedienen sich die Brüder moderner und schonender Ausbaumethoden, um Frucht und Mineralität ihrer Traubenschätze zu erhalten. Abgefüllt wird in Bordeauxflaschen mit Schraubverschluss. Die Weine reichen von frischen, leichten Terrassenweinen bis zu Höhepunkten voller intensiver Mineralität aus dem rheinischen Devon-schieferboden. Ihre Flächen von etwa 3 Hektar möchten die Brüder Philipps nach und nach als Vollerwerbs-betrieb vermarkten und bemühen sich um eine Erweiterung auf etwa 6 Hektar.
Thomas Philipps hat uns drei Weine des Weinguts Philipps Mühle verkosten lassen:
Der 2009 Burg Rheinfels Riesling trocken (8 €) ist mit seinen 12,5 % Volumenalkohol ein Meister des Mittelgewichts: Kräftig im Ansatz, aber fein-aromatisch im Abgang. Je länger er offen steht, desto prägnanter sind seine von akzentuierter Säure umspielten Apfel- und Backpflaumen-Noten. Ein stolzer Würzling mit herber Frucht.
Wer in den 2010 Steilhang Riesling trocken (5,50 €) erst einmal seine Nase reinhängt, entdeckt angenehme Zitrusklänge, unterstützt von leichter Pfirsich- und Apfelfrucht. Die ersten Schlucke sind eine spontane Begegnung mit der mittelrheintypischen Schiefermineralität. Aber eine schlanke, fast verhaltene. Die 11,5 % Volumenalkohol stützen im Abgang eine fröhliche Verbindung von unaufdringlicher Säure und leichter Frucht. Ein universeller, klarer Schoppenwein.
Der 2009 St. Goarer Frohwingert Riesling trocken (12,50 €) knallt strohgelb steile 13,0 % Volumenalkohol auf den Tisch und weht würzige Stachelbeeren und gelbe Johannisbeeren in die Nase. Herb und kühl-frisch und appetitlich mineralisch macht er gierig auf seine gelb-grünen Fruchtaromen, denen eine deutliche Säure zu einer schmatzenden, würzig-rassigen Fruchtigkeit im Abgang verhilft. Dieser Tropfen dürfte es wohl schon bald mit so manchem Großen Gewächs aufnehmen.
Thomas Philipps stellt im Hörerlebnis das Weingut Philipps Mühle und seine Ideen für die Generation Riesling vor.
Hessische Bergstraße Weingut Simon-Bürkle
Die Hessische Bergstraße ist mit rund 427 Hektar das kleinste deutsche Weinanbaugebiet und wohl auch das unbekannteste. Es zieht sich südlich von Frankfurt am Main von Alsbach bis nach Heppenheim. Im nördlichen Teil der Bergstraße liegt Zwingenberg mit seinen etwa 7000 Einwohnern.
Hier findet man das Weingut Simon-Bürkle, das auch das Restaurant und Winzerbistro „Bunter Löwe“ betreibt. Wilfried Bürkle und Dagmar Simon sind die Inhaber, und Susanne Bürkle kümmert sich in der Generation Riesling mit Kompetenz um eine jugendliche Präsentation der Weine. Das Weingut besitzt 12 Hektar Rebfläche in den Einzellagen Alte Burg und Steingeröll in Zwingenberg, Schöntal in Alsbach sowie Höllberg und Rott in Auerbach. Bemerkenswert ist die Vielfalt der angebauten Rebsorten, die das mild-warme Klima hervorbringt: Neben 40% Riesling werden als weiße Sorten derzeit u.a. Silvaner, Grauburgunder, Gewürztraminer, Muskateller, Weißburgunder und Scheurebe angebaut, bei den Rotweinen sind es insbesondere Spätburgunder, Cabernet, Sauvignon und Lemberger. Markant und regionaltypisch bei den Rieslingen ist die Erdigkeit aufgrund des Mutterbodens und des mit Granitgeröll vermischten Lösslehms. Die Weinlese stellt auf physiologisch reife Trauben ab, die in den modernen Kellerräumen schonend temperaturgesteuert in Edelstahltanks vergärt werden, einige Rotweine werden auch in ein- bis dreijährigen Barriquefässer großgezogen. Mehrmals im Jahr bietet das Weingut kulinarische Weinproben an, bei denen zu Wild oder zum Gänsebraten die Weine als elegante Begleiter gereicht werden. Bekannt ist auch das Hoffest, wo jeder selbst den für ihn passenden Spargelwein auswählen kann.
Zwei Weine konnten wir vom Weingut Simon-Bürkle verkosten:
Der 2009 Granit Riesling trocken (7 €) ist sozusagen der basic terroir-Wein des Weinguts. Er wächst auf Granitfels im Untergrund, was man in Deutschland selten findet. Das transportiert wunschgemäß eine deutlich mineralisch Note in den Wein. Der schimmert im Glas ökologisch korrekt in einem leicht grünlichen Ton, wobei interessante Düfte Richtung Williams-Birnen entweichen. Er wuchtet sich schließlich mit Aromen grüner Äpfel in den Mund, verharrt mit erdig-silicialer Mineralbetonung und verlässt ihn beschwingt mit einem Zitrusgruß und einer Erinnerung an einen elegant-saftigen Riesling.
Der 2010 Auerbacher Rott Grauburgunder Kabinett trocken (7 €) ist ein weiterer Basiswein aus der Weingutkollektion. Er kommt erdig-pflanzlich daher mit wenig Säure, einer Spur Tannine und einem harmonischen, melonig- aprikosigen Abgang.
Im Hörerlebnis präsentiert Susanne Bürkle das Weingut Simon Bürkle, die Höhepunkte des Weinangebots und empfiehlt die Hessische Bergstraße für einen kleinen Urlaub.
Mosel Weingut Michael Trossen
Das Weingut Michael Trossen liegt im berühmten Weinort Kröv an der Mosel, berühmt berüchtigt durch seinen Kröver Nacktarsch, der Jahrzehnte lang in Discounter-Regalen im In- und Ausland alles versucht hat, um den Ruf des Mosel-Rieslings zu schädigen. Insoweit ist Michael Trossen gerade dabei, sich um seinen Heimatort außerordentlich verdient zu machen, wenn er der Inspiration der Generation Riesling gemäß sich von alten Sünden absetzt und zeigt, was der Riesling in Kröv tatsächlich bietet. Auf 4 Hektar Rebfläche baut er mit Leidenschaft und modernem Marketing seine spritzig süffigen Weißweine und elegante Rotweine aus.
Michael Trossen hat uns den 2010 Riesling Spätlese feinherb (7,20 €) aus der Lage Kröver Letterlay zur Verkostung vorgestellt.
Der Wein entfaltet sich mit großem Volumen in Glas und Mund, Birnen-Aromen strömen, etwas Honig wirbelt herum: Eine eindrucksvolle Harmonie von Säure und Frucht machen den Wein zu einem erfreulichen elegant-saftigen Mosel-Erlebnis, das Neugier auf das große Weinprogramm von Michael Trossen erweckt.
Michael Trossen präsentiert im Hörerlebnis sein Weingut und seine Weine.
Franken Weingut Bardorf
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Foto: D. Rosenbaum
Hörerlebnisse mit Thomas Philipps
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Foto: Copyright Simon-Bürkle
Foto: Copyright Michael Trossen
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